Quartalszahlen Amazon wächst dank Online-Shopping und Cloud-Computing

Im Heimatmarkt Nordamerika, wo die US-Regierung den Konsum in der Coronakrise mit billionenschweren Finanzhilfen für Verbraucher und Unternehmen ankurbelte, steigerte Amazon den Umsatz besonders stark.
Seattle Vor einem Jahr fand sich Amazon mit einer Mammutaufgabe konfrontiert: Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie kauften die Kunden so viel wie noch nie auf der Plattform des Versandhändlers ein. Die Herausforderung bestand darin, Lieferversprechen einzuhalten und gleichzeitig für sichere Arbeitsbedingungen für Hunderttausende von Angestellten in den Verteilzentren sorgen. „Es war die schwerste Zeit, die wir je hatten“, sagte Amazon-Chef Jeff Bezos später in einem Interview.
Nichtsdestotrotz ist der Konzern aus Seattle bislang hervorragend durch die Coronakrise gekommen: Zwischen Januar und März verzeichnete Amazon einen Umsatz von stolzen 108,5 Milliarden Dollar, 44 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Der Gewinn wuchs in dieser Zeit auf 8,1 Milliarden Dollar – mehr als doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum. Die Aktie reagierte nachbörslich zunächst mit einem Kurssprung um gut fünf Prozent.
Wie bereits in früheren Quartalen erwies sich auch diesmal Amazon Web Services (AWS), also das Geschäft mit dem Cloud-Computing, als Wachstumsmotor für Amazon. „Zahlreiche Firmen sind Partnerschaften mit AWS eingegangen und sind in unsere Datenwolke umgezogen, statt selbst ihre Technologie-Infrastruktur zu verwalten“, sagte Brian Olsavsky, Finanzchef des Konzerns, in einem Telefonat mit Investoren am Donnerstag. „Diese Entwicklung dürfte auch nach der Pandemie weitergehen.“
Die Erlöse von AWS wuchsen um fast ein Drittel auf 13,5 Milliarden Dollar; der Gewinn der Sparte stieg auf 4,2 Milliarden Dollar, ein Plus von 35 Prozent. So liegen sie vor Microsoft und Google. Das Geschäft mit Online-Werbung verbuchte sogar noch stärkeres Wachstum.
Im Heimatmarkt Nordamerika, wo die US-Regierung den Konsum in der Coronakrise mit billionenschweren Finanzhilfen für Verbraucher und Unternehmen ankurbelte, steigerte Amazon den Umsatz besonders stark. Doch auch international gab es kräftige Zuwächse.
Amazon gab zudem einen optimistischen Geschäftsausblick ab und stellte für das laufende Vierteljahr – trotz pandemiebedingter Sonderkosten in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar – einen Betriebsgewinn von bis zu 8,0 Milliarden Dollar in Aussicht. Auch bei den Erlösen schraubte das Unternehmen die Ziele weiter nach oben. Amazon rechnet mit einem Umsatzwachstum zwischen 24 und 30 Prozent auf bis zu 116 Milliarden Dollar. Der Konzern des Tech-Unternehmers Jeff Bezos zählt zu den großen Gewinnern der Coronakrise, durch die sich der Konsum noch stärker als ohnehin schon ins Internet verlagert hat.
Hohe Investitionen in die letzte Meile
Darauf angesprochen, an welchen Herausforderungen der Konzern in den kommenden Monaten arbeiten werde, sagte Olsavsky, dass man enorm in die letzte Meile investiere, also die Zustellung der Bestellungen bis zur Wohnungstür des Kunden. „Wir würden gerne Informationen bieten wie 'Ihre Bestellung ist noch acht Stops entfernt'.“ Zudem versuche Amazon, die Zahl der Bestellungen, die innerhalb von einem Tag ausgeliefert werden, wieder auf das Vor-Pandemie-Niveau zu bringen. In Europa habe man dies bereits erreicht, in den USA arbeite man noch daran.
Inzwischen kommt das Unternehmen mit weltweit mehr als 1,2 Millionen Mitarbeitern auf mehr als 200 Millionen Prime-Mitglieder, die gegen Gebühren unter anderem Zugriff auf schnellere Lieferungen und den Streamingdienst haben. Um die eigenen Mitarbeiter bei der Stange zu halten, will ihnen Amazon künftig mehr zahlen und dafür mehr als eine Milliarde Dollar in die Hand nehmen.
In der Pandemie wuchs nicht nur die Zahl der Kunden, sondern auch die Belegschaft: Amazon stellte 2020 rund 500.000 Mitarbeiter neu ein, die helfen sollten, die Flut an Kundennachfragen zu bewältigen. Inzwischen beschäftigt der Konzern rund 800.000 Angestellte in den USA und ist damit nach Walmart der zweitgrößte Arbeitgeber. Weltweit arbeiten rund 1,3 Millionen Menschen für Amazon.
Vor wenigen Wochen konnte Amazon auch an dieser Front einen wichtigen Sieg verbuchen: In Bessemer im US-Bundesstaat Alabama wendete der Konzern die Gründung der ersten Gewerkschaft in einer seiner Niederlassungen ab. Überraschend deutlich fuhr die dortige Arbeiterbewegung eine Niederlage ein. Bei der Präsentation der Quartalsergebnisse betonte Amazon nun, dass das Unternehmen in einem Ranking von Linkedin im vergangenen Jahr zum beliebtesten Arbeitgeber der USA ernannt worden sei.
Zudem hatte Amazon bereits am Mittwoch angekündigt, die Gehälter von 500.000 Angestellten zu erhöhen. Schon jetzt liegt das Einstiegsgehalt bei 15 Dollar pro Stunde, doppelt so hoch wie der Mindestlohn in manchen US-Bundesstaaten. Nun will Amazon den Stundenlohn noch einmal zwischen 50 Cent und drei Dollar anheben.
Im Februar hatte Unternehmensgründer Jeff Bezos völlig überraschend seinen Rückzug von der Firmenspitze angekündigt. Sein Nachfolger wird der bisherige Chef der Cloudsparte AWS, Andy Jassy.
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