IT-Projekte Viele SAP-Kunden frieren Investitionen ein

Wegen der Coronakrise stellen viele Unternehmen IT-Projekte zurück.
Düsseldorf Bislang ist SAP gut durch die Corona-Pandemie gekommen, doch für den Softwarehersteller könnten die Zeiten schwieriger werden: Viele Unternehmen überdenken wegen der Wirtschaftskrise ihre IT-Projekte und stellen Investitionen in neue Technik zurück. Das geht aus einer Umfrage der Organisation DSAG hervor, in der rund 3500 SAP-Anwenderunternehmen aus dem deutschsprachigen Raum organisiert sind – diese gelten als loyale Kunden.
„Die wirtschaftliche Situation in vielen Mitgliedsunternehmen ist schlecht“, sagte der DSAG-Vorsitzende Marco Lenck. Drei Viertel der Mitglieder (74 Prozent) erwarten durch die Coronakrise ein erhebliches Umsatzminus von mindestens 20 Prozent. Daher wird ein Fünftel (22 Prozent) im nächsten Jahr das Investitionsbudget für IT um 20 Prozent oder mehr reduzieren. Grundlage der Daten ist eine Umfrage unter 262 DSAG-Mitgliedern.
Das wirkt sich auch auf die Einführung von S/4 Hana aus, dem Kernprodukt von SAP. 50 Prozent der DSAG-Mitglieder wollen ihre Projekte „konsequent weiterverfolgen“ oder sogar beschleunigen, 43 Prozent aber verschieben oder prinzipiell zurückstellen.
Das liege an der Wirtschaftskrise, aber auch an den Ausgangs- und Reisebeschränkungen, sagte Lenck – vom Homeoffice aus ist es schwieriger, komplexe Software einzuführen. Nicht zuletzt zögern Unternehmen, weil der Aufwand für das Upgrade hoch, der Zusatznutzen aber nicht immer klar ist.
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
S/4 Hana ist ein Programmpaket, mit dem Organisationen zentrale Geschäftsprozesse wie Verkauf, Beschaffung, Produktion und Personalführung steuern, was als Enterprise Resource Planning (ERP) bezeichnet wird. SAP vermeldet seit der Einführung 2015 rund 14.600 Vertragsabschlüsse, darunter zwischen 30 und 40 Prozent Neukunden. Nach Einschätzung von Marktbeobachtern nutzen 35.000 bis 40.000 Firmen ein ERP-System von SAP – die weitere Umstellung ist für das Geschäft von zentraler Bedeutung.
SAP-Geschäft solide
Die Entwicklung ist nicht überraschend: Marktforscher wie IDC erwarten, dass die Ausgaben für IT und Telekommunikation wegen des Coronavirus deutlich einbrechen, die Unternehmen allerdings in zentralen Bereichen weiterhin investieren – beispielsweise Ausrüstung für die Arbeit im Homeoffice oder Cloud-Lösungen.
Trotz der Investitionszurückhaltung zeigte sich SAP-Chef Christian Klein optimistisch. Es komme zur Verschiebung von Projekten, aber der Anteil der Kunden, die S/4 Hana in der Planung nicht berücksichtigen, sei „verschwindend gering“.
Zudem zeige gerade die Pandemie, wie wichtig die Digitalisierung sei – etwa, um beim Ausfall von Zulieferern die Beschaffung neu zu organisieren. „Alle CEOs und CIOs, mit denen ich spreche, sagen mir: Die Transformation muss jetzt stattfinden, und SAP ist der zentrale Partner.“
Bislang entwickelt sich das SAP-Geschäft trotz der Coronakrise solide. Wie das dritte Quartal gelaufen ist, erfahren Investoren am 26. Oktober. Bei einer Konferenz der Citibank verbreitete Finanzchef Luka Mucic kürzlich Optimismus: Er stellte eine weitere Verbesserung des Cashflows in Aussicht, der Rückschluss auf die Stärke des operativen Geschäfts zulässt. Dabei dürften sich die niedrigeren Investitionen in diesem Jahr, etwa für Dienstreisen, bemerkbar machen.
Die DSAG-Umfrage enthält eine gute Nachricht für SAP: Das Vertrauen der Kunden in den Softwarehersteller wächst wieder. 31 Prozent der Firmen halten Produktstrategie und -ankündigungen für voll oder größtenteils belastbar, 42 Prozent zumindest teilweise, 27 Prozent gar nicht.
Das entspricht einer leichten Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr, als die Organisation Alarm geschlagen hatte. Die Richtung stimme, sagte der DSAG-Vorsitzende Lenck. „Aber das ist am Markt noch nicht in vollem Umfang angekommen.“
Ein Thema, das die SAP-Community besonders umtreibt, ist die Integration der verschiedenen Systeme. Der Konzern verspricht, Benutzeroberflächen, Datenmodelle und IT-Sicherheit für die wichtigsten Geschäftsprozesse zu vereinheitlichen – das erleichtert die Einführung und senkt die Betriebskosten. Bis Ende des Jahres will SAP 90 Prozent der Arbeit erledigt haben. „Wir haben den Eindruck, dass in der SAP intensiv daran gearbeitet wird“, sagte Lenck. „Jetzt müssen wir aber auch die Ergebnisse sehen.“
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.