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Lieferengpässe Fünf Gründe, warum Chips noch lange Mangelware bleiben

Die Halbleiterbranche vertröstet ihre Industriekunden angesichts des Chipmangels inzwischen auf Sommer 2022. Die Engpässe sind nur schwer zu beheben.
15.05.2021 - 10:54 Uhr Kommentieren
Die Kunden bestellen mehr, als die Halbleiterhersteller liefern können. Quelle: Bloomberg
Chipfabrik

Die Kunden bestellen mehr, als die Halbleiterhersteller liefern können.

(Foto: Bloomberg)

München Die Beratungsgesellschaft Alix Partners schätzt, dass dieses Jahr weltweit 3,9 Millionen Autos weniger gebaut werden als geplant, weil Halbleiter fehlen. Auch Computerhersteller, Handyproduzenten oder Anlagenbauer warten händeringend auf Nachschub der elektronischen Bauteile. Schnelle Besserung aber ist nicht in Sicht. Die Gründe für den Chip-Engpass – und was sich daraus lernen lässt:

1. Die Auftragsbücher sind voll, die Fabriken auch

Der von der Pandemie ausgelöste Digitalisierungsschub treibt das Geschäft der Chipindustrie. Das beweisen die jüngsten Zahlen. Beispiel Dialog Semiconductor: Als letzter bekannter europäischer Anbieter hat der schwäbisch-britische Konzern nun die Ergebnisse des ersten Quartals vorgelegt: Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um fast die Hälfte auf 366 Millionen Dollar.

Viele Wettbewerber legten zuletzt ähnlich stark zu. Doch mit dem Boom hat keiner gerechnet: Angesichts dieses sprunghaften Wachstums kommen vor allem die Auftragsfertiger in Fernost nicht mehr nach mit den Lieferungen.

Bislang kalkulierte die Chipbranche mit einem jährlichen Umsatzplus von bis zu fünf Prozent. Fürs laufende Jahr erwartet der Branchenverband World Semiconductor Trade Statistics indes ein Wachstum von knapp elf Prozent. Damit sind die Fabriken vollständig ausgelastet.

Den Marktforschern von Gartner zufolge sind zudem Materialien knapp. Um einen Chip herzustellen, braucht es rund 300 unterschiedliche Stoffe. Es fehlen zudem Kapazitäten bei Spezialisten für Produkttests.

2. Ältere Anlagen sind begehrt

Die Industrie nutzt für die Bauelemente Siliziumscheiben mit verschiedenen Größen. In den vergangenen zehn Jahren sind vor allem Fabriken für moderne, 300 Millimeter große Ausführungen dieser sogenannten Wafer entstanden. Viele Halbleiter sind aber nicht auf 300 Millimeter ausgelegt. Im Boom fehlt es nun an Geräten, um die kleineren Scheiben zu verarbeiten.

Es lässt sich aber nicht so einfach neues Equipment beschaffen. Normalerweise betrage die Bestellfrist drei bis sechs Monate, heißt es beim Gebrauchtmaschinenverkäufer Surplus Global. Momentan müssten sich die Auftraggeber mitunter ein Jahr oder mehr gedulden. In einer Fabrik finden sich mehr als 50 Maschinentypen.

3. Lange Lieferfristen, lange Bauzeiten

Je nach Halbleiter-Typ sind für die Herstellung 400 bis 1400 Schritte notwendig. Das dauert zwischen 12 und 20 Wochen. Wer heute bestellt, muss also im besten Fall drei Monate warten. Den Marktbeobachtern von Nikkei Asia zufolge beträgt die Lieferfrist beispielsweise bei Mikrocontrollern momentan zwischen einem halben und einem Jahr.

Neue Fabriken bringen nur langfristig Entlastung. Ein großes Werk zu errichten dauere zwei bis vier Jahre, warnen die Experten von Boston Consulting und des US-Branchenverbands Sia. Zudem müssten zwischen 3.000 und 6.000 Mitarbeiter angeheuert und ausgebildet werden. Ein Anbau lässt sich in etwa einem Jahr bewerkstelligen. „Kapazitäten aufzubauen kostet viel Zeit und viele Milliarden“, sagt Forrester-Analyst Glenn O’Donnell.

4. Der Ausbau verschlingt viel, viel Geld

Die Boston Consulting Group schätzt, dass die Halbleiterbranche in den nächsten zehn Jahren drei Billionen Dollar für neue Werke und Forschung in die Hand nehmen muss. Um ein jährliches Plus des Chip-Bedarfs von vier bis fünf Prozent zu bewältigen, müsse sich die Kapazität bis 2030 verdoppeln.

Die Halbleiterhersteller überlegen trotz des Booms genau, wie stark sie investieren. Denn trotz des Aufwärtstrends kann es sein, dass Maschinen ungenutzt herumstehen, weil bestimmte Chips gerade wenig gefragt sind. So verbuchte Infineon, Deutschlands größter Halbleiterhersteller, vergangenes Geschäftsjahr Leerstandskosten von 600 Millionen Euro.

Dazu kommt: Eine Fabrik für die höchst integrierten Chips kostet rund zehn Milliarden Dollar. Die Hürden, neue Werke zu errichten, sind also hoch. Daher gehen Manager wie Intel-Chef Pat Gelsinger und Infineon-CEO Reinhard Ploss davon aus, dass sich die Lieferengpässe bis weit ins nächste Jahr hinein ziehen werden, wenn nicht sogar darüber hinaus.

5. Die staatlich geförderte Aufholjagd beginnt erst

Gerade hat Südkorea beschlossen, seine Halbleiterindustrie massiv zu fördern. Die USA und die EU stehen kurz davon, milliardenschwere Förderprogramme aufzulegen, genauso Japan. So könnten mehr Fabriken entstehen, als die Firmen ohne Unterstützung errichten würden. Bis die Werke in Betrieb gehen, werden aber Jahre vergehen.

Infineon-Chef Ploss hat einen Tipp für die Kunden: Sie sollten sich von der Just-in-time-Anlieferung verabschieden und besser ein wenig mehr Chips auf Lager legen.

Mehr: Mehr Fabriken, mehr Vorrat, näher am Kunden: Was im Kampf gegen den Chipmangel angesagt ist.

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