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Uber Eats, Grubhub, Doordash In den USA wächst der Widerstand gegen die Macht der Lieferdienste

In der Coronakrise diktieren die Anbieter gerade kleineren Restaurants ihre Bedingungen. Gegen ihre Marktmacht gibt es erste Zwangsmaßnahmen und Klagen.
18.04.2020 - 14:51 Uhr Kommentieren
Die Anbieter berechnen den Restaurants hohe Gebühren. Quelle: Bloomberg
Fahrer eines Lieferdienstes in New York

Die Anbieter berechnen den Restaurants hohe Gebühren.

(Foto: Bloomberg)

San Francisco Tad’s Steakhouse will sich nichts vorschreiben lassen. „15 Prozent Rabatt auf alle Speisen und Getränke“ steht groß im Schaufenster des traditionsreichen Steakhauses auf der Ellis Street in San Francisco Downtown. Seit 1955 kommen Einheimische und Touristen zu Tad‘s, um die berühmten „Broiled Steaks“ zu genießen. Doch das Coronavirus ist auch für Restaurants eine existenzielle Bedrohung.

Quer hinter der Eingangstür versperrt heute ein Tisch den Weg, nur von außen kann man jetzt zum Mitnehmen bestellen. Die Ausgabe findet eine Tür weiter statt, große, an die Fenster geklebte Pfeile weisen den Weg.

Ob der Rabatt auch für den Lieferservice gilt, lautet die Frage am Dienstag. Die Antwort kommt aus der Tiefe des Verkaufsraums klar und deutlich: „Nein. Nur wer mitnimmt, bekommt Rabatt.“ Tatsächlich wird auf der Speisekarte von Tad’s auf der Webseite des Lieferdienstes Grubhub nichts von Schnäppchen erwähnt.

Hier wird Vollpreis berechnet. Denn Grubhub berechnet dem Restaurant saftige Gebühren. Die muss der Betreiber über den Essenspreis wieder hereinholen. Der Widerstand wächst. In einem Gerichtsverfahren vor einem Bundesgericht in Manhattan wollen jetzt drei New Yorker Konsumenten Vertragsbedingungen der vier großen Anbieter Grubhub, Doordash, Uber Eats und Postmates angreifen.

Die schreiben laut dem Wirtschaftssender CNBC den Restaurants vor, Lieferkunden und Kunden im Restaurant dieselben Preise zu berechnen. Das geschehe vor dem Hintergrund von „exorbitanten“ Forderungen von zehn und 40 Prozent des Rechnungspreises als Provision für die Plattformen, die die Betriebe allein zu tragen hätten. Um das durchzusetzen, missbrauchten die Schwergewichte ihre Marktmacht.

Liste der Kläger könnte länger werden

Den Restaurants bliebe, vor allem jetzt, während der Coronakrise, nur die Wahl, für alle Kunden die Preise zu erhöhen, um die Dienste der Unternehmen nutzen zu können – oder auf wichtigen Umsatz zu verzichten.

Das Verfahren ist als sogenannte „Class-Action“ angelegt, das bedeutet, es können jederzeit weitere Kläger beitreten. Da die Kläger unter anderem Schadensersatz bis zurück ins Jahr 2016 fordern, kann das für die Unternehmen zu einem erheblichen Risiko heranwachsen. Die Lieferdienste haben auf Anfragen nicht reagiert, so CNBC.

Der Rabatt von 15 Prozent bei Tad’s scheint nicht willkürlich gewählt. Er entspricht genau dem Satz, der in San Francisco seit Freitag vor Ostern als gesetzliche Obergrenze gilt, die die Start-ups einfordern dürfen. San Franciscos Bürgermeisterin London Breed will verhindern, dass die Lieferboten kleine Betriebe in den Ruin treiben, um sich selbst über Wasser halten zu können.

Denn die Topgebühren treffen die familiengeführten Einzelrestaurants am härtesten. Sie haben praktisch keine andere Wahl. Große Ketten wie McDonald’s oder andere haben genug Macht, um individuelle Sätze auszuhandeln oder damit zu drohen, eigene Lieferdienste aufzubauen. Betroffen von der Anordnung sind alle Lieferunternehmen.

Margen vieler Restaurants in Gefahr

Die Bürgermeisterin der Westküstenmetropole ist mehr als nur verärgert. „Während einige Lieferdienste die Gebühren für ihre Kunden gestrichen haben, werden sie für die Restaurants weiter erhoben.

