Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Leaders for Climate Action Viel Geld für Klimaschutz: Deutsche Start-up-Initiative expandiert nach Europa

Internationale Mitstreiter, Klimaklauseln und Kompensationen in Millionenhöhe: Deutsche Start-ups wollen den CO2-Abdruck ihrer Firmen verkleinern und verpflichten sich zu großen Investitionen.
24.09.2020 - 06:28 Uhr Kommentieren
Viele Mitglieder von Leaders for Climate Action beziehen mit ihren Unternehmen ausschließlich erneuerbare Energie, etwa aus Windkraftanlagen. Quelle: dpa
Klimaschutz

Viele Mitglieder von Leaders for Climate Action beziehen mit ihren Unternehmen ausschließlich erneuerbare Energie, etwa aus Windkraftanlagen.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Albrecht von Sonntag zahlt jetzt für jeden seiner Mitarbeiter eine „Überlebensversicherung“: Als der Preisvergleicher Idealo vor einem Jahr der Initiative „Leaders for Climate Action“ (LFCA) beitrat, erklärte der Geschäftsführer, künftig die Hälfte der CO2-Emissionen seiner Mitarbeiter durch Klimaschutzmaßnahmen ausgleichen zu wollen.

Die Idee: Ähnlich wie bei einer Kranken- oder Arbeitslosenversicherung übernimmt das Unternehmen bei Klimarisiken Verantwortung. Da die 1100 Mitarbeiter von Idealo und seinen Tochterfirmen schätzungsweise die Hälfte der Emissionen bei der Arbeit produzieren, werden die vom Umweltbundesamt geschätzten 6380 Tonnen Kohlenstoffdioxid durch Ausgleichszahlungen kompensiert.

Auch Delivery Hero, Flixbus, Wefox und GetYourGuide sind LFCA beigetreten – einer Initiative, die 2019 in Berlin gestartet wurde. Insgesamt haben sich binnen eines Jahres 500 Firmen aus der Technologie- und Risikokapitalszene aus 22 europäischen Ländern angeschlossen. Sie alle verpflichten sich zur Bekämpfung der Klimakrise.

„Unser Ziel ist es, die gesamte Digitalindustrie klimaneutral zu machen, Einfluss auf politische Entscheidungsträger zu nehmen, einen CO2-Preis durchzusetzen und als Industrie beispielhaft voranzugehen“, sagt Mitinitiator Ferry Heilemann, selbst Mehrfachgründer und -investor.

Es ist mehr als ein Lippenbekenntnis: Viele Gründer und Unternehmen kostet schon der Beitritt zur Initiative viel Geld. Die Mitgliedschaft erfordert, dass die CO2-Emissionen des vergangenen Jahres kompensiert werden. Mit insgesamt 3,6 Millionen Euro mussten die Firmen etwa Solarenergie fördern und Moore revitalisieren, um glaubhaft zu machen, dass sie es ernst meinen mit dem Klimaschutz. Das entspricht 250.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid-Kompensation.

Gründer müssen persönliche CO2-Bilanz ziehen

Bisher haben laut LFCA-Geschäftsführer Philippe Singer 60 Prozent der Mitglieder die gesamten Aufnahmeverfahren durchlaufen und den fälligen Betrag an entsprechende Projekte gezahlt. Wer Mitglied bleiben will, muss das Prozedere jedes Jahr wiederholen. Das soll dazu führen, dass Gründer bei künftigen unternehmerischen Entscheidungen von vornherein die Folgen für die Umwelt bedenken.

„Es geht uns nicht ums Freikaufen“, sagt Singer. Vielmehr sei die Kompensation Teil eines Prozesses, der das Bewusstsein für den eigenen Einfluss auf Klimaveränderungen fördern soll. Deshalb setzt die Initiative auch direkt bei den Gründern oder Verantwortungsträgern an. Wer mit seiner Firma beitreten will, muss im allerersten Schritt seine persönliche CO2-Bilanz ziehen und ausgleichen. Allein dabei sind seit Start der Initiative noch mal 234.000 Euro von 650 Unternehmern zusammengekommen.

