Softwarekonzern Das SAP-Führungsduo baut um

Die Manager stellen den Vertrieb des Softwarekonzerns neu auf.
Düsseldorf Bei SAP endet die Weihnachtspause mit einer Reihe von Konferenzen: Verkäufer und Programmierer des Softwareherstellers stimmen sich am Jahresanfang bei „Kick-off-Meetings“ auf die kommenden Aufgaben ein.
Rechtzeitig dazu haben die beiden neuen Co-Chefs Christian Klein und Jennifer Morgan die Aufgaben ihres Vorgängers aufgeteilt und erste strukturelle Veränderungen angekündigt. Besonders im Blick: der Vertrieb.
„Our Next Chapter of Customer Success“ lautet der Betreff der E-Mail, die die beiden an die rund 100.000 Mitarbeiter verschickt haben. Die Kunden hätten deutlich gemacht, „dass sie sich eine fokussierte, vereinfachte SAP wünschen“, heißt es in dem Schreiben, das dem Handelsblatt vorliegt. Es gebe Verbesserungsbedarf dabei, „als EIN Team“ aufzutreten.
Die Vertriebler der Tochterfirmen Ariba und Fieldglass, die bislang relativ eigenständig agieren, werden daher in das Vertriebsressort Global Customer Operations integriert, wie es kürzlich bereits mit Success Factors und dem Bereich Customer Experience geschehen ist. „Wir sind davon überzeugt, dass wir so eine einheitlichere Kunden- und Mitarbeitererfahrung schaffen“, schreiben die beiden Manager, die im Oktober das Amt von Bill McDermott übernommen haben.
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Zudem wird der Marktforschungsspezialist Qualtrics stärker integriert. Dieser gehört seit der Übernahme im Januar 2019 für acht Milliarden Dollar zum Konzern. So wird die Managerin Maryann Abbajay Chefin eines „Swat Teams“ bei der Tochterfirma und direkt an Morgan berichten.
Ziel sei es, den globalen Vertrieb „bestmöglich zu unterstützen“ und die Kunden „weiterhin vom Mehrwert von Experience Management“ zu überzeugen. Der Begriff steht für die Analyse von Meinungen und Bewertungen zu Produkten, Firmen und Marken.
Weg mit Doppelstrukturen
Eine engere Verzahnung, bessere Absprachen: Für Christian und Jen, wie die Chefs intern genannt werden, steht das oben auf der To-do-Liste. Unter ihrem Vorgänger McDermott richtete sich SAP neu aus und übernahm für rund 30 Milliarden Euro mehrere Spezialisten fürs Cloud-Computing.
Dabei entstanden bei dem Softwarehersteller jedoch Parallelstrukturen in der Entwicklung wie im Vertrieb, was sich beim Produkt wie bei Auftritt bemerkbar macht. Nun werden die Tochterfirmen organisatorisch eng eingebunden.
SAP steht zwar finanziell sehr gut da, allerdings ist der Unmut der Anwender zuletzt deutlich bemerkbar gewesen. In den ersten Monaten betonten die Co-Chef daher stets, dass sie „den Kundenerfolg steigern wollen“, wie Morgan auf dem Kapitalmarkttag sagte. „Für nachhaltiges Wachstum braucht man glückliche und loyale Kunden“, pflichtete ihr Klein bei.
Gleichzeitig hilft die stärkere Verzahnung SAP dabei, die Produkte der Tochterfirmen an die fast 440.000 Kunden zu verkaufen. Gerade Qualtrics kann das gebrauchen: Eine Umfrage der Nutzergruppe in Großbritannien und Irland, UKISUG, förderte kürzlich zutage, dass nur sechs Prozent der Mitglieder darin einen möglichen Geschäftsnutzen sahen, während 43 Prozent der Mitglieder von der Übernahme nichts mitbekommen hatten – und das, obwohl das SAP-Management bei jeder Gelegenheit darüber redet.
Auch die Kundenorganisation DSAG beobachtet, dass Produkte wie Qualtrics und C/4 Hana bei den Mitgliedsunternehmen zwar zum Einsatz kommen, gegenüber Wettbewerbern aber „eher schwächer vertreten“ sind.
Prominente Abgänge
Morgan und Klein haben sich zudem die Aufgaben von McDermott aufgeteilt. Die Amerikanerin, die sich um den Kontakt zur Kundschaft kümmern soll, übernimmt die Verantwortung für das Marketing, der Deutsche für Kommunikation und Public Policy. Das Büro für Ethik und Compliance berichtet an sie, der Chief Security Officer mit seinem Team an ihn.
Im Zuge der Neuorganisation verlassen einige hochrangige Mitarbeiter SAP. Nick Tzitzon, der mehrere Jahre den Bereich Marketing und Kommunikation geleitet hat und als ein Vertrauter von McDermott gilt, ist nicht mehr dabei. Gleiches gilt für Strategiechef Deepak Krishnamurthy, der zuletzt zusätzlich als Chief Transformation Officer das Effizienzprogramm des Softwarekonzerns vorantreiben sollte.
Beobachter halten die Maßnahmen für einen guten ersten Schritt: „In der Vergangenheit traten sich häufig die verschiedenen Vertriebslinien auf die Füße – mit dem Endresultat eines verwirrten Kunden“, sagt Holger Müller, Analyst bei Constellation Research, der Kunden beim Umgang mit Unternehmenssoftware berät. „Eine bessere Abstimmung und Kommunikation mit den Kunden wird sicherlich gerne angenommen.“
Die Umstrukturierung des Vertriebs reiche aber nicht aus, betont der Analyst: „Die große Herausforderung für SAP wird die Organisation der Produktentwicklung sein.“ Hier bestehen nach wie vor Parallelstrukturen. Das erschwert die Integration der vielen Produkte, wie die Kunden sie fordern.
Dass noch mehr passieren muss, ist den beiden Co-Vorstandschefs Klein und Morgan aber offenbar klar. Sie ließen die Mitarbeiter bereits wissen: „Ihr werdet in den kommenden Wochen und Monaten häufiger von uns hören.“
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