Hauptversammlung Biontech bereitet schnelle Reaktion auf neue Corona-Varianten vor

Das Unternehmen will seine Forschung auf dem Feld der Onkologie und anderer Krankheiten massiv vorantreiben.
Frankfurt Biontech will den Erfolg in der Entwicklung seines Covid-19-Impfstoffs nutzen, um seine Forschung langfristig deutlich vorantreiben und zu verbreitern. Das haben die Manager des Mainzer Biotechunternehmens auf der virtuellen Hauptversammlung am Dienstag bekräftigt.
„Unsere strategische Priorität für das Jahr 2021 ist die Reinvestition des Kapitals, um Innovationen in verschiedenen Therapiebereichen und Technologien sowie unsere Unternehmensentwicklung weiter voranzutreiben“, sagte Firmenchef Ugur Sahin.
Man sei überzeugt, dass der Ansatz von Biontech über die Krebsmedizin und die Infektiologie hinaus erheblichen Nutzen bei der Behandlung von Allergien, Autoimmunerkrankungen und Entzündungskrankheiten haben könne und auch neue Behandlungsmöglichkeiten in der regenerativen Medizin eröffne.
„Das Ziel ist es, herkömmliche Therapien durch neue Produkte mit verbesserter Pharmakologie zu ersetzen. Das gilt nicht nur für unsere mRNA-Technologie, sondern auch für Ansätze in der Zell- und Proteintherapie“, sagte Sahin.
Teil der Strategie ist zum einen ein umfangreiches Studienprogramm, um die Einsatzbereiche des auf mRNA basierenden Corona-Impfstoffs Comirnaty zu verbreitern und zudem weitere Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten zu entwickeln. So sollen im dritten Quartal klinische Studien mit einem Grippe-Impfstoff starten, den Biontech ebenfalls zusammen mit Pfizer entwickelt.
Beim Corona-Impfstoff rechnet Sahin mit einem längerfristig hohen Bedarf. „Wir beobachten, dass die Immunität mit der Zeit nachlassen wird und neue Varianten entstehen. Ich gehe davon aus, dass eine dritte Impfung für die Auffrischung der Immunität von einem hohen Wert sein könnte.“
„Prototyp-Ansatz“ zur Weiterentwicklung der Impfstoffe
Man analysiere kontinuierlich die Wirkung des Impfstoffs, auch gegen neue Varianten. Bisher gebe es keine Hinweise darauf, dass eine Anpassung notwendig sei. Seit einigen Monaten arbeite man aber an einem „Prototypen-Ansatz“, der die Entwicklung, Fertigung und Zulassung von angepassten Covid-Impfstoffen adressiere.
Damit könne man schnell reagieren, falls eine dritte Dosis zur Auffrischung bestehender Impfungen oder eine Anpassung an einen neuen Virusstamm erforderlich werden sollte. Das sichere Biontech auch für die Zukunft eine starke Stellung in dem Bereich.
Zum anderen will Biontech auch seine Forschung auf dem Feld der Onkologie und anderer Krankheiten massiv vorantreiben. Das Unternehmen arbeitet dazu inzwischen an 14 Produktkandidaten in klinischen Studien. „Insgesamt haben wir für 2021 den Start von zehn klinischen Studien 2021 geplant“, so Sahin. In vier dieser Studien wurden inzwischen die ersten Patienten behandelt.
Biontech setzt dabei nicht alleine auf die mRNA-Technologie, sondern versteht sich, wie Sahin deutlich machte, vor allem als Spezialist für Immunologie. Das Immunsystem sei in 80 Prozent aller Krankheiten involviert.
Seine Ambitionen in der Forschung unterstreicht das Unternehmen mit einem Forschungsbudget von 750 bis 850 Millionen Euro im laufenden Jahr, nach 645 Millionen Euro im vergangenen Jahr.
Die offizielle Umsatzprognose für 2021 hat das Unternehmen gegenüber den bisherigen Annahmen, die von 12,4 Milliarden Euro Umsatz aus dem Covid-19-Geschäft ausgehen, nicht verändert. Allerdings deutete Finanzchef Sierk Poetting an, dass sich diese Prognose mit zusätzlichen Lieferverträgen erhöhen könnte.
Biontech schließt Dividende für 2021 nicht mehr aus
Dazu zählte er auch den mit der EU abgeschlossenen Deal über weitere 900 Millionen Dosen, wovon zwar der Löwenanteil in den Jahren 2022 und 2023 ausgeliefert werden soll, ein Teil aber auch bereits ab Dezember 2021. Die bisherige Prognose geht von 1,8 Milliarden bereits fest georderten Impfstoff-Dosen aus. Produziert haben Biontech und ihr Partner Pfizer bisher gut eine Milliarde Dosen, ausgeliefert mehr als 700 Millionen Dosen.
Biontech verzichtete auch auf der HV auf jegliche Ertragsprognosen. Die bisherigen Angaben zu Erlösen, Kosten und Steuerquote deuten jedoch auf einen Reingewinn von möglicherweise mehr als fünf Milliarden Euro.Auch für einen sehr starken Anstieg der Ausgaben für Forschung und Entwicklung in den Folgejahren dürfte das Unternehmen damit gerüstet sein.
Vor diesem Hintergrund wird die Auszahlung einer Dividende im kommenden Jahr offenbar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Vorstand werde entsprechend der gesetzlichen Regelungen im nächsten Geschäftsjahr prüfen, ob und in welcher Höhe eine Dividende vorgeschlagen werden solle, erklärte Poetting auf entsprechende Fragen.
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