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Raumfahrtfirma Elon Musks SpaceX schießt vier Weltraumtouristen alleine ins All – es ist ein gewagtes Experiment

Drei Tage fliegen Touristen allein durch das Weltall – Elon Musks Raumfahrtfirma SpaceX will Geschichte schreiben. Das Projekt ist nicht ohne Risiko.
15.09.2021 - 04:00 Uhr 1 Kommentar
Der 38-jährige Milliardär Jared Isaacman finanziert den Flug. Quelle: dpa
Sian Proctor, Jared Isaacman, Chris Sembroski und Hayley Arceneaux (von links nach rechts)

Der 38-jährige Milliardär Jared Isaacman finanziert den Flug.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Am Sonntagmorgen rollten Rakete und Raumkapsel auf den Startplatz 39A in Cape Canaveral. Wenig später wurden sie aufgerichtet, 78 Meter hoch, und verankert. Am Montagmorgen erfolgte dann der statische Feuertest: Alle neun Merlin-Motoren wurden für wenige Sekunden erfolgreich gezündet. Auch das Wetter spielte mit.

Am Mittwochabend wird in Florida wohl Geschichte geschrieben: Erstmals geht ein „komplett ziviler Raumflug mit Menschen“ in den Himmel, wie es das Raumfahrtunternehmen SpaceX auf Twitter ausdrückte.

Vier Touristen werden in der Raumkapsel „Dragon“ sitzen. Ansonsten ist niemand mit an Bord – niemand mit Weltraumerfahrung oder einer Astronautenausbildung. Drei Tage lang wird das Quartett ganz auf sich und die SpaceX-Technik angewiesen sein. „Das ist etwas Besonderes“, sagt Ulrich Walter, Professor für Raumfahrttechnik an der TU München.

Im Vergleich dazu wirken die Touristenflüge von Jeff Bezos' Blue Origin und Richard Bransons Virgin Galatic vor wenigen Wochen wie Vorgeplänkel. Damals flogen die zahlenden Kunden nur in den suborbitalen Raum und hielten sich wenige Minuten in der Schwerelosigkeit auf.

SpaceX unternimmt dagegen eine Mission ins Weltall. Die vier Insassen sollen 570 Kilometer höher als die Internationale Raumstation ISS und mit mehr als 27.000 Kilometer pro Stunde um die Erde rasen. Sowohl die Rakete als auch die Kapsel von SpaceX wurden zuvor bereits bei anderen Flügen eingesetzt.

Für das von Elon Musk gegründete SpaceX steht viel auf dem Spiel. Bislang verdient das Unternehmen nur Geld mit Aufträgen der Weltraumbehörde Nasa, des Militärs und von Satellitenunternehmen. Auch baut es mit Starlink eine Satellitenkonstellation auf, um globales Breitbandinternet anzubieten. Der Tourismus ist eine neue Geschäftssparte. Der Flug ins All soll beweisen, dass jeder ein Astronaut sein kann.

Mit an Bord ist Jared Isaacman, Gründer und Chef der E-Commerce-Firma Shift4 Payments. Der 38-jährige Milliardär finanziert den Flug. Auch mit dabei ist Sian Proctor. Die 51-Jährige ist Geologieprofessorin und gewann einen Onlinewettbewerb von Shift4 Payments. Einst war sie eine Astronautenanwärterin bei der Nasa.

Am Mittwoch wollen vier Laien ins Weltall starten und gemeinsam drei Tage lang die Erde umkreisen. Quelle: dpa
Die Falcon 9-Rakete und die Dragon-Kapsel in vertikaler Position.

Am Mittwoch wollen vier Laien ins Weltall starten und gemeinsam drei Tage lang die Erde umkreisen.

(Foto: dpa)

Die restlichen beiden Plätze stiftete Isaacman dem St. Jude Children's Research Hospital in Memphis, einem führenden Krankenhaus in der Bekämpfung von Leukämie und anderen Krebserkrankungen von Kindern. Daher ist die 29-jährige Hayley Arceneaux mit dabei, die Knochenkrebs überstand und am St. Jude Hospital als Arzthelferin arbeitet.

Der letzte Platz wurde verlost. Durch Losverkäufe und Spenden kamen stolze 100 Millionen Dollar zusammen. Insgesamt gab es 72.000 Bewerber. Der 42-jährige Chris Sembroski zog das Gewinnerlos, ein Datenwissenschaftler des Rüstungskonzerns Lockheed Martin.

