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Technologie Infineon: So drängt der Chiphersteller ins Geschäft mit Quantencomputern

Der Chipmarkt ist aktuell fest aufgeteilt, doch Quantencomputing sorgt für Disruption. Der Dax-Konzern Infineon könnte sich sogar an die Spitze forschen.
26.03.2021 - 10:00 Uhr Kommentieren
Deutschlands größter Halbleiterhersteller forscht europaweit mit Partnern, um eines Tages Chips für Quantencomputer zu verkaufen. Quelle: dpa
Infineon-Chip

Deutschlands größter Halbleiterhersteller forscht europaweit mit Partnern, um eines Tages Chips für Quantencomputer zu verkaufen.

(Foto: dpa)

München In herkömmlichen Rechnern spielen Computerchips aus Deutschland keine große Rolle. Wenn in ein paar Jahren die ersten Quantencomputer entstehen, soll das anders werden. Der Münchener Halbleiter-Hersteller Infineon will von Anfang an mitmischen. „Wenn wir nicht in Abhängigkeit von Amerika und Asien geraten wollen, dann müssen wir Tempo machen“, sagt Sebastian Luber. Der Physiker ist verantwortlich dafür, dass der Dax-Konzern in der neuen Technologie keinen Trend verpasst.

Quantencomputer bewegen sich bisher noch auf Forschungsniveau. Das ist die Chance für Infineon. Bei heutigen Rechnern ist das Feld verteilt zwischen Chipproduzenten wie Intel, Samsung oder Nvidia. Nun werden die Karten neu gemischt.

Es locken riesige Umsätze, selbst wenn Quantencomputer anfangs nur einen kleinen Teil des Markts abdecken dürften. Allein mit Netzwerkrechnern, den Servern, hat Branchenprimus Intel vergangenes Jahr mehr Betriebsgewinn erzielt, als Infineon insgesamt Umsatz verbuchte. Intel will seine Position verteidigen, der Wettlauf um die beste Technologie hat begonnen.

In Infineons Geschäftsbericht ist die Rede von „disruptivem Potenzial“, das die neue Rechnerarchitektur besitzt. Das bezieht sich rein auf die technologische Entwicklung. Quantencomputer könnten aber eines Tages Infineon auch wirtschaftlich in eine neue Zeit katapultieren. Das Geschäft mit Computerchips ist mehr als doppelt so groß wie der momentan wichtigste Umsatzbringer, die Halbleiter für Autos.

Quantencomputer können Aufgaben lösen, für die herkömmliche Rechner Jahrhunderte benötigen. Während heutige Rechner mit Bits arbeiten, nutzen die Quantenmaschinen Qubits. Diese können nicht nur Nullen und Einsen, sondern auch alle Werte dazwischen einnehmen. Das erlaubt eine enorme Rechenkraft.

Infineon verfolgt drei verschiedene Ansätze

Noch ist offen, welche Art von Quantencomputer sich durchsetzt. Grundsätzlich geht es darum, sich die kleinsten bekannten Teilchen nutzbar zu machen, die unter dem Überbegriff Quant zusammengefasst werden. Deutschlands größter Chipproduzent verfolgt daher unterschiedliche Forschungsansätze. „Es ist wichtig für uns, die Systeme zu verstehen“, erläutert Luber. „Dann können wir auch das Potenzial der Quantencomputer abschätzen.“

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So arbeitet Infineon mit der Uni Innsbruck und der ETH Zürich zusammen, um sogenannte Ionenfallen-basierte Quantencomputer zu entwickeln. Dies ist eine relativ weit fortgeschrittene Technologie, die weniger Kühlung als andere Vorgehensweisen erfordert. Mit den Ionenfallen werden die Quantenteilchen gefangen und durch Laser oder Mikrowellen manipuliert.

Ein weiterer Ansatz, den die Münchener mit europäischen Partnern verfolgen, sind die sogenannten supraleitenden Qubits. Dabei werden die Qubits durch widerstandslos fließende Ströme in entsprechenden Schaltkreisen erzeugt. Diese Leiter erfordern aber eine extreme Kühlung.

Infineon geht noch einen weiteren Weg: Bei siliziumbasierten Qubits wird die Quanteninformation durch den Spin – Eigendrehimpuls – von Elektronen erzeugt. Dabei kommen Technologien zum Einsatz, die der Chip-Produzent aus seinem Geschäft mit Radarsensoren fürs Auto kennt.

