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IT-Sicherheitsgesetz Das bedeutet die Huawei-Entscheidung für die deutschen Netze

Nach langem Streit steht eine Einigung zum Umgang mit dem chinesischen Netzausrüster bevor. Für die Mobilfunknetze hat das weitreichende Konsequenzen.
23.11.2020 Update: 23.11.2020 - 15:08 Uhr 3 Kommentare
Der chinesische Telekommunikationsriese steht in Europa unter besonderer Beobachtung. Quelle: Reuters
Huawei

Der chinesische Telekommunikationsriese steht in Europa unter besonderer Beobachtung.

(Foto: Reuters)

Berlin, Düsseldorf Deutschland will den umstrittenen chinesischen Netzausrüster Huawei nicht vom 5G-Mobilfunknetz ausschließen, plant jedoch strenge Kontrollen. Das sieht ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der dem Handelsblatt vorliegt.

Die Entscheidung wird weitreichende Folgen für den Netzausbau haben, denn schon heute ist Huawei ein zentraler Lieferant von Ausrüstung für alle drei Netzbetreiber in Deutschland: Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica.

Der 5G-Mobilfunk soll insbesondere die Vernetzung der Industrie vorantreiben. Daher ist die Angst vor Spionage und Sabotage besonders hoch. Neben den europäischen Firmen Ericsson und Nokia gehört die chinesische Firma Huawei zu den wichtigsten Netzausrüstern für 5G.

US-amerikanische und deutsche Sicherheitsbehörden bezeichneten Huawei jedoch als Sicherheitsrisiko. Das Unternehmen widersprach. Zu dem Gesetzentwurf wollte sich Huawei auf Anfrage nicht äußern.

Der Entwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme“, im Berliner Fachjargon IT-Sic 2.0 genannt, sieht vor, dass Ausrüster wie Huawei eine Garantieerklärung abgeben müssen, in der sie versichern, dass ihre Technologie keine Hintertüren für Cyberangreifer offen lässt.

Neben einer technischen Prüfung soll es zusätzlich einen politischen Untersagungsvorbehalt geben. Damit sollen die beteiligten Ministerien die Möglichkeit bekommen, auch aus einer politischen Warte heraus den Einsatz von Netztechnik einzuschränken. Der Plan steht vor dem Hintergrund weitreichender staatlicher Eingriffsmöglichkeiten der chinesischen Staatsführung auf Firmen im Land.

Die Netzbetreiber in Deutschland stehen jetzt vor einem Problem. Sie hatten die politische Entscheidung in Berlin nicht länger abwarten wollen und ihre 5G-Netze bereits mit Huawei ausgebaut. In den meisten Fällen hatten sie dafür ihre bestehenden 4G-Netze für 5G erweitert. Schon bei 4G sind die Anteile der Huawei-Komponenten in den Funknetzen sehr hoch: rund 65 Prozent bei der Telekom, 55 Prozent bei Vodafone und 50 Prozent bei Telefónica.

Der Rückbau eines Ausrüsters ist aufwendig und teuer. Ein Sprecher der Deutschen Telekom sagte: „Derzeit bewerten wir den umfangreichen Entwurf im Detail und werden uns vorab nicht weiter äußern.“ Von Vodafone hieß es: „Der Entwurf ist sehr umfangreich, und wir werden ihn jetzt einmal genau prüfen und die Konsultationsfrist nutzen, um allfällige Bedenken zu formulieren – die Umsetzung wird uns jedenfalls vor Herausforderungen stellen.“

Ein Telefónica-Sprecher sagte: „Wichtig ist, dass die vorgesehene Zertifizierung zügig Rechtssicherheit für den Einsatz bestimmter Komponenten schafft.“ Er forderte, die Bundesregierung müsste beim Ausschluss eines Anbieters ausreichend Zeit für den Rückbau einplanen. Hingegen hatten mehrere Politiker in Berlin die Netzbetreiber kritisiert, dass sie bereits mit dem 5G-Ausbau begonnen hatten, ohne die Entscheidung über den Umgang mit Huawei abzuwarten.

Das Handelsblatt erfuhr aus Konzernkreisen, dass die Mobilfunkkonzerne wohl zunächst weiter auf die Chinesen beim Netzausbau setzen werden. Zu groß wären die Kosten, um jetzt umzustellen – von keinem Unternehmen sind die deutschen Netzbetreiber so abhängig wie Huawei. Allerdings dürften die Firmen damit ein großes Risiko eingehen.

