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Neuer Großaktionär Bündnis mit weltgrößtem Tech-Investor: Was die Telekom mit Softbank im Rücken jetzt plant

Konzernchef Tim Höttges findet Verbündete im Wettbewerb mit Google und Facebook. Gemeinsam mit Softbank will er in Start-ups investieren – und denkt auch an große Übernahmen in Europa.
07.09.2021 Update: 07.09.2021 - 19:01 Uhr Kommentieren
Die beiden Konzerne gehen eine umfassende Kooperation ein. Quelle: Getty Images
Telekom-Chef Timotheus Höttges (links) und Softbank-COO Marcelo Claure

Die beiden Konzerne gehen eine umfassende Kooperation ein.

(Foto: Getty Images)

Bonn, Köln Die Deutsche Telekom hat ein umfassendes Bündnis mit dem japanischen Softbank-Konzern geschlossen. Die Partner wollen gemeinsam in Start-ups investieren, zudem will die Telekom den weltweit 240 Millionen Kunden Dienste von Softbank-Beteiligungen anbieten. Telekom-Chef Timotheus Höttges betonte am Dienstag, dass die Kooperation mehr als eine reine Absichtserklärung sei: „Es ist eine strategische Partnerschaft.“

Mit Softbank gewinnt der Bonner Konzern einen starken Alliierten im Wettbewerb mit Schwergewichten wie Google, Facebook und Co., die zunehmend in das Geschäft der Telekomanbieter vordringen.

Softbank ist der weltweit größte Investor in Technologie-Start-ups. Über seine Fonds hat sich Softbank an rund 300 Unternehmen beteiligt, darunter die Mobilitätsdienste Uber und Tier. In Deutschland zählen Getyourguide und Contentsquare zu den Beteiligungen.

Das deutsch-japanische Bündnis hat einen längeren Vorlauf. Die beiden Firmen bündelten im vergangenen Jahr ihre amerikanischen Mobilfunkgesellschaften unter dem Dach von T-Mobile US, an dem die Telekom baldmöglichst die Mehrheit der Aktien erlangen soll – bislang ist der Konzern für die Kontrolle auf Stimmrechte des Partners angewiesen.

Im Zuge der Partnerschaft wird die Telekom weitere Anteile von Softbank übernehmen und ihren Anteil am Mobilfunkanbieter T-Mobile US von 43,2 auf 48,4 Prozent erhöhen. Der Tech-Investor hält nach einem Aktientausch künftig 4,5 Prozent des Dax-Konzerns und wird damit nach dem Bund der zweitgrößte Aktionär.

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Den Kauf weiterer Aktien der US-Tochter finanziert Höttges über den Verkauf von T-Mobile Netherlands an die Finanzinvestoren Apax und Warburg Pincus. Bei beiden Deals wurde die Telekom von der Investmentbank Morgan Stanley beraten.

Google, Amazon und Microsoft drängen in das Telekommunikationsgeschäft

Bei der Bekanntgabe des Einstiegs von Softbank zeigte sich Telekom-Chef Höttges sichtbar stolz über den Coup. Die Telekom werde durch den Schritt internationaler, erklärte Höttges. Und durch der Einzug von Softbank-COO Marcelo Claure in den Aufsichtsrat erhalte das Management eine weitere Unterstützung beim Umbau in ein digitales Unternehmen. „Mich macht das sehr glücklich“, sagte Höttges.

Der Manager ist sonst eher für seine nüchterne Art bekannt. Mit dem Bündnis sieht er einen wichtigen Baustein, um die Telekom neu zu positionieren. Jahrelang hatte der Konzern vor allem in seine Netze investiert und weniger in digitale Anwendungen. Jetzt sei es an der Zeit umzusteuern, heißt es im Unternehmen.

Schwergewichte wie Google, Amazon und Microsoft dringen zunehmend in das Geschäft der Telekommunikationsfirmen. Die Deutsche Telekom sei zwar in Europa der größte Anbieter, aber im internationalen Wettbewerb mit einem Börsenwert von rund 85 Milliarden Euro „ein Zwerg“, sagte Höttges am Dienstag auf einer Hausmesse in Köln. Er wolle, dass große Technologiekonzerne die Telekom ernst nehmen und mit ihr Geschäfte machen wollen. In Europa ist die Telekom bereits ein Partner der Technologiegrößen und hat eine Reihe von Kooperationen mit Microsoft oder Amazon geschlossen.

