Service Now Bill McDermott will sein neues Unternehmen in eine Liga mit SAP führen

Der Manager war fast zehn Jahre Chef von SAP.
Düsseldorf Von den USA für ein paar Tage nach Europa, dann weiter nach Asien, schließlich zurück nach Hause: Bill McDermott, der sich selbst als „Global Traveler“ bezeichnet, ist wieder unterwegs. Der Manager war fast zehn Jahre Chef von SAP und machte das Unternehmen zum wertvollsten Dax-Konzern. Seit Oktober leitet er Service Now – und will den US-Softwareanbieter, der erst seit einigen Monaten im S-&-P-500-Index ist, zu einer ähnlichen Größe führen.
Nach einigen Monaten steht die neue Strategie. Nun gilt es, Kunden und Mitarbeiter davon zu überzeugen. „Wir sind in einer Position, in der wir die Unternehmenssoftwarebranche, wie sie bekannt ist, neu definieren können“, sagt McDermott dem Handelsblatt – sein Selbstbewusstsein ist so groß wie zu SAP-Zeiten. Auch die Erfahrungen beim deutschen Softwarehersteller dürften ihm nun zugutekommen.
Effizienter arbeiten
Bekannt geworden ist Service Now mit einer Plattform für IT-Abteilungen: Sie ermöglicht es, digitale Prozesse zu gestalten und zu automatisieren. Das Ziel sei es, dass „Menschen effizienter und besser arbeiten können“, heißt es in der Selbstbeschreibung. Ein Beispiel: Wenn ein Mitarbeiter einen neuen Bildschirm benötigt, soll er diesen bequem über eine App beantragen können.
Die Plattform wickelt alle Aufgaben von der Genehmigung über die Beschaffung bis zur Einrichtung ab. Dafür greift sie über Schnittstellen auf die Systeme von SAP und Salesforce, Microsoft und Oracle zu. Sie ist also eine Benutzerfläche für die vielfältige Unternehmenssoftware, einfach zu bedienen über die Cloud. Der Bedarf ist groß: Die IT in großen Organisationen ist durch eine Vielzahl unterschiedlicher Geräte und Plattformen gekennzeichnet.
IT-Service-Management wird diese Disziplin im Branchenjargon genannt. Der Marktforscher Gartner sieht Service Now hier als einen der führenden Anbieter. Das Unternehmen aus Santa Clara mitten im Silicon Valley hat in den vergangenen Jahren auch Lösungen für den Kundenservice und das Personalwesen entwickelt und eine Plattform aufgebaut, mit der Kunden eigene Workflows programmieren können.
McDermott ist überzeugt, dass sich dieses Prinzip auf zahlreiche weitere Aufgaben und Branchen übertragen lässt. „Es ist meine Vision, dass wir die Plattform, die erst für CIOs gedacht war, auf alle Ebenen des Managements erweitern, inklusive des CEO.“ Nicht nur IT-Prozesse vereinfachen, sondern die Arbeit besser machen – so lautet die Vision. Oder in der Muttersprache des Amerikaners: „We want to make work work better for people.“

Bill McDermott will den amerikanischen Softwareanbieter zu einer ähnlichen Größe wie SAP führen.
Ein hochrangiger Bankmanager habe ihm beispielsweise gesagt, dass er die papierbasierten Prozesse im Unternehmen neu denken wolle, berichtet der Amerikaner. In der gesamten US-Wirtschaft ergebe sich hier ein Marktpotenzial von mehr als 200 Milliarden Dollar. „Wir sind in einer Position, in der wir die Unternehmenssoftwarebranche, wie sie bekannt ist, neu definieren können“, kündigt er an.
Im Geschäftsjahr 2019 wuchs der Umsatz um 35 Prozent auf 3,46 Milliarden Dollar, das Nettoergebnis stieg von minus 27 Millionen auf 627 Millionen Dollar. Die Ambitionen sind weitaus größer: Schon bald seien zehn Milliarden Dollar realistisch, sagt McDermott. „Es wird nicht lange dauern, bis wir das schaffen.” Langfristig seien auch 20 oder 30 Milliarden Dollar möglich. Das ist die Größenordnung, in der sein bisheriger Arbeitgeber SAP spielt.
Bekanntheit steigern
Diese Vision will McDermott mit zwei konkreten Maßnahmen Wirklichkeit werden lassen. Zum einen plant Service Now weitere industriespezifische Lösungen, zunächst für die Finanzindustrie und die Telekommunikationsbranche, wo das Unternehmen bereits viele Kunden hat. „Wir werden in zehn weitere Branchen expandieren“, kündigt McDermott an.
Zum anderen will der Manager Service Now über die USA hinaus zu einem bekannten Namen machen. Bisher steuert das Nordamerikageschäft zwei Drittel zum Umsatz bei. „Überall, wo wir hingehen, expandieren wir“, sagt er. Die Verkaufsmannschaft, die derzeit 3850 Mitarbeiter umfasst, soll innerhalb eines Jahres um rund 40 Prozent wachsen. Parallel bemüht sich das Unternehmen um Partnerschaften mit IT-Dienstleistern wie Accenture und Deloitte, die auf der Plattform eigene Produkte entwickeln.
Dabei kommt McDermott seine Erfahrung zugute. „Was ich bei SAP gelernt habe: Größe! Es ist eines der globalsten Unternehmen auf der ganzen Welt.“ Zudem kann er auf ein umfangreiches Netzwerk zugreifen. „Ich bin bekannt, und die Chefs wollen wissen, was Service Now ist und was es leisten kann.“
Die Erschließung anderer Branchen hält Holger Mueller, Analyst bei Constellation Research, grundsätzlich für sinnvoll. „Es hilft massiv, dass die ITler das Tool kennen und gern für andere Nutzungsszenarien einsetzen.“ Das Unternehmen müsse aber Anwendungen mit ähnlich großem Automatisierungspotenzial wie dem Fallmanagement finden – und das sei nicht so einfach zu übertragen.
Die Investoren begeistern die Pläne jedenfalls. Der Aktienkurs ist binnen eines Jahres um 55 Prozent auf knapp 350 Dollar gestiegen, der Börsenwert liegt mit 66 Milliarden Dollar auf einem Rekordhoch. Die Grundlagen seien stark, urteilt die Großbank Credit Suisse – nun sorge das neue Management für Belebung.
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