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Plattformwirtschaft Teams statt Windows: Wie sich Microsoft künftig unverzichtbar machen will

In der Pandemie hat der Konzern mit seiner Kommunikations-App Millionen Nutzer gewonnen. Nun soll Teams weiter ausgebaut werden – samt Abo-Modell.
02.03.2021 Update: 02.03.2021 - 16:59 Uhr Kommentieren
Das Kommunikationsprogramm soll in Unternehmen zur zentralen Anlaufstelle für Wissensarbeiter werden. Quelle: dpa
Microsoft Teams

Das Kommunikationsprogramm soll in Unternehmen zur zentralen Anlaufstelle für Wissensarbeiter werden.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Wenn Microsoft ab Dienstag zur virtuellen Entwicklerkonferenz Ignite lädt, spielt die Software „Teams“ eine prominente Rolle. In der Pandemie ist die Kommunikationssoftware mit Chat und Videokonferenzen bei Unternehmenskunden so gefragt wie nie. Und das Management dürfte bei der virtuellen Präsentation zahlreiche Neuerungen ankündigen.

Für den IT-Konzern geht es um ein neues Geschäftsfeld. Microsoft will das Programm zu einer Schaltzentrale für Wissensarbeiter ausbauen. Mit diesem Oberbegriff werden Berufe umschrieben, die sich mit dem Sammeln und Anwenden von Wissen beschäftigen – seien es Forschende, Lehrende, Programmierer, Juristen oder Kreative.

Mit Teams sollen sie in ihren Unternehmen und Organisationen aufs Intranet zugreifen oder SAP-Systeme bedienen können. „Die Nutzer verbringen viel Zeit in Teams, um zu kommunizieren – daher ist es logisch, dass wir dort andere Anwendungen integrieren“, sagte der verantwortliche Microsoft-Manager Jeff Teper dem Handelsblatt (hier geht es zum Interview).

Die Ambitionen sind hoch. Teams sei das erste Produkt, das Kommunikation, Zusammenarbeit und Geschäftsprozesse integriere, betonte Microsoft-Chef Satya Nadella bei der Veröffentlichung der Quartalszahlen im Januar. Das Programm, das auf praktisch allen Geräten und Betriebssystemen läuft, soll zur Plattform werden – ähnlich wie in der Vergangenheit das Betriebssystem Windows.

„Das Ziel ist, die Nutzung von Teams zu maximieren“, sagt Axel Oppermann, Gründer und Chef des Analysehauses Avispador. „Microsoft weiß genau: Wenn Kunden die Software einmal nutzen, bezahlen sie später wahrscheinlich für andere Funktionen.“ Das gelte etwa für die Datensicherung oder die Automatisierung von Geschäftsprozessen mit der Anwendung „Power Platform“. Wenn diese Plattform tief in die Geschäftsprozesse integriert ist, wird der Konzern zudem unersetzlich.

Wayne Kurtzman, Forschungsdirektor beim Analysehaus IDC, hält Teams für ähnlich wichtig wie noch vor einigen Jahren Dokumente oder Folien in Präsentationen: „Microsoft macht Teams zum zentralen Werkzeug in einer Zeit, in der Kollaboration im Zentrum des Arbeitens wird.“

Hybrid-Büro als Zukunftsmodell

Dass Teams in so kurzer Zeit eine so große Rolle in der Arbeitswelt gewinnen würde, war bei Jeff Tepers' Amtsantritt nicht absehbar. Er übernahm im Februar 2020 die Leitung des Abo-Dienstes Microsoft 365, zu dem die Kommunikationssoftware zählt – zehn Tage bevor die Covid-19-Infektionszahlen so rasant zulegten, dass es in vielen Ländern zu Ausgangsbeschränkungen kam. Und damit zu deutlich mehr Homeoffice.

„Ich habe schon Projekte mit großem Wachstum geleitet, zum Beispiel die Einführung von Office 365 in den frühen Cloud-Tagen, aber mit dem letzten Jahr war nichts vergleichbar“, sagt der Manager. Mitte März griffen noch 44 Millionen Nutzer täglich zu, im Oktober waren es bereits 115 Millionen. Die Zeit, die Nutzer in Videokonferenzen verbrachten, verzehnfachte sich.

Der Produktchef von Microsoft Teams will aus dem Dienst eine umfassendere Plattform machen. Quelle: Microsoft
Jeff Teper

Der Produktchef von Microsoft Teams will aus dem Dienst eine umfassendere Plattform machen.

(Foto: Microsoft)

Es war eine intensive Phase für Teper und seine Abteilung. „Wir mussten dafür sorgen, dass der Dienst mit der Nutzung wächst“, erklärt der Manager. Das habe „zu 99 Prozent sehr gut funktioniert“ – Ausfälle konnte Microsoft weitgehend verhindern. Anschließend galt es, die Videokonferenzen auszubauen: Die Meeting-Funktion sei „nicht so umfangreich wie bei anderen Angeboten“ gewesen, sagt Teper und bezieht sich auf die Konkurrenten von Ciscos Webex oder Zoom.

Seitdem hat Microsoft zahlreiche Updates vorgestellt, von Videofiltern, mit denen Nutzer die Beleuchtung anpassen können, über Untertitel, die die Software in englischsprachigen Meetings automatisch erstellt, bis zum „Together Mode“, der die Teilnehmer vor einem gemeinsamen Hintergrund anzeigt.

