Videoplattform Youtube sperrt RT Deutsch – Russland droht deutschen Medien mit Vergeltung

Youtube hat die deutschsprachigen Kanäle des Senders gelöscht.
Moskau, Berlin Zwischen Russland und Deutschland droht ein „Medienkrieg“. Nach der Sperrung der Youtube-Kanäle des russischen Staatssenders RT Deutsch durch die Google-Tochter droht das russische Außenministerium deutschen Medien in Russland mit möglichen „symmetrischen Gegenmaßnahmen“. Die Bundesregierung bestreitet jede Einflussnahme auf die Entscheidung von Youtube.
Mit der „Operation Barbarossa“, also dem Überfall Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion 1941, vergleicht das russische Außenministerium den angeblich „beispiellosen Informations-Feldzug“ gegen Russland. Mit „offensichtlicher Heuchelei oder womöglich auf Betreiben der deutschen Seite“ sei die Schließung der deutschsprachigen RT-Kanäle erfolgt. Youtube betreibe „Zensur und eine Unterdrückung der Meinungsfreiheit“.
Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, sagte indes, bei der Sperrung handele es sich um eine Entscheidung von Youtube. Die Bundesregierung habe damit nichts zu tun. Wer anderes behaupte, bastele sich „eine Verschwörungstheorie“ zurecht.
Youtube, das zum Internetkonzern Google gehört, hatte RT Deutsch am Dienstag verbannt und Videos gelöscht, nachdem der aus dem russischen Staatshaushalt finanzierte Sender ein Upload-Verbot umgegangen hatte.
Laut der Medien-Website „heise.de“ sei die wiederholte Berichterstattung von RT zur Corona-Pandemie der Auslöser für die Sperre gewesen. Die Berichte des russischen Staatssenders wurden als gezielte Desinformation gewertet. Einen von Youtube geblockten Inhalt lud RT auf einem anderen Kanal der populären Videowebsite hoch.
„Bei Youtube gelten seit jeher klare Community-Richtlinien, die definieren, was auf der Plattform erlaubt ist und was nicht“, sagte ein Youtube-Sprecher der Nachrichtenagentur AFP. Als Erstes sei dem russischen Staatssender die Erlaubnis entzogen worden, weitere Videos auf dem Kanal „RT DE“ hochzuladen.
Massiver Druck auf Google
Russland droht Youtube jetzt mit Konsequenzen: Die russische Medienaufsichtsbehörde Roskomnadzor erklärte am Mittwoch, in einem solchen Fall könnten „Maßnahmen zur vollständigen oder teilweisen Beschränkung“ gegen die Plattform getroffen werden.
Das Außenministerium sprach von „notwendigen symmetrischen Gegenmaßnahmen gegen deutsche Medien in Russland, die zudem mehrmals wegen ihrer Beteiligung an der Einmischung in die inneren Angelegenheiten unseres Landes ertappt wurden“.
RT-Chefin Margarita Simonjan forderte auf Twitter, den deutschen Auslandssender Deutsche Welle an der Ausstrahlung des Programms zu hindern sowie die Korrespondentenbüros von ARD und ZDF zu schließen.
Simonjan ist allerdings selbst höchst umstritten: Sie soll in Kürze auf die US-Sanktionsliste gesetzt werden. Der inzwischen inhaftierte Oppositionspolitiker Alexej Nawalny hatte ihr in einem Youtube-Video massive Korruption und Unterschlagung von Mitteln des Senders vorgeworfen.
Falsche Behauptungen gegen Kanzlerin Merkel
Der Streit über die Ausstrahlung des RT-Programms im Westen eskaliert freilich schon länger.
Beim Abschiedsbesuch von Angela Merkel bei Putin hatte ein RT-Korrespondent in der abschließenden Pressekonferenz die Behauptung aufgestellt, Berlin habe europäische Nachbarn dazu gedrängt, RT eine Sendelizenz zu verweigern.
Regierungssprecher Seibert: RT-Löschung ist eine Youtube-Entscheidung
RT beantragte zuletzt die Zulassung in Luxemburg, nachdem sie in Deutschland verwehrt worden war. Auch dort blitzte der Sender aber ab. „Die Bundesregierung übt keinerlei Druck auf Brüssel aus, entsprechende Entscheidungen zu treffen“, wies Merkel die Behauptungen zurück und betonte: „Weder die Bundesregierung noch deutsche Landesregierung befassen sich mit dieser Frage.“
Der Kreml steht nun vor einem Dilemma: Wenn die Youtube-Mutter Google aus Russland verdrängt wird, stärkt dies Yandex. Doch die Macht des in den Niederlanden börsennotierten russischen Internetriesen ist Moskau ein Dorn im Auge.
Als Suchmaschine hat Yandex schon heute den größten Marktanteil in Russland. Es betreibt – oft in Konkurrenz zu den Internetprojekten der staatlich kontrollierten Sberbank – einen eigenen Onlinehandel, einen Taxidienst, Initiativen zum autonomen Fahren und andere stark wachsende Internetangebote. Das alles ohne direkten Einfluss des Kremls. Und das mag Putin auch nicht.
Mehr: Europa will Facebook und Co. den Kampf ansagen – aber Deutschland zieht nicht mit
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