Softbank ist laut Höttges einer der attraktivsten denkbaren Partner. Es gebe ein enormes Potenzial, Umsatz und Ergebnis zu verbessern, sagte er. Dem Vernehmen nach dürfte allein durch die Vermittlungen von Diensten der Softbank-Beteiligungen ein Umsatz von über einer Milliarde Euro pro Jahr anfallen.

In einem ersten Schritt öffnet die Telekom ihr Netzwerk für drei Firmen. Dabei handelt es sich um den Mobilitätsanbieter Tier, das Fintech Revolut und die Lernplattform Gostudent. Gespräche über weitere Kooperationen liefen, sagte Softbank-COO Claure. Denkbar seien in den nächsten Schritten 20 bis 30 weitere Partner aus den Fonds von Softbank.

Auf der Bühne unter dem Fernsehturm in Köln demonstrierten die Konzernchefs ihre enge Verbundenheit. „Wir haben uns in allen Lebenslagen kennengelernt“, sagte Höttges über das Softbank-Management, mit dem er bereits über die Fusion von T-Mobile US und Sprint verhandelt hatte. Seinen Kollegen Claure begrüßte er mit einem lockeren „High Five“.

Claure betonte, dass sich Softbank die Entwicklung bei der Telekom sehr genau angeschaut habe. Als etablierter Anbieter, der eher in gesättigten Märkten aktiv ist, passt das Unternehmen zwar nicht in das Beteiligungsportfolio der Japaner. Er sehe aber ein enormes Wachstumspotenzial bei der T-Aktie, sagte Claure. An der Beteiligung will er mindestens über die kommenden drei Jahre festhalten. Dazu hat sich Softbank auch verpflichtet.

Diskussionen über Unternehmenskultur

Ein Selbstläufer ist das Bündnis mit Softbank indes nicht. Auf einem Strategietreffen von Management und Aufsichtsrat in der vergangenen Woche in Berlin waren sich zwar alle Seiten einig, dass es grundsätzlich ein sinnvoller Schritt sei, wie das Handelsblatt aus dem Konzern erfuhr. Allerdings warfen einige Aufseher die Frage auf, ob Softbank zur Unternehmenskultur der Telekom passe.

Der Büroanbieter Wework, an dem Softbank beteiligt ist, hatte nach einem Einbruch seines Geschäfts massiv Personal entlassen. „Über dieses Thema wurde daher intensiv diskutiert“, hieß es. Das Management um Höttges habe dann aber entsprechende Erklärungen beisteuern können, laut denen sich Softbank zu einer sozial verantwortlichen Firmenführung verpflichtet.

Die Aufsichtsratsvertreter der Arbeitnehmer und auch des Bundes, der mit über 30 Prozent größter Aktionär ist, stehen nun hinter der Strategie der Telekom-Führung.

Das Technologiebündnis ist aber nur ein Baustein, mit dem der Vorstand das Unternehmen weiterentwickeln will. Ein weiterer Baustein ist die Neuordnung der Beteiligungen. Zentral ist dabei T-Mobile US. Mit dem Verkauf von T-Mobile Netherlands erhalten die Bonner den finanziellen Spielraum, um weitere Aktien an der US-Mobilfunktochter zu erwerben.

Möglichst bald will Höttges die Beteiligung an T-Mobile US auf über 50 Prozent erhöhen, um die Gesellschaft dauerhaft in der Bilanz zu konsolidieren. Möglich ist das derzeit nur über eine Aktionärsvereinbarung mit dem Miteigentümer Softbank, der die Stimmrechte der Telekom zuschlägt.

Mit der Eingliederung von T-Mobile US soll nicht Schluss sein. Die Telekom will weiter zukaufen, bevorzugt in Europa. Im Blick hat Höttges dabei den französischen Wettbewerber Orange sowie BT aus Großbritannien. Mehrfach haben Vertreter der Telekom bereits mit den Firmen über eine Fusion oder Übernahme verhandelt.

