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Start-up Wie der Onlinehändler Autodoc den Weg an die Börse schaffen will

Mit dem Ersatzteilhandel übers Netz hat Autodoc ein lukratives Geschäft aufgebaut. Nun will die Firma vermehrt Werkstätten beliefern – eine Wachstumsstory für die Börse?
30.08.2021 - 18:31 Uhr Kommentieren
Autodoc will nun auch an Werkstätten verkaufen. Quelle: © 2021 Bloomberg Finance LP
Autodoc

Autodoc will nun auch an Werkstätten verkaufen.

(Foto: © 2021 Bloomberg Finance LP)

Düsseldorf Das Geschäft mit Gebrauchtwagen und Ersatzteilen hat traditionell einen zweifelhaften Ruf. Der Onlinehändler Auto1 hat jedoch gezeigt, dass es sich für das Börsenparkett eignet. Anfang des Jahres gelang ein milliardenschwerer Börsengang.

Es könnte ein wichtiges Signal für die Branche gewesen sein. Denn: Beim Ersatzteilverkäufer Autodoc steht womöglich die nächste große Emission an. An den Finanzmärkten ist zu hören, dass für den Herbst ein IPO geplant sei. Die Nachrichtenagentur Reuters taxiert die mögliche Bewertung auf rund fünf Milliarden Euro, bei Bloomberg heißt es, das Unternehmen strebe sogar bis zu zehn Milliarden Euro an.

Autodoc kommentiert die Berichte nicht. Einige Signale deuten aber auf geschäftige Vorbereitungen hin. So hat das Unternehmen mit Christian Gisy einen erfahrenen Manager als Co-Chef geholt, und seit Kurzem ist mit Bert Althaus ein Finanzchef dabei, der etwa vom Börsengang bei Home24 den Umgang mit den Finanzmärkten kennt.

Und: Das Management präsentiert in der Öffentlichkeit eine Wachstumsstrategie für die nächsten Jahre. Das Geschäft mit Werkstätten und Flottenbetreibern biete großes Potenzial, gibt Gisy im Gespräch mit dem Handelsblatt ein Beispiel. „Deswegen wollen wir das Marktsegment B2B für uns deutlich professionalisieren.“

Bereits jetzt läuft das Geschäft gut, wie Zahlen zeigen, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegen: Im Geschäftsjahr 2020 wuchs der Umsatz um 38 Prozent auf 842 Millionen Euro, die Umsatzrendite stieg von 5,1 auf 6,5 Prozent. Unterm Strich stand ein Konzernüberschuss von 55 Millionen Euro.

Ein untypisches Start-up

Berlin hat in den vergangenen Jahren mehrere börsennotierte E-Commerce-Unternehmen hervorgebracht. Doch bei Autodoc, 2008 von Alexej Erdle, Max Wegner und Vitalij Kungel gegründet, ist vieles anders gelaufen als etwa bei Zalando oder Home24.

Die drei Spätaussiedler haben keine Verbindung zur Start-up-Fabrik Rocket Internet, sie haben keine private Business-Hochschule besucht und auch nie Wagniskapital aufgenommen. Das Wachstum finanzierte das Unternehmen von Anfang an aus dem Cashflow – die Firma gehört somit zu 100 Prozent den drei Gründern.

Die Geschäftsidee basierte auf einer einfachen Beobachtung: Ersatzteile waren im Fachhandel deutlich teurer als im Internet – aber im deutschsprachigen Raum gab es kaum Händler, die technisch affine Privatnutzer belieferten. Also bauten die Gründer 2008 selbst ein Portal auf. Kungel übernahm den kaufmännischen Bereich, Wegner die IT, Erdle als ausgebildeter Kfz-Mechaniker brachte das Branchenwissen mit.

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Nach 13 Jahren bedient Autodoc Kunden in 27 Ländern und ist nach Einschätzung der Boston Consulting Group (BCG) die Nummer eins in Europa, vor Anbietern wie Oscaro aus Frankreich und „kfzteile24.de“. Diesen Erfolg führt Gründer Erdle zum einen auf die Produktpalette von mehr als vier Millionen Teilen zurück, zum anderen auf den Kundenservice: Wer noch nicht genau wisse, was er brauche, der könne sich von Fachleuten helfen lassen. Viele Teile seien in der App auch in 3D dargestellt.

