Mobilfunk Deutsche Telekom hebt Prognose erneut an – Aktie auf dem höchsten Stand seit 20 Jahren

Durch die Übernahme des Konkurrenten Sprint ist T-Mobile US zum wichtigsten operativen Segment der Deutschen Telekom geworden.
Bonn, Berlin Die Aktie der Deutschen Telekom galt über viele Jahre als schlechtes Investment. Nachdem die Dotcom-Blase Anfang der 2000er Jahre geplatzt war, erholte sich der Kurs über lange Zeit nicht nachhaltig. Doch die Zahlen fürs zweite Quartal, die der Dax-Konzern am Donnerstag veröffentlicht hat, lassen Anleger und Analysten hoffen, dass es künftig wieder deutlich nach oben könnte.
Dank der starken Entwicklung des US-Tochter Unternehmens T-Mobile US und dem robusten Geschäft in Europa übertraf die Telekom die Erwartungen der Börsenbeobachter. Daher erhöhte das Management die Prognose für das bereinigte Ergebnis nach Leasingkosten (Ebitda AL), eine zentrale Kennzahl in der Branche.
Es soll mindestens 37,2 Milliarden Euro erreichen – 200 Millionen Euro mehr als bislang. Die finanzielle Entwicklung verlaufe besser, „als wir selbst es erwartet haben“, sagte Konzernchef Timotheus Höttges.
An der Börse kam das richtig gut an: Der Aktienkurs, der seit Jahresbeginn ohnehin deutlich zugelegt hat, stieg Donnerstag bis mittags um mehr als zwei Prozent auf bis zu 18,42 Euro. Das war die stärkste prozentuale Wertsteigerung im Dax heute. Dieses Niveau erreichte die Deutsche Telekom zuletzt vor rund 20 Jahren.
Analysten sehen Potenzial für weitere Kursgewinne: Die große Mehrheit empfiehlt das Papier zum Kauf, das durchschnittliche Kursziel liegt bei rund 22 Euro. Die Telekom habe die Erwartungen übertroffen. Vor allem das Geschäft auf dem Heimatmarkt beeindrucke, erklärte beispielsweise die Investmentbank JP Morgan nach dem die Quartalszahlen veröffentlicht wurden. Mit 28,50 Euro gibt das Institut das höchste Kursziel für den Dax-Konzern aus.
T-Mobile US gewinnt 1,3 Millionen Vertragskunden
Durch die Übernahme des Konkurrenten Sprint ist T-Mobile US zum wichtigsten operativen Segment der Deutschen Telekom geworden. Der amerikanische Mobilfunkanbieter steuert mehr als 60 Prozent zum Umsatz bei. Im zweiten Quartal profitierte das Unternehmen davon, dass es den neuen 5G-Standard schnell eingeführt hat. 1,3 Millionen Vertragskunden gewann es hinzu. Das lässt auf ein besseres Geschäft hoffen – im gesamten Konzern. Der Erlös stieg um 5,4 Prozent auf 20,1 Milliarden Dollar.
Dass die Telekom aber zunehmend vom US-Markt abhängig ist, macht den Dax-Konzern für Wechselkursschwankungen anfällig. So sank der Umsatz des Konzerns um 1,7 Prozent auf 26,6 Milliarden Euro, weil T-Mobile US aufgrund der unvorteilhaften Umrechnung 1,5 Milliarden Euro weniger beisteuerte, als das noch vor einem Jahr der Fall gewesen wäre. Das bereinigte Ebitda AL ging um 4,2 Prozent auf 9,4 Milliarden Euro zurück. Es handle sich aber um einen rein rechnerischen Effekt „ohne Einfluss auf die operative Entwicklung“, betonte Finanzchef Christian Illek.
Was die Aktionäre freuen dürfte: Der Konzernüberschuss stieg um 65 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Im Vorjahr hatten sich Sondereinflüsse durch die Integration von Sprint sowie die Coronakrise bemerkbar gemacht, die nun wegfielen. Der Free Cashflow, der den finanziellen Spielraum beschreibt, stieg auch ohne Sondereffekte um 14,1 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro.
Abgesehen von der Großkundentochter T-Systems entwickelten sich auch die anderen operativen Segmente ordentlich. T-Systems gewann zwar mehr Aufträge, verbuchte aber trotzdem ein Umsatzminus von 5,5 Prozent. „Wir halten unseren Wachstumskurs. Das gilt für das Geschäft auf beiden Seiten des Atlantiks“, erklärte Telekom-Chef Höttges.
Beispiel Deutschland: Der einstige Monopolist verliert zwar Festnetzkunden, bei den lukrativen Breitbandanschlüssen stehen netto – also abzüglich von Kündigungen – jedoch 93.000 neue Verträge in den Büchern. Mittlerweile baut auch der Konzern sein Glasfasernetz aus, im zweiten Quartal kamen 291.000 Anschlüsse hinzu.
Im Mobilfunk steigerte der Telekommunikationsanbieter die Kundenzahl ebenfalls. Das Resultat: Der Umsatz in Deutschland stieg leicht um 0,9 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro, das bereinigte Ebitda AL sogar um 3,7 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro. Auch in Europa steigerte die Telekom Umsatz und Gewinn.
Das positive Bild stört nur die Flutkatastrophe in Westdeutschland. Die Wassermassen zerstörten einen Teil der Infrastruktur. So fielen rund 300 Mobilfunkstandorte zwischenzeitlich aus, sind nach einem Notfalleinsatz der Telekom-Techniker aber wieder am Netz. Aufwendiger dürfte es sein, die Kabelleitungen wiederherzustellen. Sie sind mit den Straßen teilweise weggerissen worden.
Der Konzern verschafft sich derzeit noch ein vollständiges Bild über den finanziellen Schaden. Eine erste Indikation nannte Finanzchef Christian Illek: Es sei mit einer Summe „nördlich von 100 Millionen Euro“ zu rechnen. Ein Teil sei womöglich über Versicherungen abgedeckt.
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