Gesundheit Diese Start-ups setzen auf digitale Angebote gegen Depressionen in der Coronakrise

Die Gründer von HelloBetter entwickeln Videos gegen Depressionen und Angstzustände.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem exklusiven Fachbriefing Handelsblatt Inside Digital Health. Zweimal in der Woche analysieren wir dort die neuesten Entwicklungen im Bereich digitale Gesundheit.
Die soziale Isolation durch das Coronavirus kann psychologische Probleme hervorbringen: Depressionen, Angstzustände, Schlafstörungen. Drastische Maßnahmen wie eine Ausgangssperre sieht die Bundesregierung aktuell nicht vor. Trotzdem sollen alle Bürger, die nicht in Schlüsselberufen tätig sind, vorerst zuhause bleiben. Start-ups wie HelloBetter und Selfapy, die telemedizinische Beratungen und Online-Trainings für psychische Erkrankungen anbieten, ergreifen nun die Gelegenheit, neue Angebote für die Zeit der Coronakrise zu entwickeln.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband haben jetzt Regelungen aufgehoben, die psychotherapeutische Videoberatungen bisher eingeschränkt haben. „Telefonisch dürfen wir Patienten aktuell überhaupt nicht behandeln. Einer Videobehandlung muss ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt zur Eingangsdiagnostik, Indikationsstellung und Aufklärung vorausgehen“, sagte Michael Ruh, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPtV), Handelsblatt Inside.
Mindestens drei Sitzungen vor Ort mussten Patienten bei Psychotherapeuten so bisher abhalten. „Wir sind in Gesprächen mit den zuständigen Stellen, dass wir auch diese Bundesregelungen während der Coronakrise aufheben können“, berichtet Ruh.
Die Situation sei derzeit noch nicht vergleichbar mit der Situation in China unter Quarantänebedingungen: „Die psychische Gesundheit der Menschen wird in der Coronakrise aber zu einer Herausforderung.“ Denn die soziale Isolation und große Veränderungen im Alltag führe bei vielen Menschen zu großer Verunsicherung.
Ab dem kommenden Wochenende bietet deshalb das Berliner Start-up HelloBetter eine kostenlose telemedizinische Beratung an. „Hier können sich Betroffene melden, die mental überfordert sind, also nicht mehr weiter wissen und Unterstützung brauchen“, sagte Daniel Ebert, Gründer und CSO von HelloBetter, Handelsblatt Inside.
Darüber hinaus will das Start-up eine Serie auf Facebook starten, in der per Video- oder Blogbeitrag bestimmte psychologische Techniken vorgestellt werden, zum Beispiel wie an Depressionen erkrankte Menschen ihren Alltag im Home-Office neu strukturieren können.
Darüber hinaus bietet das Start-up Trainings für Patienten an, die an Angststörungen, Depressionen oder unter viel Stress leiden. Versicherte von Krankenkassen mit denen das Start-up kooperiert, können das Training kostenlos nutzen. Ein ausschließlich auf das Coronavirus zugeschnittenes Angebot ist bereits in der Entwicklung. „Wir haben schon Anfragen für eine öffentliche und privatwirtschaftliche Förderung gestellt. Wir suchen aber noch nach Partnern“, so Ebert.
Auch der Wettbewerber Selfapy wendet sich bereits in einer Facebookgruppe an Coronavirus-Betroffene. Farina Schurzfeld, Mitgründerin des Berliner Tele-Psychotherapie-Start-ups, sagte Handelsblatt Inside: „Wir entwickeln gerade ein vier- bis sechswöchiges Programm, dass sich mit Themen wie dem Umgang mit Quarantäne, Stress, Angst und Einsamkeit beschäftigen wird.“ Selfapy plant, das Angebot bundesweit kostenloses zur Verfügung zu stellen.
DPtV-Vorstand Ruh hält digitale Ratgeber wie Videoserien zwar für eine sinnvolle Form der Selbsthilfe, aber nicht für einen Ersatz der psychotherapeutischen Beratung. Außerdem setzten die Online-Angebote voraus, dass Betroffene einen Internetzugang und ein geeignetes Smartphone besitzen. Das seien vor allem für die am stärksten von Depressionen betroffene Bevölkerungsgruppe und gleichzeitigen Coronavirus-Risikogruppe viele Barrieren: über 70-jährige Alleinstehende. „Auch für diese Menschen müssen wir ein Angebot schaffen“, sagt Ruh.
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