US-Konzerne Microsoft will mehr CO2 aus der Atmosphäre holen, als es verbraucht

Der Internetriese legt einen konkreten Plan vor, um grüner zu werden.
Düsseldorf Microsoft hat sich ambitionierte Ziele für den Klimaschutz gesetzt: Der IT-Konzern will bis 2030 „CO2-negativ“ werden. Ziel sei es, den Ausstoß des Klimagases in der eigenen Organisation wie auch in der Lieferkette um mehr als die Hälfte zu senken und zusätzlich über Ausgleichsprogramme eine noch größere Menge aus der Atmosphäre zu entfernen, teilte das Unternehmen an diesem Donnerstag mit.
Damit setzt sich der Konzern aus Redmond nicht nur hohe Ziele, sondern sogar von den übrigen Tech-Riesen ab. Auch Amazon, Facebook und Apple haben Klimaziele verkündet und wollen in den kommenden Jahren klimaneutral werden. Google ist nach eigenen Angaben schon seit 2007 klimaneutral und investiert in den nächsten Jahren rund zwei Milliarden Dollar in erneuerbare Technologien. Klimanegativ ist allerdings bisher noch kein Unternehmen.
Nicht nur Kohle-, Stahl- und Bergbaukonzerne stehen mit Blick auf ihre Umweltbilanz unter großem Druck, auch die Tech-Konzerne müssen ihren CO2-Haushalt überarbeiten. Laut dem Thinktank The Shift Project ist die Digitalbranche schon heute für knapp vier Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Immer mehr Rechenzentren auf der Welt verbrauchen Unmengen an Energie.
Über grüne Direktstromverträge wollen die Internetunternehmen ihre bislang meist fossilen Energiequellen durch Ökostrom aus Wind- und Solarparks ersetzen. So hat Microsoft mit dem französischen Stromversorger Engie erst im September einen Vertrag über 1,9 Gigawatt (GW) Windstrom aus Texas abgeschlossen.
Unter den zehn Unternehmen, die 2018 die meisten grünen Direktstromverträge abgeschlossen haben, sind sieben Tech-Konzerne. Sie allein haben im vergangenen Jahr mehr als ein Drittel des Gesamtmarktes an neu geschlossenen Direktstromverträgen verantwortet – weltweit. Die ersten drei Plätze belegen Facebook, Google und Amazon.
Fahrzeugflotte wird auf Elektroantrieb umgestellt
Die Klimaexperten seien sich einig, dass die Welt den Ausstoß von Treibhausgasen dringend senken müsse, schrieb Microsoft in einem Blogeintrag. Gelinge dies nicht, seien die Folgen durch den Temperaturanstieg katastrophal. „Diejenigen von uns, die es sich leisten können, schneller und weiter zu gehen, sollten dies tun“, erklärte der Konzern seine Ankündigung.
Der Plan beinhaltet mehrere Komponenten, die von der Nutzung von Ökostrom über eine interne CO2-Steuer bis zur Bindung von Kohlendioxid durch Aufforstungsprogramme reichen. „Bis 2050 wird Microsoft so den gesamten Kohlenstoff aus der Atmosphäre entfernen, den das Unternehmen seit seiner Gründung im Jahr 1975 entweder direkt oder durch seinen Stromverbrauch emittiert hat“, verspricht Microsoft-Präsident Brad Smith. Dabei sichert der Konzern Transparenz zu: Die Fortschritte werden in einem jährlichen Bericht dokumentiert.
Um die CO2-Emissionen zu senken, will Microsoft bis 2025 den Strombedarf in Gebäuden und Rechenzentren vollständig über erneuerbare Energien decken. Darüber hinaus stellt der Konzern seine Fahrzeugflotte bis 2030 auf Elektroantrieb um.
Der Softwarehersteller erweitert zudem die interne CO2-Steuer, die Abteilungen in bestimmten Fällen bereits zahlen müssen. Diese soll künftig auch für indirekte Emissionen gelten, etwa durch Material, Geschäftsreisen oder die Nutzung von hergestellten Produkten, was Experten als „Scope 3“-Emissionen bezeichnen.
Eine Milliarde für erneuerbare Technologien
Damit steige einerseits der Anreiz, die Emissionen zu senken, andererseits finanziere der Aufschlag zusätzliche Maßnahmen, um CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen, heißt es in dem Blogeintrag. Bei der Steuer handelt es sich nicht nur um eine rechnerische Größe, die Abteilungen müssen sie tatsächlich zahlen. Die Erlöse will Microsoft einsetzen, um Verbesserungen in Sachen Nachhaltigkeit zu finanzieren. Als Instrumente seien beispielsweise Programme zur Aufforstung und zur Kohlenstoffspeicherung im Boden denkbar.
Die Lösung der Probleme benötige Technologien, die heute noch nicht vorhanden seien, erklärt Microsoft. Daher legt das Unternehmen einen „Climate Innovation Fund“ auf, der in den nächsten vier Jahren eine Milliarde Dollar investieren soll. Dabei handle es sich zwar nur um einen Bruchteil dessen, was nötig sei, „aber unsere Hoffnung ist, dass die Investition mehr Regierungen und Unternehmen motiviert, ebenfalls in neue Verfahren zu investieren“.
Das passt zu dem vierseitigen Brief, den Blackrock-Chef Larry Fink in dieser Woche an etliche Topmanager verschickt hat. In dem Schreiben droht Fink Aufsichtsräten und Vorständen mit harten Konsequenzen, falls sie keine aussagefähigen Nachhaltigkeitsinformationen bereitstellten oder kein Rahmenwerk für den Umgang mit diesen Themen einführten.
Microsoft dürfte jetzt mit seinem ambitionierten Programm zumindest nicht mehr auf der schwarzen Liste des einflussreichen Managers stehen.
Mehr: Stromverbrauch und CO2-Fußabdruck der Digitalbranche sind riesig: Google, Microsoft und die Streamingdienste geraten unter Druck. Davon profitiert die Erneuerbaren-Branche.
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