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Plan der EU-Kommission Aufholjagd bei Chips und 20 Millionen IT-Experten: Die Digitalziele der EU im Realitätscheck

Die Kommission hat vorgezeichnet, wie sie den Rückstand bei Schlüsseltechnologien bis 2030 aufholen will. Was davon realistisch erscheint – und was nicht.
10.03.2021 - 19:29 Uhr 1 Kommentar
Die Digitalkommissarin hat am Dienstag die Ziele der EU für 2030 präsentiert. Quelle: Reuters
Margrethe Vestager

Die Digitalkommissarin hat am Dienstag die Ziele der EU für 2030 präsentiert.

(Foto: Reuters)

Brüssel, Berlin Die Vision klingt vielversprechend: ein Europa mit einer starken Digitalindustrie, mit nutzerfreundlicher Verwaltung und Millionen von IT-Experten. Und der „Kompass“, den die EU-Kommission am Dienstag vorgestellt hat, soll die Richtung weisen.

Die Kommission formuliert darin nicht nur hehre Ziele, sie erzeugt auch eine Menge Druck: Ein Ampelsystem soll zeigen, wie gut die Mitgliedstaaten jeweils vorankommen. Und in Deutschland wird auf manchen Feldern die Ampel zunächst auf Rot stehen.

„Der digitale Kompass darf kein Schlagwort bleiben“, mahnt die FDP-Digitalpolitikerin im Europaparlament, Svenja Hahn. Sowohl die Kommission als auch die Mitgliedstaaten müssten rasch konkrete Pläne zur Zielerreichung vorlegen. Der Präsident des Branchenverbands Bitkom, Achim Berg, hält messbare Vorgaben für sinnvoll, warnte aber: „Die jetzt gesetzten Ziele sind oft sehr ambitioniert, teils allerdings auch utopisch.“

Die wichtigsten Vorgaben im Realitätscheck:

1. 20 Prozent Anteil an der weltweiten Chipproduktion

Europas Anteil an der weltweiten Fertigung von Halbleitern liegt derzeit bei knapp zehn Prozent. Bis Ende des Jahrzehnts, so die Kommission, solle die EU versuchen, den Anteil zu verdoppeln. Ein überaus ehrgeiziges Ziel.
Stark sind europäische Hersteller wie Infineon derzeit vor allem in Nischen.

Besonders bei Mikroprozessoren und Speicherchips ist die EU hingegen stark abhängig von Anbietern aus Asien und den USA. Daran haben auch vergangene EU-Initiativen wenig geändert: 2013 hatte die Kommission schon einmal das Ziel ausgegeben, den Marktanteil zu verdoppeln.

Die Brüsseler Behörde und die EU-Staaten setzen auf Anschubhilfe für die heimische Industrie: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hofft, über ein sogenanntes IPCEI-Programm bis zu 50 Milliarden Euro an privaten und öffentlichen Investitionen mobilisieren zu können. Zum Vergleich: China plant laut McKinsey Ausgaben in Höhe von umgerechnet 75 Milliarden Euro, auch die US-Regierung fördert den Sektor massiv.

Die Branche unterstützt die Pläne der Politik in Berlin und Brüssel. Der Verbund Silicon Saxony warnte aber kürzlich, die gesetzten Ziele ließen sich im laufenden Jahrzehnt nicht erreichen: „Dafür fehlen heute und morgen die Voraussetzungen in Europa.“ Jetzt müssten aber die Bedingungen geschaffen werden, um die Vision in der kommenden Dekade erreichen zu können.

2. 20 Millionen IT-Experten

Ohne genügend Fachkräfte kann die Digitalisierung der europäischen Wirtschaft nicht gelingen – das hat auch die Kommission erkannt. Daher gibt sie das Ziel aus, bis 2030 insgesamt 20 Millionen IT-Spezialisten in Europa zu beschäftigen – die Hälfte davon Frauen. Wie sehr sich die EU dafür strecken muss, zeigt die Ausgangsbasis: 7,8 Millionen Fachleute seien es 2019 gewesen, schreibt die Behörde.