Mission kostet 60 bis 70 Millionen Dollar

Wie viel Isaacman für den Flug zahlt, ist nicht bekannt. Sehr wahrscheinlich wird SpaceX bei dem ersten Touristenflug weniger auf den Gewinn als auf den Werbeeffekt achten. Nach Berechnungen von Raumfahrtexperten kostet die Mission SpaceX insgesamt 60 bis 70 Millionen Dollar. Eine Summe, die sich Isaacman mit einem geschätzten Vermögen von 2,4 Milliarden Dollar gut leisten kann.

Auch wird SpaceX einen gewissen Risikoabschlag einräumen. Erstmals sind Touristen im Weltall ohne Begleitung unterwegs. Die Kapsel wird von SpaceX ferngesteuert und soll mit eigenen Motoren jederzeit wieder zurück auf die Erde gebracht werden können.

Allerdings bleibt ein Problem: Drei von vier Astronauten bekommen die Weltraumkrankheit. Schon nach wenigen Minuten in der Schwerelosigkeit kann Übelkeit auftreten, die 24 bis 36 Stunden anhalten und langfristig auch Rückenschmerzen oder Verdauungsstörungen hervorrufen kann.

Für jeden der Teilnehmer ist das eine völlig neue Erfahrung. Jeder muss entscheiden, ob, wann und wie viele Medikamente er dagegen einnehmen will. „Zum Umgang gehört ein bisschen Erfahrung“, urteilt Raumfahrtprofessor Walter, der in den Neunzigerjahren selbst Astronaut war.

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Die vier wurden in einem fünfmonatigen Training so gut wie möglich darauf vorbereitet. Auch übten sie das Verhalten in Notfallsituationen und bei anderen Vorfällen ein. In Interviews zeigte sich Isaacman zuversichtlich, ausreichend gewappnet zu sein. Allerdings: „In der Raumfahrt, wie auch sonst, kann halt immer etwas schiefgehen“, sagt Walter.

An die ISS können die Astronauten nicht andocken. Die dafür nötige Dockingstation wurde an der „Dragon“-Kapsel durch eine Aussichtsplattform ersetzt. Die Glaskuppel ermöglicht einen fantastischen Ausblick. „Näher kann man sich dem Weltall nicht fühlen“, sagte Musk.

Recycling von Raketen

Läuft der Flug reibungslos ab, schlägt SpaceX ein neues Kapitel auf: den Weltraumtourismus. Das 2002 von Elon Musk gegründete Raumfahrtunternehmen senkte durch innovative Ideen die Kosten für Raketenstarts und andere Technik deutlich.

Das gelang durch neue und bessere Verfahren wie das Recycling von Raketen. Die Falcon 9, die die Touristen transportiert, ist beispielsweise bereits auf ihrer dritten Mission. Zuvor hatte die Rakete zweimal GPS-Satelliten ins All gebracht. Nachdem sie die Kapsel „Inspiration 4“ – die ebenfalls bereits 2020 im Weltall war – abgesetzt hat, soll sie auf der schwimmenden SpaceX-Plattform „Just Read The Instructions“ landen.

Die Innovationskraft von SpaceX zahlt sich aus. Das Unternehmen mit Sitz in Los Angeles führte 24 der insgesamt 41 US-Raketenstarts in diesem Jahr durch, 2020 waren es 25 von 39. Stuften Risikokapitalgeber die Firma 2015 noch mit rund zehn Milliarden Dollar ein, so wurde sie vor wenigen Monaten mit 74 Milliarden Dollar bewertet. Zum Vergleich: Virgin Galactic vom englischen Unternehmer Richard Branson kommt auf gut sechs Milliarden Dollar.

Dazu gibt es noch einen weiteren, für die Touristen wichtigen Unterschied: Nach der Definition der Astronautenvereinigung „Association of Space Explorers“ muss man mindestens einmal um die Erde gekreist sein, um sich Astronaut nennen zu dürfen. Damit dürfen sich die vier SpaceX-Touristen nach ihrem Flug zu diesem erlesenen Kreis zählen – anders als die Weltraumtouristen bei Virgin Galactic oder Blue Origin.

Mehr: Wie Europa seine Zukunft im All vertrödelt

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  • Raketen-Tourismus
    Das ist wohl die effizienteste Art, unsere Atmosphäre zu verschmutzen.
    Auch dies wird in die Geschichte eingehen.

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