Suchmaschinenkonzern Cloud-Dienste und Erneuerbare Energien: Google investiert eine Milliarde Euro in Deutschland

Philipp Justus, Vice President Google Zentraleuropa, steht anlässlich der Vorstellung des Investitionsplans für Google Deutschland zusammen mit Eveline Metzen, Director Government Affairs and Public Policy, Google DACH, Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung Deutsche Energieagentur (DENA), Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen), Berliner Wirtschaftssenatorin, und Jörg Steinbach (SPD), Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg, bei einem Fototermin vor der Hauptstadtrepräsentanz von Google in Berlin-Mitte.
Düsseldorf Die Machtverhältnisse sind klar: Bei IT-Infrastruktur aus der Cloud ist Amazon Web Services (AWS) führend, erst dahinter folgt Microsoft und dann schließlich Google. Doch das Tochterunternehmen des Alphabet-Konzerns will aufholen, und Deutschland spielt dabei eine wichtige Rolle.
Am Dienstag kündigte Google an, bis 2030 mehr als eine Milliarde Euro in Deutschland zu investieren. Das Geld fließt einerseits in neue Rechenzentren, die die wachsende Nachfrage bedienen sollen. Andererseits investiert Google in eine Partnerschaft mit dem Energieversorger Engie. Die soll gewährleisten, dass die Server ab Ende des Jahrzehnts vollständig mit regenerativem Strom laufen.
Es handle sich um das größte Investitionspaket seit der Gründung der deutschen Niederlassung vor 20 Jahren, hieß es bei der Vorstellung des Programms. Kurz: Google setzt auf das Cloud-Geschäft – und achtet dabei besonders auf Nachhaltigkeit.
In der Politik stieß Google mit der Ankündigung auf Zustimmung. „Ich freue mich sehr, dass Google auf den Standort Deutschland setzt“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Die Summe sei ein starkes Signal. Zudem zeige die Zusammenarbeit mit Engie, dass grüne Energie „längst ein zentraler Faktor für die Standortwahl“ sei.
Alphabet erwirtschaftet einen Großteil des Umsatzes mit Werbung. Allerdings bemüht sich Konzernchef Sundar Pichai, das Cloud-Geschäft auszubauen, und warb dafür 2019 mit Thomas Kurian einen erfahrenen Technologiemanager bei Oracle ab. Der richtete die Sparte an den Bedürfnissen der Unternehmenskunden aus, wie er kürzlich dem Handelsblatt berichtete.
Neue Rechenzentren für die Hauptstadt
Mit Erfolg: Das Geschäft wächst inzwischen stark, auch in Deutschland, wo Unternehmen wie die Deutsche Bank, Lufthansa, Eon und Otto zu den Kunden zählen. Um sich für die Nachfrage zu rüsten, baut der Konzern nun die Infrastruktur aus.
Zum einen entsteht in Hanau ein neues Rechenzentrum, das im kommenden Jahr betriebsbereit sein und die Kapazitäten der Region Frankfurt erhöhen soll. Zum anderen richtet das Unternehmen in Berlin und Brandenburg eine sogenannte Rechenzentrumsregion mit mehreren Standorten ein.
Google investiert bis 2030 eine Milliarde Euro in den Standort Deutschland
Gerade in der Hauptstadt sei die Nachfrage von Unternehmenskunden sehr hoch, sagte Philipp Justus, der bei Google das Zentraleuropa-Geschäft leitet. Die Nähe zu den Kunden soll eine hohe Leistungsfähigkeit garantieren, etwa durch geringe Verzögerungen bei der Datenübertragung.
Weil Rechenzentren massive Stromfresser sind, will Google einen Teil der angekündigten Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Energien stecken. Gemeinsam mit der Deutschlandtochter des französischen Energiekonzerns Engie sollen dafür bis 2030 mehr als 140 Megawatt (MW) Solar- und Windenergie aufgebaut werden.
So soll sichergestellt werden, dass „ab 2022 zu jeder Stunde rund 80 Prozent der an die Google-Infrastruktur gelieferten Energie aus CO2-freien Quellen stammen“, so das Unternehmen. Bis 2030 soll die Versorgung mit grünem Strom rund um die Uhr gewährleistet sein. „Das ist ein noch größeres Ziel, als nur CO2-neutral zu sein“, betonte Justus.
Viele Projekte für Versorgung mit Ökostrom
Es ist eins von vielen Projekten, um die CO2-Bilanz des Technologiekonzerns zu verbessern. Seit 2017 gleicht Google bereits seinen weltweiten jährlichen Stromverbrauch durch den Einkauf von Ökostrom aus.
Immer mehr Silicon-Valley-Giganten schließen dafür Direktstromlieferverträge ab, auch Power Purchase Agreements (PPA) genannt, die eine langfristige Abnahme des Ökostroms zu einem vereinbarten Festpreis vorsehen. Für die erneuerbaren Energien sind PPAs der Weg in die lang ersehnte Wirtschaftlichkeit, für Konzerne wie Facebook, Amazon, Microsoft und Google sind sie der Weg zu einem grünen Gewissen.
Auch wenn der Fokus meist mehr auf der Autobranche, der Stahlindustrie oder dem Kohlebergbau liegt, sorgt Big Tech für einen großen Teil des CO2-Ausstoßes. Laut dem Thinktank The Shift Project ist die Digitalbranche schon heute für knapp vier Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich – der zivile Luftverkehr erzeugt weniger. Umweltschützer gehen davon aus, dass sich der Anteil der weltweiten Rechenzentren am globalen Stromverbrauch innerhalb der nächsten zehn Jahre von vier auf acht Prozent verdoppeln wird.
Die Tech-Riesen haben das Problem erkannt und kaufen schon seit Jahren immer mehr Grünstrom ein. So hat Youtube bereits vor zwei Jahren komplett auf eine nachhaltige Energieversorgung umgestellt. Und auch Apple und Microsoft stocken für ein grünes Gewissen auf. Amazon, vor Jahren von Greenpeace noch wegen eines hohen Anteils von Atom- und Kohlestrom gescholten, hat inzwischen mehr als die Hälfte der Rechenzentren auf erneuerbare Energie umgestellt.
Weil die Wind- und Solarparks oft in weiter Entfernung zu den eigentlichen Rechenzentren gebaut werden, verändere sich oft wenig am lokalen Strommix. Ein Windpark irgendwo auf der Welt bedeutet schließlich nicht, dass lokal nicht trotzdem fossiler Strom verbraucht wird. Dem will Google in dem Fall entgegenwirken – mit einer neuen 39-MW-Photovoltaikanlage und dem Erhalt von insgesamt 22 Windparks.
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