Das Unternehmen nutzt bei allen drei Ansätzen sein Know-how in der Fertigung von Spezialtechnologien. Diese kommen beispielsweise bei Magnetsensoren oder im Geschäft mit Micro-Elektro-Mechanischen-Systemen, kurz MEMS, zum Einsatz. Letztere werden häufig für Mikrofone und Lautsprecher eingesetzt. „Infineon kann seine Fertigungskompetenz ebenso einbringen wie unser Know-how beim Design von Chips“, sagt Luber.

Amerika ist Europa voraus bei den Quantencomputern. Der Chiphersteller Infineon will das mit verschiedenen Forschungsvorhaben gemeinsam mit Partnern ändern. Quelle: dpa
IBM-Quantencomputer

Amerika ist Europa voraus bei den Quantencomputern. Der Chiphersteller Infineon will das mit verschiedenen Forschungsvorhaben gemeinsam mit Partnern ändern.

(Foto: dpa)

Bislang haben die USA bei der Technologie die Nase vorn, weil Konzerne wie IBM oder Google vorangehen. IBM verfügt bereits über Quantencomputer und verbessert deren Leistung ständig. Ein solcher Akteur fehlt in Deutschland und Europa.

Für Infineon ist es nicht entscheidend, wer die Quantencomputer eines Tages baut. Wichtiger wird sein, die passenden Chips im Angebot zu haben. Das versuchen die Konkurrenten natürlich auch. So hat Intel im Dezember bereits die zweite Generation eines Steuerungschips für Quantencomputer vorgestellt, Horse Ridge II. Intel zufolge lässt sich mit der Technologie die bisher enorme Größe der Rechner deutlich verringern.

Auch europäische Konkurrenten wie ST Microelectronics haben ein Auge auf den neuen Markt geworfen. Jedoch forscht das französisch-italienische Unternehmen eher im Verborgenen. „Es gibt diverse Aktivitäten in diesem Bereich, allerdings möchten wir uns darüber noch nicht auslassen“, teilte der Konzern auf Anfrage mit.

Bei den großen, börsennotierten Unternehmen in Deutschland ist Infineon die Ausnahme, denn nur wenige treiben die Quanten-Entwicklung aktiv voran. Mehr als zwei Milliarden Euro will die Bundesregierung in das Feld investieren. Unter den 37 Firmen, die der Bund fördert, sind in Infineon und Covestro lediglich zwei Dax-Konzerne.

Infineon rechnet mit Massenfertigung in zehn Jahren

Im Geschäftsjahr 2020, es endete am 30. September, hat Infineon rund 1,1 Milliarden Euro für Forschung ausgegeben; das war knapp ein Fünftel mehr als im Vorjahr. Einer der Gründe für den Anstieg: Im April übernahm der Konzern den stärker auf Forschung fokussierten US-Wettbewerber Cypress. Prototypen eines Ionenfallenchips haben die Ingenieure am Standort in Villach bereits hergestellt. Mit einer Massenfertigung rechnet Infineon aber erst in zehn Jahren.

Für den Dax-Konzern ist es noch aus einem anderen Grund wichtig, Quantencomputer zu durchdringen: Sicherheitschips sind ein wichtiges Geschäft. Diese elektronischen Bauelemente werden seit Jahrzehnten eingesetzt und sind immer noch aktuell. Doch ihre Verschlüsselung könnte eines Tages mit Quantencomputern geknackt werden.

Auf der Agenda steht daher die sogenannte Post-Quantum-Kryptografie; das sind Methoden, mit denen Techniker den Megarechnern der Zukunft mit den Halbleitern von heute gewachsen sein wollen. Europa ist führend auf diesem Feld, NXP aus den Niederlanden ist der wichtigste Wettbewerber. Selbst wenn sich Infineon bei den Chips für Quantencomputer nicht durchsetzt: Bei der Verschlüsselung stehen die Chancen gut, dass die Münchener eine führende Rolle spielen.

Natürlich sind die eigenen Ansprüche höher: „Es geht um die erfolgreiche Industrialisierung des Quantencomputings in Deutschland und Europa. Dafür setzen wir uns bei Infineon aktiv ein“, sagt Manager Luber.

Mehr: Milliardenschwerer Cypress-Zukauf zahlt sich für Infineon nun aus.

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