Denn sollte die Regierung ihr Veto einlegen und der Untersagungsvorbehalt greifen, käme ein erheblicher Aufwand und Kosten auf die Netzbetreiber zu. Kanzleramt und Bundeswirtschaftsministerium hatten sich lange dagegen gewehrt, überhaupt die Voraussetzungen dafür zu schaffen, einen Anbieter aus politischen Gründen auszuschließen - aus Angst vor der Reaktion der Chinesen. Mit dieser Position aber konnten sie sich gegen die SPD und Teile der CDU nicht durchsetzen.

Der US-Regierung ging die geplante Entscheidung in Deutschland nicht weit genug. „Es kann kein Vertrauen geben, wenn Telekommunikationsausrüster einer autoritären Regierung unterstehen, wie der Volksrepublik China, wo es keine unabhängige Justiz oder Rechtsstaatlichkeit gibt“, sagte ein Sprecher der US-Botschaft in Berlin dem Handelsblatt. Der Schutz des Telekommunikationsnetzes müsse oberste Priorität haben. Sonst würden Regierungsstellen, Firmen und Bürger gefährdet.

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Der gut vernetzte Telekommunikationsberater John Strand wertete die geplante Entscheidung in Deutschland sogar als Erfolg für Huawei. Das Unternehmen habe in Deutschland nun einen besseren Marktzugang als viele deutsche Firmen in China, sagte Strand. Im Gegensatz zu anderen Ländern gebe es in Deutschland keinen Netzbetreiber, der nicht auf Huawei als Ausrüster setzt.

Damit hätten Firmen in Deutschland auch keine Wahl, auf einen Anbieter ohne chinesische Ausrüstung in ihrem Telekommunikationsnetz zu setzen, warnte Strand. „Wenn ich der CEO einer deutschen Firma wäre, würde ich mir Sorgen um die Sicherheit meiner Daten machen“, sagte Strand.

Martin Schallbruch, IT-Sicherheitsexperte an der Hochschule ESMT, kritisierte, dass mit dem Gesetzentwurf die Kernfrage zum Umgang mit Huawei nicht geklärt sei. Auch wenn Huawei die technische Prüfung bestehe, könnte später ein Ministerium einen politischen Vorbehalt anmelden. Ein finales Urteil stehe noch aus. „Die Unsicherheit besteht fort, der Huawei-Einsatz wird weiter erschwert, die Anbieter werden zunehmend abrücken von Huawei“, fasste Schallbruch den Entwurf zusammen.

Der China-Berichterstatter der SPD-Fraktion im Bundestag, Metin Hakverdi, zeigte sich „froh, dass sich Kanzleramt und Wirtschaftsministerium nach Monaten des Widerstandes endlich bewegt haben“. Er kündigte an: „Natürlich werden wir uns im parlamentarischen Gesetzgebungsprozess das Verfahren zur Bestimmung der politischen Zuverlässigkeit ganz genau anschauen.“

Die USA, Australien und mehrere europäische Staaten, darunter Frankreich und Großbritannien, haben Huawei daher vom Netzausbau ausgeschlossen. Zuletzt hatte sich auch Schweden für einen Huawei-Bann entschieden, der Beschluss beschäftigt nun die schwedische Justiz.

Mehr: Regierung erschwert Huawei den Zugang zum 5G-Netz.

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3 Kommentare zu "IT-Sicherheitsgesetz: Das bedeutet die Huawei-Entscheidung für die deutschen Netze"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Am besten diskutieren wir hier noch weitere Jahre und beschuldigen uns gegenseitig. Die Europäer haben Werte aber keine kostengünstige Technologie mehr, die Chinesen habe "andere Werte" gute Technologie und liefern auch noch sehr schnell. Ich glaube, wenn man entsprechende Milliarden Strafen für verbotene Funktionen vereinbart, wird sich der Markt schon selbst regeln. Ob wir dann aber noch amerikanische Technologie verwenden werden ist auch fraglich.

  • Volle Zustimmung Herr Wolf!!

  • Ein Staat, der durch Versteigerung von hohen Mobilfunklizenzen den Netzbetreibern das Betriebskapital raubt und der durch unattraktive Betriebs- und Forschungsbedingungen die zukuftsträchtige Industrie ins Ausland getrieben hat, wundert sich mit seiner zum Großteil Technik feindlichen Gesellschaft, dass ohne ein autoritäres Regime, dass das alles schon seit langem ausnutzt, seine Infrastruktur nicht mehr betrieben werden kann. Zukunft heißt in diesem Land bedingungsloses Gundeinkommen, Gendergerechtigkeit, ungesteuerte Migration, Steuererhöhungen, Umverteilung mit immer mehr Sozialleistungen unter Hinnahme der Verarmung der leistungswilligen Mittelschicht.
    Die ökonomische Zukunft dieses Planeten macht China mit den amerikanischen Techkonzernen und einigen noch leistungswilligen Newcomern unter sich aus. Deutschland wird dann nicht mehr dabei sein.

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