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Covid-Medikament Asthmaspray gegen Corona: Ärzte warnen vor übertriebenen Hoffnungen

Asthmasprays sollten einer Studie zufolge vor schweren Covid-19-Verläufen schützen. Doch es gibt Gründe, warum Ärzte die Sprays nicht einsetzen.
16.04.2021 - 16:24 Uhr Kommentieren
Fachärzte sind bei der Oxford-Studie äußerst skeptisch. Quelle: dpa
Asthma-Spray

Fachärzte sind bei der Oxford-Studie äußerst skeptisch.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Es wirkte wie ein Wunder: Wer nach positivem Corona-Testergebnis täglich zwei Sprühstöße eines Asthmasprays inhaliert, kann dem Krankenhausaufenthalt vorbeugen oder ist zumindest vor einem schweren Covid-19-Verlauf geschützt. Das deutete eine Studie der Universität Oxford an, die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde.

Hier wollten die Wissenschaftler zeigen, dass es ein wirksames Medikament gegen das Coronavirus geben kann. Immer mehr Mediziner ziehen jedoch die Ergebnisse in Zweifel. „Die Evidenz der Studie ist eher schwach“, sagt Norbert Mülleneisen, Lungenfacharzt und Vorsitzender des Berufsverbands der Pneumologen in Nordrhein.

Die Kontrollgruppe sei zu klein, die Studie zu früh abgebrochen und die Parameter seien falsch ausgewertet worden. Außerdem: Ein Placebo-Effekt könnte die Ergebnisse verfälschen.

Dass wissenschaftliche Untersuchungen Fehler aufweisen, ist eigentlich nicht ungewöhnlich. Doch diese Studie war nicht irgendeine Studie, sondern so etwas wie ein Hoffnungsschimmer. Zudem zählt die Universität Oxford zu den angesehensten der Welt.

Wirksamkeit von Cortison ist schon lange bekannt

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach nannte den im Asthmaspray enthaltenen Wirkstoff Budesonid auf Twitter sogar einen „Gamechanger“ im Kampf gegen das Coronavirus. Selbst auf Spätfolgen, etwa das sogenannte „Long Covid“, wirke sich das Cortison positiv aus. Der Wirkstoff wird seit Jahren bei Asthmatikern weltweit eingesetzt. Verschiedene Pharma- und Generikafirmen bieten Budesonid an.

„Dass Cortisonhaltige Medikamente den Corona-Verlauf abmildern und schwere Verläufe teilweise verhindern, ist schon seit der ersten Corona-Welle bekannt“, erklärt Klaus Rabe, ärztlicher Direktor der Lungenklinik Großhansdorf bei Hamburg. Warum es dennoch ungeeignet sein dürfte, in großem Stil eingesetzt zu werden, liegt laut der Experten unter anderem an drei Gründen:

1. Die Studienergebnisse sind nicht valide

In der Studie wurden insgesamt 146 Corona-Patienten untersucht, die drei Tage an Symptomen litten. Die Wissenschaftler ließen 73 Corona-positive Studienteilnehmer mit milden Beschwerden das Cortisonpräparat einnehmen. Die zweite Gruppe erhielt die übliche Versorgung bei Corona-Infektionen. Die Ergebnisse sorgten für Aufsehen: Bei der Budesonid-Gruppe sank das Risiko einer Krankenhauseinweisung, die Patienten waren im Schnitt einen Tag schneller genesen.

Doch so klar ist der Zusammenhang nicht. „Die Studie ist kein Gamechanger“, erklärt Mülleneisen. Die Evidenz sei eher schwach, denn die Kontrollgruppe erhielt nicht etwa ein Asthmaspray ohne Wirkstoff, sondern gar kein Medikament. Außerdem brachen die Wissenschaftler die Studie verfrüht ab, erklärt er. „Das Ergebnis war angeblich so überzeugend, dass man davon ausging, dass es stimmt.“

Zudem habe die Mehrzahl der Patienten von Symptomen berichtet, die zum Teil „nichts mit der Lunge zu tun hatten“. Ob ein Zusammenhang zwischen dem Asthmaspray-Einsatz und den Atemwegserkrankungen besteht, sei daher unklar.

2. Die Sorge, Asthmatiker würden in der Impfreihenfolge hintenangestellt

Seit Beginn der Pandemie untersuchen Ärzte, ob Asthmatiker besonders gefährdet sind, schwere Covid-19-Verläufe zu erleiden. Eine US-amerikanische Studie, zeigt, dass Menschen mit bronchialem Asthma im Schnitt seltener ins Krankenhaus mussten als Menschen ohne die Atemwegskrankheit, zum Beispiel im vom Coronavirus schwer getroffenen New York.

Das bronchiale Asthma sei kein Risikofaktor, bestätigt Mülleneisen, „andere Asthmaformen dagegen schon“. Die Bundesregierung stufe jedoch alle Asthmatiker als Risikopatienten ein und priorisiere sie bei der Impfstoffvergabe. „Niedergelassene Ärzte haben die Wirksamkeit des Budesonid gegen das Coronavirus nicht an die große Glocke gehängt“, erklärt Mülleneisen – aus Sorge, dass Asthmatiker sonst bei der Impfung hintenangestellt würden.

3. Die Asthmaspray-Versorgung könnte knapp werden

Den Enthusiasmus darüber, dass ein Mittel gegen Covid-19 gefunden wurde, geht vor allem zulasten der niedergelassenen Ärzte. „In unseren Lungenarztpraxen stehen die Telefone nicht mehr still“, erklärt Mülleneisen und warnt, das Medikament prophylaktisch anzuwenden. Der Markt sei schnell leer, befürchtet der Mediziner.

Pharmafirmen äußern sich verhalten über Absatzzahlen der Sprays. Der Pharmahändler Phoenix erklärt, in der Produktgruppe der Asthmasprays, „auch mit dem Wirkstoff Budesonid“, gebe es zahlreiche Artikel in unterschiedlichen Wirkstoffstärken. „Bei einigen dieser Artikel besteht eine erhöhte Nachfrage.“ Das Unternehmen reagiere „auf diese Nachfrageänderung umgehend durch entsprechende Bestellerhöhungen bei den Lieferanten“.

Mehr: Pfizer-Chef macht Hoffnung darauf, dass Corona „zur Grippe wird“

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