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Amazon

Der Versandriese bietet über seinen Cloudservice AWS die Nutzung von Quantencomputern an.

(Foto: AFP)

Quantencomputer Amazon greift mit neuem Cloudservice im Quantencomputer-Geschäft an

Der Cloudservice Braket von Amazon verspricht einen schnellen Einstieg in die Zukunftswelt der Quantencomputer. Größter Kunde ist derzeit Volkswagen.
14.08.2020 - 15:54 Uhr Kommentieren

Düsseldorf, San Francisco Quantencomputer sind die große Verheißung in der IT-Welt. Sie sollen in Zukunft innerhalb von Minuten Aufgaben lösen, für die heutige Computer Tausende von Jahren benötigen würden. Tech-Größen wie Google, Microsoft und IBM arbeiten seit Langem an der Entwicklung der Wunderrechner, die schier unendliche Rechenleistung versprechen. Seit Donnerstag ist ein neuer großer Player im Quantencomputer-Markt dazugestoßen: Amazon.

Der Versandriese und Weltmarktführer im Cloud-Computing aus Seattle verkündete am Donnerstag den offiziellen Start seines Dienstes „Braket“, den zahlende Kunden der Cloud-Tochter AWS nutzen können. Vorgestellt im Dezember 2019 in Las Vegas auf der AWS-Hausmesse, hat das Produkt die Testphase verlassen. Und das an einem historischen Datum: Fast auf den Tag genau vor 39 Jahren, am 12. August 1981, stellte IBM seinen ersten „PC“ vor, der die Welt verändern sollte.

Der Clou: Amazon baut keine eigenen Quantencomputer. Stattdessen verbindet das Unternehmen die Quantencomputer von Spezialunternehmen wie D-Wave, IonQ und Rigetti mit der eigenen AWS-Cloud und bietet eine einheitliche Entwicklungsumgebung an. Anwender müssen nicht mehr die jeweilige Entwicklungsumgebung der Spezialunternehmen verwenden.

Im Prinzip funktioniert es so: Kunden entwickeln eigene Algorithmen, testen sie in der Cloud und lassen sie dann per Knopfdruck auf den Rechnern der Start-ups ausführen. Auf diese Weise können sich Unternehmen, ohne eigene Quantenrechner besitzen zu müssen, fit für die neue IT-Welt machen, die vielleicht schon in wenigen Jahren Realität sein könnte. Microsoft, Google oder IBM bieten solche Simulatoren schon länger an – aber nur mit ihrer jeweils eigenen Technologie.

„Amazon Braket soll ein Vehikel für die Entwicklung der Quantencomputer-Technologie sein“, sagt Simone Severini, Chef der Quantencomputer-Abteilung bei AWS, dem Handelsblatt. „Wir bieten unseren Kunden eine Möglichkeit, Algorithmen auf unterschiedlichen Technologien zeitgleich zu testen.“

Größter Kunde von Braket ist derzeit Volkswagen. Der Autobauer ist bereits seit Jahren auf dem Forschungsfeld aktiv und nutzt die Quantenrechner von Google und D-Wave. Florian Neukart, der von San Francisco aus das Quantencomputer-Engagement von VW verantwortet, spricht aber nicht von einem „Kundenverhältnis“: „Wir sind mehr ein wissenschaftlicher Partner“, erklärt Neukart im Gespräch.

Lange galten Quantencomputer als wissenschaftliche Spinnerei. Doch Fakt ist: Quantencomputer sind kein Traum mehr. Sie könnten in naher Zukunft Impfstoffe im Minutentakt erforschen, den Verkehr einer Millionenmetropole innerhalb von Sekunden simulieren oder Schwere und Ort von Erdbeben auf die Stelle hinter dem Komma genau vorhersagen.

Langer Forschungsweg

Die Entwicklung dieser Technologie findet gerade statt. Wer jetzt nicht einsteigt, wird den Rückstand nur schwer aufholen können. Das hat auch die Bundesregierung erkannt und plant deswegen, zwei Milliarden Euro in die Forschung zu investieren. Die USA und China haben ebenfalls milliardenschwere Forschungsprogramme aufgelegt.

Doch noch immer ist ein Problem ungelöst: Es gibt keinen Quantencomputer, der für kommerzielle Zwecke genutzt werden kann. Ihre Arbeitsweise ist für Laien schwer verständlich. Kann ein aktueller Computer nur mit den digitalen Zuständen „null“ oder „eins“, also mit Bits rechnen, werden Quantencomputer alle möglichen Zwischenstände annehmen können – und das sogar gleichzeitig.

