Mobile World Congress Der Smartphone-Markt boomt – doch der Chipmangel setzt kleinen Herstellern zu

Die Nachfrage nach Smartphones steigt wieder. Vor allem die Geräte der großen Hersteller sind gefragt.
Düsseldorf Mit der Großveranstaltung, auf der sich normalerweise die gesamte Mobilfunkbranche trifft, hat der Mobile World Congress (MWC) in diesem Jahr wenig zu tun. Der Branchenverband GSMA hat die Messe zwar in der Hoffnung auf sinkende Infektionszahlen in den Sommer verlegt, trotzdem verzichten zahlreiche Unternehmen auf einen Auftritt – das Gedränge in den Hallen im Westen von Barcelona wird ab diesem Montag überschaubar sein.
Die großen Smartphone-Hersteller brauchen die Marketingshow allerdings nicht. Nach einem Horrorjahr, in dem viele Verbraucher PCs, Tablets und Fernseher statt Mobiltelefone kauften, sind die Geräte wieder gefragt. Es sind gute Zeiten für Samsung und Apple, aber auch für die chinesischen Hersteller Xiaomi, Oppo, Vivo und Honor.
Doch für viele Unternehmen mit geringem Absatz ist die Lage prekär. Im Smartphone-Markt ist Größe ein entscheidender Wettbewerbsfaktor – wer sich von der Masse abheben will, muss in Forschung und Entwicklung investieren und aufwendiges Marketing betreiben.
Nun kommt noch der weltweite Chipmangel erschwerend hinzu. „Für die großen Hersteller ist es einfacher, sich Lieferungen zu sichern – die kleineren bleiben auf der Strecke“, sagt Annette Zimmermann, Analystin bei Gartner.
Am Jahresanfang kündigte bereits LG an, sich aus dem Markt zurückzuziehen: Das Management wollte die endlosen Verluste nicht mehr hinnehmen. Nun wird das Umfeld noch schwieriger. Analystin Zimmermann hält eine weitere Marktbereinigung für denkbar: „Für etliche Unternehmen stellt sich die Frage, ob es noch sinnvoll ist, Smartphones zu verkaufen.“
Smartphones mit 5G gefragt
2020 war das Jahr des PCs: Wegen der Ausgangsbeschränkungen schafften sich viele Verbraucher neue Notebooks und Desktops an, um sich für Arbeit, Schule und Unterhaltung im eigenen Zuhause zu rüsten, dazu noch das nötige Zubehör. Für Smartphones blieb daher weniger Geld übrig – zumal die Pandemie zu einer großen wirtschaftlichen Unsicherheit führte.
Mittlerweile sieht die Lage wieder anders aus. Die Pandemie ist in einigen Ländern unter Kontrolle, die wirtschaftlichen Aussichten sind besser, und mangels Urlaub und Freizeitangeboten haben viele Verbraucher mehr Geld auf dem Konto als sonst. Gleichzeitig gibt der neue Mobilfunkstandard 5G einen Grund, die Hardware aufzurüsten. Zumindest in Ländern wie China und den USA, wo der Netzausbau schnell vorangeht.
Das führt zu einer kräftigen Erholung: Im ersten Quartal stieg der Absatz nach Berechnungen von Gartner um 26 Prozent auf rund 378 Millionen Geräte. Fürs gesamte Jahr prognostiziert das Analysehaus ein Plus von zwölf Prozent, was in etwa dem Vorkrisenniveau entspricht.
Dabei dürften die fünf größten Anbieter alle ihre Marktanteile ausbauen. Besonders die chinesischen Hersteller profitieren von einem Sondereffekt: Weil Huawei wegen der Sanktionen der USA außerhalb von China an Kundschaft verliert, ergeben sich Chancen für die Konkurrenten Xiaomi sowie Oppo und Vivo, die beide zum BBK-Konzern gehören.
Viele kleine Anbieter tun sich jedoch schwer. Sony beispielsweise ist außerhalb von Japan kaum noch präsent. Die Marke Wiko, die eine Zeit in Frankreich relativ erfolgreich gewesen ist, verliert Kunden an die chinesischen Konkurrenten. Und HMD Global, das die Marke Nokia nutzt, ist zwar Marktführer bei einfachen Handys, verzeichnet bei Smartphones aber nur überschaubare Verkaufszahlen.
Wettbewerb unter Android-Herstellern ist brutal
Der Wettbewerb unter den Android-Herstellern sei brutal, sagt Ben Wood, Analyst beim Marktforscher CCS Insight. „In den letzten fünf Jahren ist die Qualität der Geräte von chinesischen Herstellern wie Xiaomi, Oppo, Oneplus und anderen dramatisch gestiegen.“ Das habe den Druck auf altbekannte Marken wie Nokia und Sony erhöht, während LG inzwischen aufgegeben habe.
Nun müssen die Unternehmen noch mit dem Chipmangel klarkommen. Selbst Marktführer Samsung kann Medienberichten zufolge einige Modelle der A-Serie in wichtigen Märkten nicht liefern. Die Branchenschwergewichte mit ihren großen Ordervolumina können mit der Situation allerdings besser umgehen. Beispiel Apple: Der iPhone-Hersteller wird Medienberichten zufolge vom Chiphersteller TSMC bevorzugt behandelt.
„Die akute Knappheit hat die kleinsten Akteure am meisten getroffen, da es ihnen an Kaufkraft und Größe fehlt“, sagt Analyst Wood. Preiserhöhungen seien wegen des hohen Wettbewerbsdrucks bei Android-Smartphones kaum möglich – daher müssten die Unternehmen üblicherweise Margen opfern. Und das in einem Markt, in dem nur wenige Geld verdienen. Der Abstand zwischen den Großen und den Kleinen wächst weiter.
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