Softwarekonzern Neues SAP-Führungsduo: Gegensätze ziehen sich an

Der ehemalige SAP-Chef McDermott hatte zunächst auch einen Co-Chef an der Seite, bevor er allein übernahm.
Düsseldorf Die Doppelspitze hat bei SAP Tradition. Mitgründer Hasso Plattner führte das Unternehmen einige Jahre gemeinsam mit Henning Kagermann. Auch Bill McDermott hatte zunächst mit Jim Hagemann Snabe einen Co-Chef an der Seite, bevor er allein übernahm. Nun gibt es beim Softwarehersteller erneut zwei CEOs: Christian Klein, 39, und Jennifer Morgan, 48.
Es sind die Gegensätze, die sich hier anziehen. In den Lebensläufen des Deutschen und der Amerikanerin gibt es wenig Parallelen, sieht man davon ab, dass beide rasch Karriere gemacht haben. Die beiden hätten gezeigt, dass sie sich perfekt ergänzen, erklärte Aufsichtsratschef Plattner seine Entscheidung. Nebenbei tariert die Ernennung das Machtverhältnis zwischen Deutschland und den USA, zwischen der Zentrale und dem wichtigsten Markt wieder neu. Auch wenn der Aufsichtsrat in der Vergangenheit wenig auf solche lokalen Befindlichkeiten geachtet hat.
Die Unterschiede sind augenscheinlich. Er ist Deutscher und hat in der Zentrale in Walldorf Karriere gemacht. Sie ist Amerikanerin und hat sich in der Niederlassung in Newton Square, Pennsylvania, bewährt. Er beschäftigt sich intensiv mit operativen Prozessen und beherrscht auch Controlling, sie hat dem Konzern in den USA eine Zertifizierung für Gleichstellung verschafft und gilt als talentierte Verkäuferin.
Beide Profile kann SAP gut gebrauchen in der jetzigen Situation, in der viele Kunden murren – aber auch generell als internationaler Konzern. Morgan steht für die amerikanische Seite. Sie leitete das Geschäft in den USA und Kanada erfolgreich und baute als Verantwortliche für Behörden die Kontakte in die Politik auf. Das Wirtschaftsmagazin „Fortune“ führte sie schon auf der Liste der „mächtigsten Frauen“, bevor sie bei SAP an die Spitze aufstieg.
Im Vorstand des Softwareherstellers leitete Morgan zunächst ab 2017 gemeinsam mit Adaire Fox-Martin den globalen Vertrieb. Im April übernahm sie die „Cloud Business Group“, in der SAP die großen Zukäufe der vergangenen Jahre bündelt. Einerseits hat sie sich also als Verkäuferin einen Namen gemacht, andererseits hat sie auch einen zentralen Bereich gesteuert. Zudem beherrscht sie den lockeren Auftritt, der in den USA und in der Softwarebranche geschätzt wird.
Christian Klein ist ein SAP-Gewächs
Ähnlich wie Bill McDermott ist ihr die deutsche Seite von SAP aber relativ fremd. Nach eigenem Bekunden ist sie einmal im Monat in der Zentrale. Die Rolle des deutschen Statthalters wird deswegen Christian Klein einnehmen. Der 39-Jährige hat sein gesamtes Berufsleben bei SAP verbracht: Er fing 1999 im Zuge eines dualen Studiums dort an und stieg dann zügig auf.
Nach einigen Stationen – unter anderem im Controlling – wurde er 2011 Finanzchef beim Personalsoftwareanbieter Success Factors, den der Konzern gerade übernommen hatte. Dort lernte er das Cloud-Geschäft von Grund auf kennen. Später übernahm er die Aufgabe, die verschiedenen Produkte zu integrieren, die Technik wie die Prozesse. Ab 2018 tat er das auch im Konzernvorstand. Damit steht er für das SAP-Versprechen, Produkte aus einer Hand zu liefern.
Damit die Doppelspitze funktioniert, ist das persönliche Verständnis wichtig. „Wir haben in der Vergangenheit extrem gut zusammengearbeitet“, betonte Klein im Gespräch mit dem Handelsblatt. Sie stimmte zu: „Ich glaube sehr stark daran, dass man dann, wenn zwei Menschen zusammenkommen, wirklich viel erreichen kann.“
Diese Aussagen sind nach Einschätzung aus informierten Kreisen keine Lippenbekenntnisse. Insider trauen den beiden Chefs zu, dass sie zu einem guten Team werden können. Das Konfliktpotenzial sei deutlich geringer als bei anderen Kombinationen.
Mehr: Bill McDermott hinterlässt einen Konzern, der strategisch und finanziell gut dasteht, aber unzufriedene Kunden hat – auf Christian Klein und Jennifer Morgan wartet viel Arbeit.
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