Telekommunikation Vodafone plant Stellenabbau in Deutschland

Nachdem der Kauf durch Vodafone vollzogen ist, beginnt nun eine unsichere Phase für die rund 2700 Beschäftigten von Unitymedia.
Düsseldorf Der deutsche Telekommunikationsmarkt ist im Umbruch. Mit dem Kauf des Kölner Netzbetreibers Unitymedia hat sich Vodafone die Infrastruktur gesichert, um in ganz Deutschland eigene Breitbandangebote machen zu können. Damit will der Konzern zum ebenbürtigen Rivalen der Deutschen Telekom aufsteigen.
Nachdem der Kauf vollzogen ist, beginnt nun eine unsichere Phase vor allem für die rund 2700 Beschäftigten von Unitymedia. Vodafone will die Personalkosten senken. Dazu begannen am Donnerstag Verhandlungen zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat. „Wir planen hier derzeit mit einem Einsparbetrag von bis zu 135 Millionen Euro“, hieß es in einer Stellungnahme von Vodafone, die dem Handelsblatt vorlag. Von dem Abbau könnten nicht nur Mitarbeiter von Unitymedia, sondern auch von der Muttergesellschaft Vodafone betroffen sein. Vodafone hat in Deutschland rund 16 000 Mitarbeiter.
Vodafone wolle Abgänge nicht nachbesetzen. Zudem sollten weniger externe Dienstleister eingesetzt werden und dadurch neue feste Arbeitsplätze geschaffen werden. „Allein hier rechnen wir mit rund 400 neuen freien Stellen in den nächsten zwei Jahren“, hieß es in der Stellungnahme.
Der Konzern kündigte jedoch auch Entlassungen an: „Klar ist aber auch: Das wird nicht ausreichen. Wir werden auch Personal abbauen müssen, wie etwa im Falle redundanter Führungsstrukturen oder Doppelfunktionen.“ Wie viele Stellen das betrifft, dazu machte Vodafone keine Abgaben – auch nicht dazu, für wie viele Mitarbeiter von Unitymedia es eine Zukunft im vereinigten Unternehmen geben wird.
Der Unitymedia-Betriebsrat wollte sich auf Anfrage nicht zu den laufenden Verhandlungen mit der Geschäftsführung äußern.
Torsten Gerpott, Professor für Telekommunikationswirtschaft an der Universität Duisburg-Essen, schätzte, dass rund ein Drittel der 2700 Unitymedia-Stellen wegfallen könnten. „Wenn zwei Unternehmen zusammengehen, die auf dem gleichen Markt aktiv sind, gibt es natürlich viele Doppelfunktionen“, sagte Gerpott.
Als Grund für die Stellenstreichungen verweis Vodafone unter anderem auf die hohen Kosten für die Ersteigerung der 5G-Frequenzen in Deutschland. Die Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica und der Neueinsteiger 1&1 Drillisch hatten Höchstgebote mit einer Gesamtsumme von rund 6,5 Milliarden Euro abgegeben.
„Schon das allein heißt, den Gürtel enger zu schnallen“, argumentierte Vodafone. „Zu diesen Herausforderungen kommt der Eintritt eines neuen Wettbewerbers“, erklärte Vodafone weiter und verweis damit auf 1&1 Drillisch, ohne die Firma beim Namen zu nennen.
Dem Filialnetz drohen weitreichende Konsequenzen
Telekommunikations-Experte Gerpott vermutete jedoch, dass die Fusion mit Unitymedia eher ein Grund für das Kürzungsprogramm sein könnte. Vodafone werde versuchen, den Zusammenschluss zur Reduktion von Kosten zu nutzen. Dem Konzern sei daran gelegen, den Stellenabbau „einigermaßen geräuschlos“ abzuwickeln, vermutete Gerpott. Daher seien möglichst einvernehmliche Absprachen mit den Beschäftigten wahrscheinlich.
Von Vodafone hieß es dazu, das Unternehmen werde auf „sozialverträgliche Lösungen“ setzen, sowie Vorruhestandsprogramme, Altersteilzeit und Weiterbildungen.
Neben den Beschäftigten von Vodafone beziehungsweise Unitymedia könnte die Restrukturierung jedoch auch weitreichende Konsequenzen für die Geschäfte der Marken haben. Nur ein kleiner Teil der Filialen wird direkt von Vodafone oder Unitymedia betrieben. Der weitaus größere Teil ist an Partner ausgelagert.
Bei Unitymedia kommen auf 14 eigene Shops insgesamt 150 Geschäfte von Partneragenturen. Bei Vodafone kommen auf 170 eigene Shops sogar 1200 Partneragenturen. Da der Betriebsrat lediglich für die Beschäftigten von Vodafone beziehungsweise Unitymedia zuständig ist, dürfte die Zukunft der Shops der Partneragenturen auch kein Thema in den Verhandlungen mit der Geschäftsführung sein.
Für die bisherigen Partner könnte die Situation deutlich schwieriger werden, vermutete Gerpott. „Die Konditionen, zu denen Partnershops Produkte vertreiben, werden eher unattraktiver werden“, sagte der Telekommunikationsexperte. Gerpott vermutete, dass Vodafone Vertriebsprovisionen kürzen könnte.
Zudem könnte das Unternehmen die Zusammenarbeit mit einigen großen Anbietern mit vielen Geschäften forcieren. „Kleine Anbieter könnten aus dem Markt gedrängt werden“, vermutete Gerpott. Schon heute gebe es in vielen Innenstädten Geschäfte von Vodafone in unmittelbarer Nähe zu Filialen von Unitymedia. Daher sei es die logische Konsequenz, hier auf Doppelangebote zu verzichten.
Langfristig bedeutet die Integration von Unitymedia eine deutliche verbesserte Position von Vodafone auf dem deutschen Markt. Im Breitbandgeschäft könne Vodafone seinen Kundenstamm von derzeit 6,9 Millionen um 3,7 Millionen Kunden von Unitymedia erweitern. Damit komme das vereinigte Unternehmen auf einen Marktanteil von rund 30,6 Prozent. Dem stehen 13,6 Millionen Kunden der Telekom Deutschland mit einem Marktanteil von 39,4 Prozent gegenüber.
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