iPhone-Konzern Apple beugt sich Peking – und entfernt in Hongkong die Taiwan-Flagge

Menschen in der chinesischen Sonderverwaltungszone können nicht mehr direkt die Flagge Taiwans verwenden.
Düsseldorf Für die meisten iPhone-Nutzer sind es nur kosmetische Korrekturen. Apple hat vor einigen Tagen eine neue Version des Betriebssystems iOS eingeführt, die einige Probleme beheben soll, etwa einen ungewöhnlich hohen Stromverbrauch. Für Menschen in Hongkong enthält die Software indes eine symbolträchtige Änderung: Der Konzern hat Medienberichten zufolge die Flagge von Taiwan versteckt.
Ab Version 13.1.1 können Nutzer die Farben des Inselstaates nicht mehr über die Tastatur abbilden – so, wie es in der Volksrepublik bereits zuvor der Fall war. Über einen Umweg ist das zwar noch möglich, dennoch scheint es so, als ob sich Apple wieder den Forderungen des Regimes in Peking beugt. Das Gewicht des Marktes mit 1,3 Milliarden Nutzern wiege schwerer als die Freiheit, twitterte der Social-Media-Forscher Daniel Sinclair.
Der Fall zeigt, wie Unternehmen in politische Konflikte hineingezogen werden. In Hongkong demonstrieren regelmäßig tausende Bürger gegen den wachsenden Einfluss Chinas auf die Sonderverwaltungszone, die Demokratiebewegung fordert das Regime heraus.
Offenbar wird Taiwan, das sich 1949 losgesagt hat, in der Staatsführung als schlechtes Beispiel gesehen. Der Billionenkonzern muss darauf reagieren. Eine Handelsblatt-Anfrage ließ er unbeantwortet.
Apple ist stark von China abhängig, im vergangenen Jahr erwirtschaftete der Konzern 20 Prozent des Umsatzes dort. Bei seinen regelmäßigen Reisen nach Peking lässt sich Konzernchef Tim Cook in Staatsmedien mit lobenden Worten über die Volksrepublik zitieren. Im März waren chinesische Berichte zum Beispiel mit Aussagen des Managers gespickt, wie begeistert er von Reise-Apps über den Kaiserpalast in Peking sei.
Die Ehrerbietung für die chinesische Führung geht jedoch weiter. Immer wieder passt Apple seine Geschäftspraktiken an, um sich Wünschen aus China zu beugen. Im Jahr 2017 hatte sich der Konzern den strengen Zensurvorschriften von Peking gebeugt und Dienste aus seinem App Store auf dem chinesischen Festland entfernt, mit denen sich die chinesischen Netzkontrollen umgehen ließen – Experten sprechen von Virtual Private Networks (VPN).
Kritik von Datenschützern und Menschenrechtlern
Der Schritt führte nicht nur zu Unverständnis bei Kunden in China, mit diesen Diensten eine Art virtuellen Tunnel bauen, um auf Websites außerhalb von China ungefilterten Zugriff auf Informationen zu erhalten. Auch viele Firmen waren auf die Angebote angewiesen, um auf Computernetzwerke von Niederlassungen im Ausland zu greifen.
In diesem Jahr folgte der nächste Schritt. Apple stellte seinen Dienst iCloud auf Server des staatlichen, chinesischen Dienstleisters GCBD um. Zuvor hatte das Unternehmen die Daten vieler chinesischer Nutzer auf Servern in den USA gespeichert. Apple begründete den Schritt mit „lokale Cybersicherheitsrichtlinien”.
Datenschützer und Menschenrechtler kritisierten den Schritt scharf. Der Umzug der Daten „löst große Bedenken aus, dass Behörden Apple-Nutzer in China nun unbeschränkt überwachen können“, warnte die Organisation Amnesty International. Die Gruppe Reporter ohne Grenzen warnte vor einer gezielten Verfolgung von Regierungskritikern.
Manchmal sind die Änderungen lediglich subtil. Im vergangenen Jahr zensierte Apple die Gravur von Produkten: In China und Hongkong ist es einem Bericht des Nachrichtenportals „Hongkong Free Press“ zufolge nicht mehr möglich, bestimmte Namen und Begriffe auf das iPad und andere Produkte lasern zu lassen. Auf der schwarzen Liste stehen neben Schimpfworten auch Politiker, Dissidenten und „Taiwan Unabhängigkeit“.
Apple ist nicht das einzige Unternehmen, das jüngst den wachsenden Einfluss Chinas zu spüren bekommen hat. Als sich der Manager der Basketball-Mannschaft Houston Rockets mit den Demonstranten in Hongkong solidarisierte, intervenierte der Sponsor Li-Ning, ein chinesischer Sportartikelkonzern. Der Club entschuldigte sich daraufhin – er wollte das Geschäft mit den Fans in Fernost nicht riskieren.
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