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Bisher sind die Verhandlungen an nationalen Befindlichkeiten gescheitert. Die Telekom ist erheblich größer als die Konkurrenten und würde damit eindeutig die Führung im neuen Unternehmen haben. Gerade in Paris sei dies schwer zu akzeptieren, sagte ein Manager aus dem Konzern.

Vertreter aus der Bankenbranche halten es dennoch für möglich, dass die Telekom nach der Bundestagswahl im September einen neuen Anlauf bei Orange starten könnte. Angesichts der Milliardeninvestitionen in eine flächendeckende Breitbandversorgung und die Entwicklung neuer Geschäftsfelder stünden die Konzerne unter Zugzwang.

Angesprochen auf Orange hielt sich Höttges am Dienstag bedeckt. Offener äußerte er sich zur britischen BT. An dem früheren britischen Monopolisten ist sein Konzern über den hauseigenen Pensionsfonds bereits mit zwölf Prozent beteiligt. Frühere Anläufe zum Erwerb weiterer Anteile hatte die Telekom gestoppt, da die Geschäftsaussichten angesichts des Brexits unsicher geworden waren.

Nachdem sich nun im Juni der Kabelanbieter Altice an BT beteiligt hat, erwartet der Telekom-Chef weitere Bewegung. Innerhalb der kommenden zwölf Monate werde sich etwas im Aktionärskreis tun, sagte er. Altice hält wie die Telekom zwölf Prozent an den Briten.

Für sein Unternehmen gebe es nun eine Reihe von Optionen, sagte Höttges, ohne Details zu nennen. „Es ist zu früh, um eine Entscheidung zu fällen.“

Mit der angestrebten Übernahme der Mehrheit an der börsennotierten T-Mobile US und einem möglichen Erwerb von BT oder Orange bleibt die Telekom ihrem Kurs treu, ihr Geschäft über Akquisitionen auszubauen.

Stärker als die europäischen Wettbewerber

Aus Sicht von Höttges ist eine Konsolidierung der Telekombranche durchaus in europäischem Interesse. Während in den großen Märkten USA und China eine Handvoll Anbieter die Branche dominiert, sind es in Europa einige Hundert. Jeder von diesen sieht sich mit der Aufgabe konfrontiert, seine Netze für den zunehmenden Datenverkehr aufzurüsten. Aufgrund der im Vergleich zu den USA niedrigeren Preise zehrt dies an der Finanzkraft der Unternehmen.

Der US-Mobilfunkanbieter wird für die Telekom immer wichtiger. Quelle: dpa
T-Mobile US

Der US-Mobilfunkanbieter wird für die Telekom immer wichtiger.

(Foto: dpa)

Wirtschaftlich ist die Telekom stärker als die meisten Wettbewerber aufgestellt. Allerdings lastet auf dem Konzern eine enorme Schuldenlast, die den Handlungsspielraum einschränkt. Über den Aktientausch und den Verkauf von T-Mobile Netherlands konnte die Gesellschaft die jüngste Aufstockung bei T-Mobile US liquiditätsschonend stemmen.

In den kommenden Monaten wird die Telekom ihre Verbindlichkeiten weiter zurückfahren müssen, um Spielraum für größere Akquisitionen zu schaffen. Thorsten Langheim als der dafür verantwortliche Vorstand bereitet den Verkauf weiterer Aktivitäten vor. Denkbar ist etwa eine Veräußerung der polnischen Mobilfunktochter und des Geschäfts in Rumänien. Fraglich ist zudem, was mit den in eine eigene Gesellschaft ausgegliederten Funktürmen geschieht.

In den kommenden Monaten stünden einige Veränderungen an, wie Vertreter aus dem Unternehmen betonen. Ein wichtiges Zwischenziel hat Höttges nach eigenen Worten bereits erreicht: „Wir sind der Anbieter der westlichen Welt, wir sind rechts und links des Atlantiks.“ Die Kooperation mit Softbank zeigt für ihn, „dass wir auf Augenhöhe sind“.

Mehr: Warum die Telekom das Niederlandegeschäft verkauft

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