Der fehlende IT-Nachwuchs ist schon länger ein zentrales Problem, gerade in Deutschland. Ende 2020 waren quer durch alle Branchen 86.000 Stellen unbesetzt. Das war der zweithöchste Wert seit der ersten Erhebung 2011. Und es könnte „gut sein, dass wir in zwei Jahren die 200.000er-Marke reißen“, sagte Bitkom-Präsident Berg.

In den deutschen Hochschulen beginnen zwar mittlerweile jährlich 75.000 Erstsemester ein Informatikstudium. Weil die Abbrecherquote enorm ist, gibt es aber nur 27.000 Absolventen. Zudem versagt Deutschland dabei, mehr Frauen für IT zu begeistern: Mit einem Anteil von 17 Prozent in der IT-Branche „liegen wir in Europa auf einem der Schlussplätze“, sagt BDI-Geschäftsführerin Iris Plöger. Es fehle unter anderem an weiblichen Vorbildern.

3. Verwaltungsleistungen werden digitalisiert

Alle „wichtigen“ Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung für Unternehmen und Bürger sollen bis 2030 digital angeboten werden sowie leicht zu bedienen und sicher sein. Was für einige EU-Länder wie Estland durchaus realistisch erscheint, bedeutet für Nachzügler wie Deutschland noch einen langen Weg.

Die Bundesregierung hat zwar einiges in die Wege geleitet. So sind durch das Onlinezugangsgesetz Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, bis Ende 2022 alle Verwaltungsdienste auch digital anzubieten. Von den 575 Leistungen sind laut Bundesinnenministerium 315 Leistungen bereits online verfügbar – allerdings oft nur in Pilotkommunen. Drei Milliarden Euro aus dem Konjunkturpaket sollen die Umsetzung nun beschleunigen. Geld ist aber oft nicht das Problem.

4. 75 Prozent der Unternehmen nutzen Big Data und KI

Drei von vier Unternehmen will die EU dazu bringen, Big-Data-Anwendungen, Cloud-Dienste und Künstliche Intelligenz zu nutzen. Das scheint erreichbar, heißt es bei Bitkom auf Basis von Umfragen, die der Verband durchgeführt hat. Besonders in Bezug auf Cloud-Dienste ist das Ziel fast erreicht, weil die Unternehmen die Vorteile schätzen gelernt haben. Auch bei Big-Data-Anwendungen sind die Zahlen schon auf hohem Niveau.

Zur Künstlichen Intelligenz erklärte 2020 gut ein Viertel, über den Einsatz zumindest nachzudenken. Da sich der Wert binnen eines Jahres verdoppelt hat, ist das Ziel für 2030 realistisch. Entscheidend sind laut Bitkom die Rahmenbedingungen: Es brauche eine innovationsfreundliche Regulierung und eine systematische Förderung.

Mehr: Rivalität mit China: EU-Kommissionsvizin Vestager will Tech-Allianz mit den USA

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1 Kommentar zu "Plan der EU-Kommission: Aufholjagd bei Chips und 20 Millionen IT-Experten: Die Digitalziele der EU im Realitätscheck"

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  • Hallo Frau Vestager!
    Kümmern Sie sich bitte nicht nur darum, KOnzernen Subventionsmilliarden in den Rücken zu pusten, sondern sorgen Sie auch mal etwas mehr für rechtsentsprechendes Surfen.
    Vom deutschen Zwangsrundfunk über internationale Geschäftspostillen bis zu Parteien (ja, auch die PARTEI) oder bei jedem Aufruf, obwohl man "seine Einstellungen" gerade "gespeichert" hatte (ein Ärzteportal) erneut auswählen darf treten "Inhalte"-anbieter immer unverschämter mit Datenklau auf.
    Schalten Sie den ganzen illegalen Schund einfach ab. Und wenn das Rote Kreuz dann auch nicht mehr funktioniert, weil deren 250 Parasiten-Kekse das verhindern, dann ist das eben so.
    Wir müssen die informationelle Selbstbestimmung nicht sichern, sondern überhaupt erst erfinden!

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