Videospiele Nintendo eröffnet Freizeitpark – Super Nintendo World soll zum Marketinginstrument werden

Die Super Nintendo World eröffnet auf dem Gelände der Universal Studios Japan, weitere sollen folgen.
Tokio Für Videospielfans ist der Super-Mario-Erfinder Shigeru Miyamoto ein Idol. Und für Nintendo der Ausgangspunkt einer internationalen Erfolgsgeschichte. Der Unterhaltungskonzern hat seiner Galionsfigur, dem schnauzbärtigen italienischen Klempner in roter Latzhose, und dessen Schöpfer nun in Osaka ein Denkmal gesetzt. In den Universal Studios Japan eröffnete der erste Freizeitpark des Videospielkonzerns, die Super Nintendo World.
Der Spieleentwickler war dabei, sprang als seine Schöpfung verkleidet auf die Bühne. „Ich habe lange auf diesen Moment gewartet“, rief Miyamoto. „Entweder mit Freunden oder mit der Familie, alle Generationen können hier Spaß haben und die Welt von Mario mit ihren fünf Sinnen spüren.“
Die Zuschauer strömten – auf Distanz und maskiert – in den mit hohen Mauern abgetrennten Bereich des großen Universal-Studio-Parks, den die Betreiber für 500 Millionen Euro errichtet haben und deren Eröffnung wegen der Corona-Pandemie zweimal verschoben wurde.
Dramaturgisch hätte der Zeitpunkt kaum besser gewählt werden können. Die Videospielindustrie ist ein Sieger der Coronakrise. 2020 wuchs der Absatz der Branche um 19 Prozent auf 53,9 Prozent, schätzen die Marktforscher Ampere Analysis. Auch Nintendo profitiert gehörig davon, dass die Freizeitgestaltung weltweit durch Lockdowns verstärkt in den eigenen vier Wänden stattfindet.
Schon jetzt ist klar, dass Super Mario in Nintendos bis März laufendem Bilanzjahr alle bisherigen Rekorde überspringen wird. Getragen vom vorweihnachtlichen Ansturm auf die portable Spielkonsole Switch erhöhte der Unterhaltungskonzern im Februar seine Reingewinnprognose für das laufende Bilanzjahr 2020 auf 400 Milliarden Yen (3,1 Milliarden Euro). Dies wären 43 Prozent mehr als der bisherige Rekord von 2009 und 55 Prozent mehr als 2019. Der Absatz soll im Vorjahresvergleich um 23 Prozent auf 1,6 Billionen Yen (12,3 Milliarden Euro) steigen.
Nintendo hat sich selbst aus der Krise gezogen
„Ich mache mir für die kommenden Jahre keine Sorgen“, fasst der Tokioter Videospielexperte Serkan Toto die Lage zusammen. Aktienanalysten empfehlen den Wert mit großer Mehrheit zum Kauf, obwohl Nintendos Aktienkurs seit dem Corona-Crash vor einem Jahr bereits um mehr als das Doppelte auf zuletzt 63.360 Yen gestiegen ist.
Der wichtigste Grund für Nintendos Rekordjagd ist dabei die Konsole Switch. Der Vorgänger, die Wii U, war ein Flop, der Nintendo von Gewinnrekorden in die Verlustzone zog. Aber mit seiner hybriden Konsole, die kaum größer als ein großes Smartphone ist, traf Nintendo 2017 den Zeitgeist.

Der Super-Mario-Erfinder hat eine der bekanntesten Videospielfiguren überhaupt erschaffen.
Seit Start wurden rund 80 Millionen der Voll- und einer Lite-Version verkauft. Gewinnbringer sind bei allen Herstellern nicht die Geräte, sondern die Spiele. Und für dieses Jahr sagt Nintendo 26,5 Millionen verkaufte Konsolen und 205 Millionen verkaufte Spiele voraus.
Nintendos Konsolen zielen spätestens seit Einführung der Wii vor 15 Jahren auf „Casual Gamer“ ab, die gerne zocken, aber eher als Freizeitausgleich. Hardcore-Gamer dagegen ziehen sich über längere Zeiträume in technisch aufwendig inszenierte Spielwelten zurück.
Vom Videospielprofi zu einer Art „Mini-Disney“
Bei der Switch profitiert Nintendo aber davon, dass auch die Hardcore-Fraktion zum Zeitvertreib zwischendurch das mobile System nutzt. Sie sei auch bisher der einzige Weg, populäre Spiele wie Fifa mobil zu spielen, erklärt Toto. Zudem ließe sich das Gerät gleich mehrfach in Familien verkaufen, für den Vater, die Mutter und die Kinder.
„Besonders überwältigend ist die Präsenz der Switch in Japan“, berichtet Hideki Yasuda, ein Analyst des Ace Research Institute, „Nintendo hat Sonys Playstation dort praktisch ausgelöscht.“ Rund 75 Prozent des heimischen Markts kassiert derzeit Sonys Erzrivale ein.

Mario und Luigi heißen die Gäste willkommen. Das Themenkonzept soll der alten Kundschaft neue Erlebnisse verschaffen – und dem alten Videospielhersteller neue Kundschaft.
Dazu tragen zum einen Lieferprobleme der Playstation 5 bei, aber auch Sonys Konzentration auf die USA und Europa. Dort hat Sony weiterhin hohe Marktanteile. Aber in den USA führte die Switch im Februar die Verkaufsrankings an, berichtet der Marktforscher NPD.
Weiteren Schwung brachte Nintendo eine Kurswende in der Marketingstrategie vom Videospielprofi zu einer Art „Mini-Disney“, wie Toto es nennt. Erstens begann der Konzern, seine Kunden für die Möglichkeit, online gemeinsam zu spielen, genau wie die Rivalen Sony und Microsoft zur Kasse zu bitten.
Zweitens versilbert Nintendo nun seine berühmten Figuren wie Pokémon und Super Mario gezielt und in großem Maßstab. Dazu gehören nicht nur Lizenzdeals mit großen Weltmarken wie Lego oder der japanischen Modemarke Uniqlo. Auch weitere Freizeitparks in den USA und Asien sollen folgen und 2022 ein Super-Mario-Film.
Die große Frage ist, wie Nintendo im vierten Jahr der Switch deren Schwung verlängern will. Viele Experten rechnen mit einer rechenstärkeren und teureren Switch Pro, die die Leistungslücke zur PS5 wieder verringert. Doch auch mit dem Freizeitpark habe sich Nintendo einen Gefallen getan, meint Videospielexperte Toto. „Damit könnten mehr Menschen auf die Switch-Plattform gezogen werden.“
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