Was dieser Prozess bewirken kann, zeigt die „Klausel für Nachhaltigkeit“, die führende deutsche Wagniskapitalgeber entwickelt haben. Philippe Singer erinnert sich, wie Filip Dames vom Start-up-Investor Cherry Ventures im Aufnahmeverfahren festgestellt hatte, dass er am meisten gegen den Klimawandel tun könne, wenn er die Gründer seiner Portfoliofirmen zum Klimaschutz verpflichtete.

Daraus entstanden ist eine Standardklausel in Investmentverträgen, die im Prinzip besagt: kein exponentielles Wachstum ohne Rücksicht auf das Klima. Die jungen Firmen verpflichten sich unter anderem, klimafreundliche Reiserichtlinien aufzustellen, grünen Strom zu beziehen und ihren CO2-Ausstoß an die Investoren zu berichten.

Investor Earlybird war einer der ersten Anwender: „Wenn ein Gründer sich nicht um seine Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft kümmert, sind wir nicht daran interessiert, unser Geld in seine Firma zu stecken“, erklärte Partner Fabian Heilemann, Bruder des LFCA-Mitinitiators, zur Einführung auf der Digitalkonferenz DLD im Januar. Nach Singers Informationen haben inzwischen 28 Wagniskapitalgeber die Klausel übernommen.

Zwei Drittel der Tech-Firmen setzen auf grüne Server

Bei der Berechnung sämtlicher Treibhausgaseffekte hilft Mitgliedsunternehmen von Leaders for Climate Action ein Programm, das etwa nach der Beheizung der Büroräume, fleischhaltiger Kantinenkost und dem CO2-Ausstoß der Server fragt, auf denen das Unternehmen seine Daten speichert. Viele Tech-Unternehmen erzeugen dort den überwiegenden Anteil ihres CO2-Ausstoßes. 65 Prozent der LFCA-Mitglieder nutzen inzwischen grüne Server, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, teilt die Initiative mit.

Im Schnitt setzten sich die Mitgliedsunternehmen von Leaders for Climate Action im ersten Jahr das Ziel, ihren CO2-Fußabdruck um 20 Prozent zu reduzieren. Personio-Gründer Hanno Renner hat Jobräder eingeführt, um die Bilanz seiner Personalsoftware-Firma durch klimaneutrales Pendeln deutlich zu verbessern. Zudem hat er einen Nachhaltigkeitsausschuss eingeführt, der im Austausch mit anderen LFCA-Mitgliedern effektive Klimaschutzmaßnahmen starten soll.

Boris Wasmuth von der Spiele-Community Gameduell musste für das vergangene Jahr nach eigenen Angaben 265 Tonnen CO2 kompensieren. Künftig will er etwa bei der Auswahl von neuer Hardware stärker auf deren Nachhaltigkeit achten.

Am Freitag sind Wasmuths Mitarbeiter wie viele andere Mitarbeiter von LFCA-Mitgliedern freigestellt, um an den globalen Klimastreiks teilnehmen zu können. Albrecht von Sonntag und die Idealo-Mitarbeiter waren bereits vor einem Jahr dabei. „Das war das großartigste Teamevent meines Lebens“, sagt er. Bei vielen Mitarbeitern habe der Tag bleibende Erinnerungen hinterlassen: „Es ist sehr verbindend, wenn man sich für etwas einsetzt, das größer ist als man selbst und größer als die Organisation.“

Mehr: Delivery-Hero-Chef Östberg: „Meine Kinder sollen stolz auf mich sein.“

Startseite
Mehr zu: Leaders for Climate Action - Viel Geld für Klimaschutz: Deutsche Start-up-Initiative expandiert nach Europa
0 Kommentare zu "Leaders for Climate Action: Viel Geld für Klimaschutz: Deutsche Start-up-Initiative expandiert nach Europa"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%