Digitale Gesundheit Teleclinic öffnet seine Online-Sprechstunde für Kassenpatienten

Katharina Jünger, CEO von Teleclinic. Arztgespräch, Rezept und Krankschreibung in Minuten per App.
Düsseldorf Für Teleclinic-CEO Katharina Jünger neigt sich ein langes Kapitel dem Ende. „Seit sechs Jahren habe ich dafür gekämpft, dass Kassenpatienten online so zum Arzt gehen können wie in der normalen Welt“, sagt sie dem Handelsblatt. Nun soll es so weit sein: Ab dem 28. Mai will Teleclinic das Angebot, das bislang nur Selbstzahlern und Privatpatienten offenstand, für gesetzlich Krankenversicherte (GKV) kostenlos machen.
Ärzte sollen mit der Software von Teleclinic nicht nur Patienten telemedizinisch behandeln, sondern die Fälle gleich dort auch mit der GKV abrechnen können. Das geht so: Am Ende des Quartals erhalten Ärzte eine automatisiert erstellte Übersicht, die sie ohne weitere Bearbeitung in ihr System hochladen und bei den Kassen zur Erstattung einreichen können.
„So erhält der Arzt eine Software, mit der er alle relevanten Schritte erledigen kann“, sagt Jünger. Ohne eine vereinfachte Abrechnung sei es für Ärzte auf Dauer zu kompliziert, Videobehandlungen anzubieten, da sie zweigleisig fahren müssten.
Denn bislang dokumentieren Ärzte bei Teleclinic wie auch bei anderen Anbietern in einem eigenen Onlinesystem, das mit der Praxis-IT nichts zu tun hat. Für Krankenkassen ‧müssen die abrechnungsrelevanten Daten aus der Onlinewelt der Videosprechstunden mit allen anderen Abrechnungsdaten händisch zusammengebracht werden.
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Teleclinic ist nach eigenen Angaben der erste Anbieter, der Telemedizin in den technischen Regelbetrieb der Ärzte einbettet. Das Unternehmen geht den Schritt, das Angebot für Kassenpatienten grundsätzlich zu öffnen, allerdings spät. Seit Oktober vergangenen Jahres erstatten die Krankenkassen ihren Versicherten Videosprechstunden über einen zertifizierten Anbieter.
Teleclinic-Chefin Jünger sieht sich aber wegen des eigenen Abrechnungssystems im Vorteil. Sie sagt, dass sich telemedizinische Angebote „nur so wirklich skalieren lassen“. Bis zum Ende des Jahres will das Start-up zwischen 100.000 und 150.000 Online-Behandlungen für Kassenpatienten durchgeführt haben. Aktuell nutzten 8000 Privatpatienten das System pro Monat.
Zum Start Ende Mai will das Start-up die Zahl der Ärzte, die mit der Software arbeiten, von 40 auf 60 aufstocken. „Jetzt geht das Business richtig los“, sagt Jünger.
Die 29-Jährige gründete das Start-up 2015 gemeinsam mit einem Arzt und einem Informatiker. In Freiburg wuchs sie in einer Arztfamilie auf und studierte Jura an der Humboldt Universität in Berlin. Derzeit hält sie noch elf Prozent an ihrem Unternehmen, das mit zehn Millionen Euro durch Investoren und Business Angels finanziert ist.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem exklusiven Fachbriefing Handelsblatt Inside Digital Health. Zweimal in der Woche analysieren wir dort die neuesten Entwicklungen im Bereich digitale Gesundheit.
Mehr: Wie Telemedizin-Anbieter im Kampf gegen das Coronavirus helfen.
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