Start-up-Konzern Nadelstich für Oliver Samwer: Kleinaktionäre erzwingen Dividende bei Rocket Internet

Der Chef von Rocket Internet erhält Gegenwind von den Minderheitsaktionären.
Hamburg Die Aktie von Rocket Internet wird seit Monaten nicht mehr an der Frankfurter Börse gehandelt. Die Hoffnung von Vorstandschef Oliver Samwer, mit dem Rückzug mehr Ruhe zu bekommen, geht allerdings nur teilweise auf. Auf der Hauptversammlung am Freitag versetzten ihm die Kleinaktionäre einen Nadelstich.
Die Minderheitsaktionäre haben die Auszahlung einer Garantiedividende per Gegenantrag durchgesetzt. Danach wird der Start-up-Konzern nun vier Cent je Aktie auszahlen – insgesamt 4,3 Millionen Euro. Ursprünglich war das in der Einladung zur Hauptversammlung nicht vorgesehen.
Samwer schloss sich dem Gegenantrag schließlich an. „Diesmal konnte sich Samwer nicht herauswinden, weil eine Anfechtungsklage drohte“, sagte Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) dem Handelsblatt. Wegen des dominanten Haupteigners hätten die Kleinaktionäre laut Aktienrecht ein Recht auf die Zahlung.
Es sei „erfreulich, dass etwas gezahlt worden ist. Aber mehr wird es auch in Zukunft nicht geben“, kommentierte Kunert, der bereits vor zwei Jahren eine Dividende gefordert hatte. Samwer verzichtete auch auf von ihm vorgeschlagene Kapitalmaßnahmen. Rocket Internet teilte auf Anfrage mit, als „private Gesellschaft“ veröffentliche und kommentiere man keine Hauptversammlungsbeschlüsse.
Im vergangenen Herbst hatte das Berliner Unternehmen selbst den Aktionären ein Rückkaufangebot zum Kurs von 18,57 Euro gemacht und so den Rückzug aus dem Frankfurter Handel eingeleitet. Samwer begründete das damit, dass Rocket Internet inzwischen ausreichend alternative Finanzierungsmöglichkeiten habe und so Aufwand und Publizitätspflichten spare.
Aktionärsschützer hatten den ungewöhnlichen Schritt deutlich kritisiert, weil der Aktienkurs in den vergangenen Jahren merklich zurückgegangen war. Aktionäre, die wegen des Delistings ausstiegen, mussten so oft Verluste hinnehmen. Derzeit jedenfalls fahren die Aktionäre besser, die auf das Angebot nicht eingegangen sind.
Absichten von Investor Singer bleiben unklar
Denn trotz des Börsenrückzugs in Frankfurt ist die Aktie noch an der kleinen Hamburger Börse notiert. Dort hat das Papier seit Ende 2020 einen deutlichen Kurssprung von 20 auf knapp 27 Euro hingelegt.
Grund für das Kursplus ist der Einstieg des aktivistischen US-Investors Paul Singer kurz vor dem Jahreswechsel. Sein Hedgefonds Elliott hält 15 Prozent an der Aktie. Welche Absicht er bei Rocket Internet verfolgt, ist weiter unklar. Der Fonds kommentierte die Beteiligung an Rocket Internet bislang nicht. Spekuliert wird, dass Singer auf ein höheres Rückkaufangebot hofft.
Singer ist bekannt, seit er erfolgreich auf die Staatspleite Argentiniens wettete. In Deutschland ist er ebenfalls aktiv: 2019 nutzte er die Glyphosat-Krise, um Druck auf Bayer zu machen. Bei Thyssen-Krupp beschleunigte er die Sanierung, bei Scout24 die Aufspaltung des Unternehmens. Erst kürzlich stieg er beim Dax-Konzern Deutsche Wohnen ein, der vor der Übernahme durch Vonovia steht.
Das Geschäftsmodell von Rocket Internet ist es, Start-ups zu gründen und groß zu machen – und sie schließlich zu verkaufen oder an die Börse zu bringen. Daher ist das Ergebnis stark von den Bewertungen dieser jungen Unternehmen abhängig.
Die jüngsten veröffentlichten Zahlen beziehen sich auf die ersten drei Quartale 2020. Bei 72,7 Millionen Euro Umsatz kam Rocket Internet auf ein Vorsteuerergebnis von 15,8 Millionen Euro nach 285 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.
Samwer war Ende 2020 mit 49,6 Prozent über seine Gesellschaft Global Founders Haupteigner. Auch Merrill Lynch und der Hedgefonds 683 Capital Partners hielten Aktienpakete. 20,5 Prozent der Anteile gehörten dem Unternehmen durch den Rückkauf selbst. Der Streubesitz lag bei 5,1 Prozent.
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