Softwarehersteller Teamviewer überarbeitet Strategie – Marketingchefin geht

Der Softwarehersteller will wieder mehr ins Kernprodukt investieren.
Düsseldorf Im Zuge einer Neuausrichtung hat Teamviewer mehrere Veränderungen in der Führung angekündigt. Marketingchefin Lisa Agona werde den Vorstand verlassen, die Aufgaben übernehme der neue Vertriebschef, der derzeit gesucht werde, teilte der Softwarehersteller am Mittwoch auf seinem ersten Kapitalmarkttag mit.
Zudem hat der Konzern das Senior Leadership Team (SLT) verkleinert, das auf der Ebene unter dem Vorstand agiert. Ziel sei es, die Organisation wieder agiler und schlanker zu machen, begründete Vorstandschef Oliver Steil den Schritt. Vor einigen Wochen war bereits bekannt geworden, dass auch Finanzchef Stefan Gaiser mit Ablauf seines Vertrags im nächsten Jahr ausscheiden wird.
In den vergangenen Monaten hat das Unternehmen die Prognose zweimal nach unten korrigiert und zudem mehrere teure Sponsoringpartnerschaften angekündigt. Der Aktienkurs des MDax-Konzerns ist – trotz profitablen Wachstums – im Laufe des Jahres um 70 Prozent gesunken und notiert mit derzeit 13,70 Euro nahe dem Allzeittief.
Nun kalibriert Teamviewer die Strategie mit dem Programm Remax neu. Ziel sei, das Unternehmen „für das veränderte Marktumfeld nach der Pandemie erfolgreich aufzustellen“. Dafür werde man „bestimmte Wachstumsinitiativen wieder beschleunigen und die Kostenbasis stabilisieren“, teilte das Management am Mittwoch mit.
So sind Investitionen in die Software für Fernwartung und -zugriff geplant, die das Nutzererlebnis verbessern sollen. In diesem Segment hat der Wettbewerb zuletzt durch Anbieter wie Anydesk wie auch Zoom und Microsoft zugenommen. Auch an Technologien wie etwa Augmented Reality, die als Wachstumsbereiche gelten, arbeitet Teamviewer weiter. Die Forschung und Entwicklung außerhalb dieser Fokusprodukte wird dagegen eingestellt.
Teamviewer-Aktie notiert zeitweise fünf Prozent im Minus
Änderungen stehen auch in der Region Asien-Pazifik an, wo das Geschäft zuletzt stagniert hat: Eine neue Leitung soll eine neue Struktur aufbauen. Zudem sind mehrere Änderungen bei Vertrieb und Marketing geplant, beispielsweise eine Überarbeitung des Webshops und die Entwicklung von „Best Practices“ für die Verkäufer.
Die Sponsoringverträge mit dem englischen Fußballklub Manchester United und Mercedes, die bei den Aktionären mit Skepsis aufgenommen worden waren, verteidigte Teamviewer-Chef Steil dagegen: Die Marke sei bislang wenig bekannt und stehe auch nur für Fernzugriff – man wolle sie für mehr Produkte und Nutzungsszenarien einsetzen.
Der Manager betonte das Potenzial von Teamviewer: „Wir glauben, dass wir eine fantastische Firma sind.“ Der MDax-Konzern könne mit seiner Technologie für sichere Verbindungen von mehreren Megatrends profitieren, etwa der zunehmenden Vernetzung und der Digitalisierung von Geschäftsprozessen. Besonderes Potenzial sieht das Management im Geschäft mit Großkunden.
Den Ausblick fürs laufende Jahr bestätigte der Manager. Bei den fakturierten Umsätzen, Billings genannt, rechnet Teamviewer mit 535 bis 555 Millionen Euro, ein Plus von bis zu 20 Prozent. Die bereinigte Marge (Ebitda) soll zwischen 44 und 46 Prozent liegen. Das Unternehmen wächst also trotz der niedrigen Prognose weiter kräftig.
Das Management wird aber weiter Überzeugungsarbeit leisten müssen: Die Aktie fiel am Nachmittag um bis zu fünf Prozent.
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