Die Zahlungen zwischen zehn und 30 Prozent (vom Preis des bestellten Produkts) stellen einen signifikanten Teil der Restaurantumsätze dar – besonders in Zeiten, wo Lieferungen einen Großteil der Umsätze ausmachen. Solche Gebühren können die gesamten Margen eines Restaurants auslöschen“, heißt es in der Begründung der Maßnahme.

Die Anordnung wird seit Montag von der Stadt durchgesetzt und werde gelten „bis an das Ende des lokalen Ausnahmezustands“, der über San Francisco verhängt wurde.

Die Lieferdienste schlagen bereits zurück. In einer E-Mail, die dem Foodmagazin „SF-Eater“ vorliegt, soll Grubhub, einer der größten Lieferdienste der USA, seine Kunden schon am Tag vor der Verkündung aufgefordert haben, gegen diese Order zu protestieren.

Die Kosten für die Besteller würden um „fünf bis zehn Dollar pro Auftrag“ steigen. Das wiederum schade den Restaurants, die auf die Lieferdienste angewiesen seien. Dieser Schaden werde jeden möglichen Vorteil überschreiten.

Trotzdem hält Laurie Thomas von der Golden Gate Restaurant Association den Weg San Franciscos für richtig. Seit Anfang April habe man die Lieferdienste gebeten, freiwillig während der Krise die Sätze zu kürzen, was kategorisch abgelehnt worden sei.

Erst am Donnerstag vor Ostern kündigte Doordash in einem Blogeintrag an, man werde vorübergehend, mindestens bis Ende Mai, alle Gebühren für „Partner“ mit fünf oder weniger Standorten um 50 Prozent senken.

Nicht der erste Skandal für die Branche

Grubhub hatte Mitte März bereits jede Änderung der Gebührenstrukturen abgelehnt und lediglich Zahlungsaufschub für fällige Beträge angeboten. Und das auch nur für ausgewählte Betriebe unter bestimmten Bedingungen.

„Diese Unternehmen profitieren ungeheuer von einem öffentlichen Gesundheitsnotstand, während Restaurants und deren Angestellte leiden“, zeigt sich Aaron Peskin, Stadtabgeordneter in San Francisco, wütend. „Sie versuchen, mitten in einem allgemeinen Notstand verantwortliche Maßnahmen zu unterlaufen, während sie gleichzeitig ihren eigenen Mitarbeitern nötige Schutzgegenstände wie Masken und Handschuhe verweigern und ihnen keine Krankenversicherungen anbieten.“

Es ist nicht das erste Mal, dass New-Economy-Unternehmen in Zeiten von Notfällen unangenehm auffallen. Während gewaltiger Hurrikane und Schneestürme in New York im Jahr 2014 posteten wütende Kunden Uber-Rechnungen über mehrere Hundert Dollar für Strecken, die üblicherweise nur eine Handvoll Dollar kosten würden.

Uber gerät unter Druck

Das sogenannte „Surge Pricing“, wurde eingesetzt, bei dem die Fahrpreise umso stärker steigen, je weiter die Nachfrage und das Angebot an Fahrern auseinanderklaffen.

Am Ende erklärte sich Uber bereit, während ausgerufener Notstände diese Praxis strikt zu limitieren. Die Stadt New York wollte sonst sogar überlegen, die Lizenz zu entziehen. Es könne nicht angehen, dass arme Leute während einer Naturkatastrophe nicht das Taxi nutzen können, um Lebensmittel einzukaufen, sondern nur die Reichen.

Der damalige Uber-Chef Travis Kalanick hatte auf wütende Onlinebeiträge zunächst noch herablassend reagiert. „Geht euch Popcorn holen“, riet er verärgerten Kunden auf seiner Facebook-Seite, heißt übersetzt so viel wie „regt euch mal wieder ab“. Uns „gehören die Autos nicht, und die Fahrer sind nicht unsere Angestellten“, versuchte er sich aus der Verantwortung zu stehlen, bevor erst New York und dann andere Städte sich dieses Problems annahmen.

Kalanick ist längst nicht mehr CEO, und Uber sowie Konkurrent Lyft existieren 2020 auch ohne Preisexplosionen bei nationalen Notständen. Jetzt ist die Frage, was mit Essenslieferdiensten passiert, wenn sie auf einmal kein Luxus mehr sind, sondern ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaftskette.

Mehr: Ein Berliner Gründer auf der Suche nach Investoren im Silicon Valley – ein Frustbericht

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