Raumfahrt Josef Aschbacher wird der neue Chef der ESA

Seit 40 Jahren kommt mit dem Österreicher zum ersten Mal der Chef der ESA aus einem kleineren EU-Mitgliedsland.
Düsseldorf Auf einem Bergbauernhof am Wilden Kaiser wuchs Josef Aschbacher auf, als ältestes von sechs Geschwistern. Schon als Kind beobachtete er die Sterne, schaute sich fasziniert die Mondlandung im Fernsehen an. Zeit seines Lebens beschäftigte sich der Geophysiker mit dem Weltall, arbeitete seit 1990 für die Europäische Raumfahrtbehörde (ESA).
Jetzt wird der 58-Jährige der Chef der ESA, einer Institution, die eine überragende Stellung für eine Zukunftsbranche in Europa innehat. „Das ist eine große Aufgabe“, sagte Aschbacher, „es gibt viel zu tun.“
Noch ganze sechs Monate muss Aschbacher warten, bis er den Chefsessel einnehmen kann. Entsprechend vorsichtig drückte er sich in einer ersten Pressekonferenz über seine Pläne aus. „Ich möchte nicht der derzeitigen Führung in die Parade fahren“, sagte Aschenbacher.
Allerdings nannte der Österreicher einige Punkte, die er an seinem ersten Arbeitstag als Generaldirektor der ESA am 1. Juli 2021angehen will. So will er die Behörde mit 2300 Mitarbeitern und einem Jahresbudget von 6,7 Milliarden Euro „effizienter“ aufbauen. Auch will er die Zusammenarbeit zwischen ESA und der EU-Kommission und den Mitgliedsländern verbessern.
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Als weiteren Punkt möchte der Geophysiker die Kommerzialisierung der Raumfahrt in Europa „intensiv vorantreiben“. Auf die Frage „Warum gibt es kein Space X in Europa?“ werde er nach einer Antwort suchen.
Zahlreiche Start-ups nicht zuletzt in Deutschland werden das mit Interesse hören. So arbeiten Isar Aerospace, Rocket Factory Augsburg und HyImpulse an einem Microlauncher, kleinen Raketen, die Satelliten in eine niedrige Umlaufbahn bringen können.
Unstimmigkeiten zwischen Deutschland und Frankreich
Mit der Wahl von Aschbacher geht ein kleiner Machtkampf zwischen Deutschland und Frankreich mit einem Kompromiss zu Ende. Denn der Amtsantritt von Aschbacher ist mit dem vorzeitigen Abtritt von Jan Wörner verbunden. Der Deutsche leitete sechs Jahre lang die ESA, musste jetzt früher als geplant seinen Hut nehmen. Die Chemie stimmte nicht zwischen Wörner und dem Chef der französischen Weltraumbehörde, Jean-Yves Le Gall.
Aschbacher ist jetzt als Österreicher ein Kompromisskandidat. Ein Franzose als neuer Chef kam nicht infrage, weil bis 2015 mit Jean-Jacques Dordain bereits ein Landsmann die Behörde geführt hatte.
Die Akzeptanz von Aschbacher in der Behörde ist groß, der Österreicher verbrachte fast sein gesamtes Berufsleben bei der ESA. Dort verantwortete er seit 2016 als Direktor die Erdbeobachtung durch Satelliten sowie das Europäische Weltraumforschungsinstitut mit Sitz in der Nähe von Rom. Die Position war für ihn besonders interessant, hatte er dort doch 1990 als frischgebackener Akademiker angefangen.
Aschbacher hat Meteorologie und Geophysik an der Universität Innsbruck studiert. Dort schrieb er auch seine Dissertation – die er laut der „Tiroler Tageszeitung“ für drei Tage unterbrach, um bei der Heuernte auf seinen Elternhof zu helfen.
Die Arbeit mit der ESA brachte Aschbacher viel in der Welt herum. In verschiedenen Rollen arbeitete er in Thailand, Frankreich und Italien und entwickelte das für Klimafragen wichtige Satellitenprogramm „Copernicus“.
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