Spac in Deutschland Ferienhausplattform Hometogo kann an der Frankfurter Börse starten

Der CEO hat sich mit Hometogo für einen Spac-Börsengang entschieden.
Düsseldorf Der Ferienhausvermittler Hometogo kann in wenigen Tagen den großen Börsenversuch in Deutschland starten: Seit vor zwei Jahren in den USA ein riesiger Boom um Spacs entstanden ist, hat es in Deutschland noch keinen solchen Börsengang gegeben. Dabei übernimmt eine nur zu diesem Zweck gegründete Mantelfirma ein junges Unternehmen und verhilft ihm damit an den öffentlichen Kapitalmarkt. Für Start-ups gelten Spacs vor allem als schneller und kostengünstiger Weg an die Börse.
Die Berliner Firma von Mitgründer und CEO Patrick Andrae hat nun die letzte Hürde genommen. Die Aktionäre der von Investor Klaus Hommels gegründeten Mantelfirma haben der Übernahme einstimmig zugestimmt. Das Ergebnis und der Geldzufluss sei ein „Gamechanger“, sagte Andrae am Montag.
Allerdings wollten knapp 37 Prozent der Aktionäre ihre Anteile an der Mantelfirma nicht gegen Hometogo-Aktien eintauschen. Ihr Ausstieg bedeutet für die Ferienhausplattform Mindereinnahmen von etwa 100 Millionen Euro. Statt der geplanten 350 Millionen Euro wird Hometogo nur gut 250 Millionen Euro einsammeln. Damit will die Firma unter anderem Akquisitionen tätigen.
Im Vergleich zu vielen anderen Spacs ist die Rückgaberate bei Hometogo sehr gut: Laut der Citi-Bank verlassen heute rund 70 bis 90 Prozent der Spac-Aktionäre das Finanzvehikel wieder, wenn das Ziel der Investition feststeht. Dieser Trend habe sich seit dem Frühjahr noch verstärkt. Beim Münchener Flugtaxiunternehmen Lilium, das am Mittwoch in New York per Spac an die Börse geht, gaben knapp zwei Drittel der Aktionäre ihre Anteile an der Mantelfirma Qell vor der Fusion zurück. Wie Lilium erhalten derzeit viele deutsche Start-ups Spac-Angebote aus den USA.
Klaus Hommels hat sich dagegen vorgenommen, das Instrument zusammen mit Hometogo in Europa auszuprobieren, zu erklären und dann hier populär zu machen. Mit seiner Wagniskapitalfirma Lakestar mit Sitz in Berlin, Zürich und London gehört er zu den prominentesten Investoren Europas. Zwei Ziele stehen für ihn im Vordergrund: Einerseits mehr junge Firmen mit europäischem Geld zu finanzieren. Andererseits jedermann die Chance zu bieten, in sehr junge Firmen mit großem Wachstumspotenzial zu investieren.
Wie funktioniert ein Spac?
Während der Börsengang per Spac insbesondere für junge Firmen unkomplizierter sein soll als ein herkömmlicher Börsengang, erscheint das Vehikel Außenstehenden häufig zunächst als komplex. Stark vereinfacht erfolgt ein Spac-Börsengang in sechs Schritten:
- Eine Special Purpose Acquisition Company (Spac) wird gegründet und an die Börse gebracht. Dabei gibt sie bekannt, in welchem Bereich sie ungefähr aktiv werden will und sammelt diese von Anlegern Geld ein. Meist kostet eine Aktie zehn Dollar beziehungsweise zehn Euro.
- Mit dem Geld gehen die Initiatoren auf die Suche nach einem Start-up, das sie übernehmen wollen.
- Die Übernahmeabsicht wird bekanntgegeben.
- Sobald das konkrete Übernahmeziel bekannt ist, werben die Initiatoren in der Regel zusätzlich noch eine sogenannte Pipe-Finanzierung von großen Finanzinvestoren ein.
- Dann müssen die Inhaber von 51 Prozent des Aktienkapitals zustimmen. Wer von dem Start-up nicht überzeugt ist, kann ohne Verluste aussteigen. (Die Pipe-Investoren haben diese Möglichkeit nicht.)
- Spac und Start-up fusionieren, damit ist der Börsengang vollzogen.
Gewissermaßen kaufen die Aktionäre eines Börsenmantels anfangs sprichwörtlich die Katze im Sack. Sie können allerdings ihr Geld zurückverlangen, wenn sie sich die Katze genau angeschaut haben. Auch wenn das Marktumfeld oder ihre finanzielle Situation sich in der Zwischenzeit geändert hat oder sie einfach keine Lust mehr auf die Spac-Investition haben, können sie aussteigen. So betrachtet ist das Vehikel sehr anlegerfreundlich.
Trotzdem gibt es auch große Kritik an Spacs. Das liegt daran, dass die Initiatoren das Vehikel so konstruieren können, dass sie unabhängig von der Börsenentwicklung der übernommenen Firma hohe Erlöse generieren. Beim Lakestar-Spac ist das ausgeschlossen: Hommels hat seine Erlöse an den Erfolg von Hometogo gekoppelt.
Noch im September soll die Fusion abgeschlossen und der Börsengang von Hometogo vollzogen werden. Dann wird sich zeigen, ob die Wette aufgeht. Der Investor sowie die Berliner Firma selbst setzen dabei auf einen Reiseboom in der ausgehenden Corona-Pandemie. Die Nachfrage nach Ferienhäusern auf der Plattform ist auch im vergangenen Jahr gestiegen.
Mehr: Hometogo-Chef Andrae zum Spac-IPO: „Natürlich war Geschwindigkeit ein Argument“
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