Die sogenannten Qubits sind sozusagen hier und gleichzeitig dort. Heutige Prototypen müssen in riesigen Kühlkammern in der Nähe des absoluten Nullpunkts (minus 273 Grad Celsius) betrieben werden, sonst würden sie schmelzen.

Der Forschungsweg ist noch sehr lang. Experten rechnen erst in fünf bis zehn Jahren mit der Serienreife. Auch ist unklar, welcher technologische Ansatz sich durchsetzen wird. Zu viele technische Fragen sind ungelöst. Unter anderem bereiten auch die Qubits noch Probleme. Für sie muss der Weltall-ähnliche Zustand geschaffen werden. Andernfalls „zerfallen“ sie, und eine Berechnung wird unmöglich.

Für Amazon ist Braket wiederum eine Abkürzung. Denn während Google, IBM und Microsoft immer größere Fortschritte mit ihren Quantencomputern machen, hatte Amazon kein vergleichbares Angebot. Jetzt einen eigenen Quantencomputer zu entwickeln dürfte selbst für den solventen Versandriesen zu spät sein.

Amazon nutzt daher geschickt seine Stärken – und die liegen im Cloud-Computing. Die hyperschnellen Rechner sind der ideale Partner für die Computer in der Wolke, wo unbegrenzte Datenmengen zur Verarbeitung und Analyse vorgehalten werden können. Viele Experten sehen das als die Zukunft. Quantenrechner werden so teuer sein, dass nur wenige Konzerne sich eigene werden leisten können. Der Rest wird sie sich in der Cloud teilen.

Amazon senkt Einstiegshürde für Quantentechnologie

Amazon ist mit über 30 Prozent Marktanteil die Nummer eins im Cloud-Geschäft. Doch Microsoft und Google, Nummer zwei und drei, holen kontinuierlich auf. Amazon muss sein Momentum im Cloud-Geschäft beibehalten: Die Sparte lieferte im zweiten Quartal 2020 mit 3,4 Milliarden Dollar weit über 50 Prozent des operativen Konzernergebnisses von 5,9 Milliarden Dollar. Die Wachstumsdynamik lässt allerdings nach: Im Jahresvergleich legte AWS erstmals weniger als 30 Prozent in einem Quartal zu.

Amazon-Chef Jeff Bezos kann es sich also nicht leisten, wenn große Konzerne für ihre Quantenpläne zur Konkurrenz abwandern. Deswegen bindet er die vielversprechende Technologie ins Plattformgeschäft ein. Über Braket integriert er die Quantencomputer von D-Wave, IonQ und Rigetti in die AWS-Cloud und bietet eine einheitliche Entwicklungsumgebung an. Anwender haben damit weniger Entwicklungsaufwand. Amazon senkt mit Braket sozusagen die Einstiegshürde für die Nutzung dieser komplexen Technologie.

Für Kunden wie VW hat Braket den Vorteil, dass sie die unterschiedlichen Technologien auf ihre jeweiligen Vorteile austesten können. „Noch ist schwer abzuschätzen, welche Quanten-Technologie sich in Zukunft durchsetzen wird“, sagt VW-Forscher Neukart. „Mit Braket können wir vergleichen, auf welchen Rechnern unsere Algorithmen am besten funktionieren.“

Für D-Wave, IonQ und Rigetti wiederum – allesamt noch Start-ups – ist es eine Chance, ihren Kundenstamm zu erweitern. Denn jeder AWS-Kunde ist nun potenzieller Nutzer der Quanten-Spezialisten. Neben VW sind auch schon der italienische Energiekonzern Enel und das US-Biotechunternehmen Amgen frühe Kunden.

Amazons Lösung bietet auch die Möglichkeit, sogenannte „Hybrid-Algorithmen“ zu nutzen. Dabei wird die Rechenleistung von Quantencomputern und von klassischen Superrechnern kombiniert. Auf diese Weise können Beschränkungen, unter denen heutige Quantencomputer noch leiden, teilweise kompensiert werden. Und nebenbei wird auch die teure Rechenzeit der Quantenmonster auf ein Minimum reduziert.

Mehr: Die Forschungsministerin glaubt, dass Deutschland und Europa den derzeitigen Vorsprung von IBM und Google bei der Zukunftstechnologie aufholen können.

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