„Künftig wird es hybride Arbeitsmodelle geben“, ist Teper auch angesichts des anlaufenden Impfprogramms und der Hoffnung auf eine baldige Überwindung der Pandemie überzeugt. „Wir müssen dafür sorgen, dass diejenigen, die sich aus der Ferne zuschalten, nicht Kollegen zweiter Klasse sind.“

Auf der Ignite-Konferenz zeigt Microsoft zahlreiche Neuerungen. So können Unternehmen mit der Software nun Webinare mit bis zu 1000 Teilnehmern und Konferenzen mit bis zu 20.000 Teilnehmern abhalten. Die Funktion „Connect“ erlaubt es, Kanäle mit den Mitarbeitern anderer Unternehmen aufzumachen, ähnlich, wie das der Konzern-Messenger Slack es seit vergangenem Jahr anbietet. Und neue Lösungen für Hologramme sollen virtuelle Konferenzen aufwerten.

Genugtuung für den verlorenen Smartphone-Markt

Zudem arbeitet Microsoft an einem intelligenten Lautsprecher, der bis zu zehn Personen unterscheiden und ihre Beiträge live transkribieren können soll – auch wer nicht dabei ist, soll den Überblick behalten können.

Über Teams lassen sich inzwischen viele Anwendungen nutzen, vergleichbar mit einem Internetbrowser oder einem Betriebssystem. Das gilt einerseits für die Produkte von Microsoft selbst – etwa Word, Powerpoint, die Marketinglösung Dynamics 365 und das Datenanalyseprogramm Power BI. Jüngst hat der Konzern zudem die Plattform Viva angekündigt, mit der sich die Kommunikationsoberfläche zu einer Art Intranet erweitern lässt.

Auch immer mehr andere Softwarehersteller binden ihre jeweiligen Produkte bei Teams ein. In einer Telefonkonferenz mit Analysten betrieb Konzernchef Nadella kürzlich gehobenes Namedropping. Ob Workday, Salesforce, SAP oder Service Now: „Alle diese Anwendungen werden sehr schnell in Teams integriert.“ Das sei die Stärke der Software als Plattform.

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Der Plattform für Datenvisualisierung Power BI kommt dabei kommt dabei besondere Bedeutung zu. Sie ermöglicht die Entwicklung von Apps ohne Programmierkenntnisse – „No Code Development“ wird dieses Prinzip in der IT-Szene genannt. Selbst einzelne Mitarbeiter können damit Routinen programmieren und Arbeitsschritte automatisieren.

„Für die meisten Geschäftsprozesse braucht man sowohl die Software als auch die Menschen“, beschreibt Microsoft-Manager Teper die Strategie. Wenn etwa ein Sachbearbeiter im SAP-System Anträge genehmige, müsse er wissen, warum die Mitarbeiter den Antrag stellen. Der Dax-Konzern will daher sein gesamtes Portfolio für Kunden mit Teams kompatibel machen.

Für Microsoft ist es eine späte Genugtuung. Den Wettbewerb bei Smartphones hat der Softwarehersteller verloren, trotz Milliardeninvestitionen in Betriebssystem und Geräte – „das wird aber durch Teams geheilt“, sagt Avispador-Chef Oppermann. Die Software laufe auf allen relevanten Betriebssystemen und Geräten und ist nun selbst eine Plattform.

Mit dem Anspruch, die eine Benutzeroberfläche für Unternehmen zu bieten, ist Microsoft indes nicht allein. Auch Slack bietet eine Plattform für Geschäftsanwendungen. Allerdings kommt das Unternehmen ohne Hilfe nicht gegen den Riesen aus Redmond an und ist daher zu einem Verkauf an Salesforce bereit. Der Spezialist für Vertrieb- und Marketingsoftware will nun seinerseits eine „kollaborative Oberfläche“ bieten, wie es Gründer Marc Benioff formulierte.

Microsoft vergrößert Anteil an IT-Ausgaben

Für Microsoft ist Teams ein einträgliches Geschäft. Die Kommunikations-App mag zwar zunächst günstig oder im Paket mit der Bürosoftware Office 365 sogar kostenlos sein, die Zusatzfunktionen sind es vielfach nicht: Je umfangreicher die Nutzung, desto höher die Gebühren. „Microsoft will den Anteil an den IT-Ausgaben deutlich vergrößern“, sagt Oppermann.

Eine Basisversion von Teams ist beispielsweise kostenlos, wer allerdings Konferenzen aufzeichnen will, muss ein Paket des Dienstes Microsoft 365 für 4,20 Euro pro Nutzer und Monat verwenden. Damit sich Mitarbeiter von unterwegs per Telefon einwählen können, braucht es auch eine zusätzliche Funktion.

In einem Paket mit Windows, Office und Outlook, Funktionen für IT-Sicherheit und Compliance sowie der Datenanalyse per Power BI steigt der Preis auf rund 54 Euro pro Nutzer und Monat, wobei Großkunden zumeist Rabatte erhalten.

Wer Teams für zentrale Geschäftsprozesse nutzt, kann nur mit großem Aufwand zu einem anderen Anbieter wechseln – zumal die Mitarbeiter darüber Geschäftsprozesse automatisieren. Auf der Ignite mag die Konzernspitze über andere Themen reden als früher, als es noch um Windows ging – das Ziel ist indes gleich.

Gerade diese Bündelung verschiedener Produkte sorgt indes für Argwohn: So hat Konkurrent Slack bei der EU-Kommission eine Kartellbeschwerde eingereicht. Microsoft weist die Vorwürfe von sich. „Kunden schätzen es, dass Teams mit den Office-Anwendungen integriert ist und als Plattform für andere Apps offen ist – auch Google Docs funktioniert übrigens damit“, sagt Teper. „Als die Coronakrise kam, zeigte sich, dass unsere Strategie richtig ist.“

Mehr: Unternehmen begeben sich durch die Cloud in eine gewaltige und gefährliche Abhängigkeit.

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