Der Markt ist lukrativ, BCG schätzt den Umsatz der Werkstätten mit Ersatzteilen und Arbeitskosten in Europa auf 225 Milliarden Euro, bei einem konstanten Plus von ein bis zwei Prozent pro Jahr. Der Fuhrpark wachse weiterhin leicht, insbesondere in Osteuropa, sagt Albert Waas, der als Partner der Beratungsgesellschaft auf die Automobilbranche spezialisiert ist. Gleichzeitig nehme das Alter der Fahrzeuge weiter zu – und somit der Wartungs- und Reparaturbedarf.

Große Onlinehändler profitieren von zwei Trends. Erstens nimmt der Digitalvertrieb – wie in so vielen anderen Lebensbereichen – deutlich zu: Derzeit werden in Europa fünf bis zehn Prozent der Ersatzteile übers Netz verkauft, je nach Markt. „Wir glauben, dass der Anteil in den nächsten zehn Jahren auf 20 Prozent wachsen wird – da entsteht eine sehr attraktive Opportunität“, sagt Waas. Zweitens erwarten Experten eine Konsolidierung der zersplitterten Branche, von der die großen Anbieter profitieren dürften.

Das B2B-Geschäft als Zukunftsmarkt

Bisher richtet sich Autodoc vorrangig an Endkunden (B2C). Das sind vor allem Männer, die selbst gekaufte Bremsschreiben oder Achsaufhängungen selbst einbauen, sich von Bekannten helfen lassen – oder die Teile in die Werkstatt bringen, um Geld zu sparen.

Der Ersatzteilhändler will aber verstärkt Unternehmen wie Werkstätten und Flottenbetreiber ansprechen, etwa mit eigenen Websites und Apps. „Der Großteil des Wachstums liegt im B2B-Bereich“, sagt Gisy.

Um Werkstattbetreiber zu überzeugen, muss Autodoc allerdings noch Zweifel ausräumen: Zuletzt häuften sich negative Bewertungen für den Service. Man nehme Kundenbeschwerden ernst, betont Mitgründer Erdle. Seit anderthalb Jahren kümmere sich ein eigenes Team dezidiert darum und recherchiere, woher etwaige Unzufriedenheit herrühre. Zum Teil entstehe diese auch durch Störfälle in der Wertschöpfungs- und Lieferkette. Darum werde Fehlerquellen im eigenen Unternehmen und bei Dienstleistern nachgegangen.

Die Erweiterung des Geschäftsmodells ist Chance und Sicherheitsmaßnahme zugleich. Der Automarkt verändert sich massiv und damit auch das Reparaturgeschäft. Zum Nachteil für Hobbyschrauber werden Fahrzeuge immer komplexer. Zudem werden in den nächsten Jahren immer mehr Fahrzeuge Elektromotoren an Bord haben, die kein Getriebe benötigen, aber eine große Batterie.

Die neuen Technologien verändern den Markt. „Ein Elektroauto erzeugt rund 50 Prozent weniger Wartungskosten“, nennt BCG-Partner Waas ein Beispiel. Hinzu komme, dass es durch neue Assistenzsysteme immer weniger Unfälle gebe – und damit weniger Reparaturen. Mit einigen Jahren Verzögerung dürfte das auch ein Thema für Autodoc werden. „Der ganze Markt ist wahnsinnig im Umbruch, wir bereiten uns darauf vor“, sagt Gisy.

Börsengang als „logische Weiterentwicklung“?

Die aktuellen Börsengerüchte und die mögliche Fünf-Milliarden-Euro-Bewertung kommentiert das Management nicht direkt. „Ein Börsengang könnte eine logische Weiterentwicklung der Autodoc-Story sein“, sagt Co-Chef Gisy aber, der als Finanzchef beim Digitalunternehmen Scout24 einen Börsengang begleitet hat. Damit könnten die drei Gründer ihr Werk „krönen“. Und die Stimmung am Markt sei so gut wie lange nicht mehr, „die Aufnahmefähigkeit ist hoch“.

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Im Mai sagte indes mit Meinauto ein anderer Börsenaspirant im digitalen Autogeschäft seinen geplanten IPO kurzfristig ab. Als Begründung wurden die „ungünstigen Marktbedingungen für wachstumsstarke Unternehmen“ angeführt.

Bei Autodoc, das stets ohne fremdes Geld ausgekommen ist, sieht man das ganz entspannt. „Jede Order, die bei uns eingeht, ist profitabel“, betont Manager Gisy mit Blick auf die fortdauernde Profitabilität der Firma.

Mehr: Fulminanter Börsengang in Frankfurt: Auto1 startet mit Kurssprung von 45 Prozent

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