Softwarehersteller SAP hebt Prognose zum dritten Mal in diesem Jahr an – Aktie steigt kräftig

Der Manager forciert die Umstellung auf das Cloud-Computing.
Walldorf Vor einem Jahr schockierte SAP die Aktionäre mit einer kräftigen Senkung der Prognose und der Ankündigung einer strategischen Neuausrichtung. Seitdem gelingt es dem Softwarehersteller aber regelmäßig, positiv zu überraschen.
So legte der wertvollste Dax-Konzern am Dienstag vorläufige Zahlen für das dritte Quartal vor, die die Erwartungen der Analysten deutlich übertrafen. Und er hob die Ziele leicht an – zum dritten Mal in diesem Jahr.
Dabei zeigte die Strategie, die der Vorstand um Christian Klein konzipiert hatte, offenbar Wirkung. Dass der Umsatz von Anfang Juli bis Ende September um fünf Prozent auf 6,84 Milliarden Euro stieg, verdankte SAP der starken Nachfrage nach Cloud-Produkten.
Die sind seit der Pandemie besonders gefragt, weil sie den Zugriff aus der Entfernung erleichtern und einen schnelleren Zugang zu Innovationen versprechen – beim Softwarehersteller stehen sie daher nun im Mittelpunkt.
Das Management sieht in den Zahlen eine Bestätigung der Strategie. „Kunden setzen für ihre Unternehmenstransformation in der Cloud auf die SAP. Wir erleben eine Rekordnachfrage nach unseren Anwendungen und unserer Plattform“, erklärte Konzernchef Christian Klein in einer Mitteilung. Es ist eine Bestätigung für den 41-jährigen Betriebswirt, der nach dem Kurssturz im vergangenen Jahr unter Rechtfertigungsdruck steht.
Die Aktionäre teilten die Einschätzung offenbar, der SAP-Kurs stieg bis Mittwochnachmittag um knapp vier Prozent auf 121,40 Euro und war damit einer der stärksten Werte im Dax 40. SAP habe mit den Quartalszahlen die Markterwartungen übertroffen, schrieb der Analyst Andrew DeGasperi von der Privatbank Berenberg in einer ersten Reaktion. Das starke Cloud-Geschäft habe dazu besonders beigetragen. Der Wandel des Geschäftsmodells sei auf einem guten Weg.
In der Tat macht SAP einen tiefgreifenden Wandel durch. Der Softwarehersteller, 1972 gegründet, verkaufte über Jahrzehnte Softwarelizenzen, die Unternehmen auf ihren eigenen Systemen installierten, und schloss zusätzlich langfristige Wartungsverträge ab. Doch die Kunden verlangen zunehmend Dienste aus der Cloud, die ihnen mehr Flexibilität bieten, finanziell wie technisch. In der Pandemie hat sich die Stärke dieses Modells gezeigt.
Der Dax-Konzern hat darauf reagiert – mit hohen Investitionen in die Infrastruktur und mit einer Vertriebsoffensive. Seit Januar gibt es mit „Rise with SAP“ ein Programm, das Unternehmen die Einführung von Cloud-Diensten erleichtern soll, auch und gerade bei geschäftskritischen Kernprozessen. Die Nachfrage sei hoch, es gebe zudem eine wachsende Zahl großer Kunden, erklärte der Softwarehersteller, ohne Details zu nennen.
Der Einfluss lässt sich aber erahnen. Im dritten Quartal steigerte SAP den Umsatz mit Cloud-Produkten um 20 Prozent auf 2,39 Milliarden Euro. Das Geschäft mit S/4 Hana Cloud, das bei dem neuen Angebot im Mittelpunkt steht, wuchs sogar um 46 Prozent auf 276 Millionen Euro – mit dem Programmpaket können Unternehmen ihre betriebswirtschaftlichen Prozesse steuern, es ist damit das Kernprodukt aus Walldorf.
Die Dynamik zeigt der Auftragsbestand noch deutlicher. Das Current Cloud Backlog, das die vertraglich zugesicherten Erlöse für die nächsten zwölf Monate anzeigt, stieg um 24 Prozent auf 8,17 Milliarden Euro.
Für S/4 Hana Cloud standen am Ende des Quartals mit 1,28 Milliarden Euro sogar 60 Prozent mehr in den Büchern. „Unser Cloud-Geschäft wächst immer schneller und hat zu unserem verbesserten Ausblick für das Gesamtjahr geführt“, sagte SAP-Finanzchef Luka Mucic.
Belastung für die Profitabilität
Durch die Umstellung sind dagegen klassische Softwarelizenzen weniger gefragt. Der Erlös sank im dritten Quartal um acht Prozent auf 0,66 Milliarden Euro. Einschließlich der Wartung, zu der sich Kunden langfristig verpflichten, verzeichnete SAP ein minimales Minus auf 3,52 Milliarden Euro. Das zeigt: Mit den Bestandskunden wird der Softwarehersteller noch auf Jahre gutes Geld verdienen.
Ein weiterer Effekt: Durch die Abonnements wird das Geschäft stabiler. Mittlerweile stuft der Konzern 77 Prozent des Umsatzes aufgrund langfristiger Verträge als „besser planbar“ ein.
Die Umstellung belastet allerdings die Marge, einerseits wegen der Investitionen, andererseits wegen der Umstellung auf ein ratierliches Modell. Im dritten Quartal kamen noch 700 Millionen Euro für Aktienoptionen hinzu, vor allem bei der Tochterfirma Qualtrics.
Das Betriebsergebnis sank somit um 15 Prozent auf 1,25 Milliarden Euro, die operative Marge um 4,3 Prozentpunkte auf 18,2 Prozent. Bereinigt um Sondereffekte konnte SAP etwas mehr operativen Gewinn einfahren.
Angesichts der robusten Entwicklung hob SAP die Prognose an. Die Spanne für die Erlöse aus dem Cloud-Geschäft liegt nun zwischen 9,4 und 9,6 Milliarden Euro, 100 Millionen Euro mehr als zuvor. Das Betriebsergebnis soll zwischen 8,1 und 8,3 Milliarden Euro liegen, ebenfalls eine leichte Verbesserung.
Unerwartet ist das nicht, die Jahresziele galten an der Börse als konservativ: Nach der drastischen Korrektur im vergangenen Jahr war deutlich Luft nach oben.
Die vollständigen Zahlen wird SAP am 21. Oktober veröffentlichen. Einige Details dürften Aktionäre und Analysten mit Interesse beobachten. Offen ist beispielsweise, wie sich das Geschäft der Geschäftsreiseplattform Concur entwickelt, die unter der Pandemie leidet. Auch die Partnerschaft mit dem Risikokapitalfonds Sapphire Ventures ist für den Kapitalmarkt relevant – der investiert Geld von SAP in Start-ups, oft mit beträchtlichen Erträgen.
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