Medizin Forscher suchen unter Hochdruck nach Impfstoff gegen das Coronavirus

Weltweit haben verschiedene Unternehmen und Organisationen Forschungsprojekte gestartet und suchen nach einem Impfstoff.
Frankfurt, Peking Das neuartige Coronavirus greift von China aus weiter um sich. Mittlerweile ist die Zahl der Fälle auf mehr als 4500 gestiegen, mehr als 100 Menschen sind im Zusammenhang mit dem Virus gestorben. Der Großteil der Infektionen konzentriert sich zwar weiterhin auf China und die Stadt Wuhan, mittlerweile werden aber aus einem Dutzend anderer Länder Fälle gemeldet – auch aus Deutschland.
Die Suche nach einem Impfstoff gegen das neuartige Virus läuft bereits. Weltweit haben verschiedene Unternehmen und Organisationen entsprechende Projekte gestartet. In Deutschland ist die Tübinger Biotechfirma Curevac dabei, ebenso das Institut für Virologie der Universität Marburg.
Zudem hat die Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (Cepi) drei Impfstoff-Projekten anderer Unternehmen und Forschungsgruppen finanzielle Unterstützung zugesagt. Die Cepi ist eine Produkt-Entwicklungspartnerschaft, die unter von Norwegen, Deutschland, Japan, Kanada, Australien sowie von der Bill & Melinda Gates Foundation und dem Wellcome Trust finanziert wird.
Bei der Suche nach einem Impfstoff gegen das neue Coronavirus werden unter anderem Projekte der US-Unternehmen Inovio und Moderna sowie ein Projekt der australischen University of Queensland gefördert.
Eine schnelle Lösung zum Schutz vor dem gefährlichen Virus wird es vermutlich aber nicht geben: Mindestens ein Jahr wird die Entwicklung eines Impfstoffs gegen die neue Lungenkrankheit wohl dauern, erwartet Seth Berkley, Geschäftsführer der globalen Impfallianz Gavi..
Von Vorteil könnte allerdings sein, dass die Forscher bei aktuellen Virus 2019-nCoV nicht bei Null anfangen müssen: Das Gen wurde schnell sequenziert, zudem können die Impfstoff-Entwickler auf die Erfahrung mit anderen Erregern aus der Familie Coronaviren aufbauen.
Ein Beispiel ist das Sars-Virus: Insgesamt gab es 22 Impfstoffprojekte gegen das von November 2002 bis Sommer 2003 aufgetretene Virus. Zwar konnte kein Impfstoff zu Ende entwickelt werden, doch lieferten die Projekte zum Teil gute Zwischenergebnisse.
Außerdem gibt es das Mers-Virus (Middle East Respiratory Syndrome), das 2012 von Kamelen auf den Menschen übersprang und seither immer wieder schwere Atemwegsinfektionen bei Betroffenen verursacht. Seit einigen Jahren arbeiten mindestens vier Unternehmen und Forschungsgruppen an Impfstoffen gegen das Virus. Auch hierbei werden einige von Cepi unterstützt.
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Curevac verfolgt neuen Ansatz
Bei einer Impfung wird der Körper mit abgeschwächten Erregern infiziert. Die Immunabwehr reagiert darauf wie auf echte Erreger und produziert den passenden Antikörper. Um die Entwicklung von Impfstoffen zu beschleunigen, nutzen Virologen der Universität Marburg eine sogenannte Impfstoff-Plattform, die wie ein Baukastensystem für Viren und passende Antigene funktioniert.
Diese Impfstoff-Plattformen beruhen auf etablierten und „entschärften“ Viren, die bereits als Impfstoffbasis im Einsatz sind. Sie werden mit einem entsprechenden Antigen, einem fremden Eiweiß, gegen die das Immunsystem Antikörper bildet, rekombiniert und sollen somit schnell in ein Notfall-Vakzin umgewandelt werden können.
Allerdings geht auch Stephan Becker, der Direktor des Marburger Instituts für Virologie, laut Medienberichten davon aus, dass es mindestens ein Jahr dauert, bis klar ist, ob ein Mittel wirkt und sicher ist. Die Forscher in Marburg kooperieren bei ihrem Impfstoff-Projekt gegen 2019-nCoV mit dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung.
Das Tübinger Biotechunternehmen Curevac dagegen verfolgt bei seiner Impfstoffforschung einen komplett neuen Ansatz – mit dem Botenmolekül mRNA. Der Bauplan eines Organismus ist in seiner DNA festgeschrieben. Auch für die Herstellung von Proteinen oder Antigenen wie im Fall der Impfstoffe liefert der im Erbgut gespeicherte genetische Code spezifische Anweisungen.
Bei einem Impfstoff mit mRNA liefert der Botenstoff die Information, ein spezifisches Antigen zu bilden, um eine Immunantwort des Körpers in Gang zu setzen. In Wirkstoffe auf Basis der mRNA-Technologie setzt die Pharma- und Biotechbranche große Hoffnungen.
Curevac hat bislang aber noch keinen Impfstoff auf Basis dieses Wirkmechanismus auf der Markt gebracht. Allerdings läuft gerade eine klinische Studie zu einem Impfstoff gegen Tollwut, bei der die erste klinische Phase eine starke Immunantwort bei niedriger Dosierung zeigte. Auch das von der Cepi geförderte Projekt des US-Unternehmens Moderna setzt auf das Prinzip der mRNA.
Abbvie will Medikament als Spende zur Verfügung stellen
Zur Behandlung der akut Erkrankten empfehlen die Behörden in China aktuell einen experimentellen Behandlungsansatz mit dem HIV-Mittel Kaletra der US-Pharmafirma Abbvie. Die Wirkstoffkombination sorgt bei HIV-Patienten dafür, dass sich die Viren nicht vermehren können.
Die Behörden in China stützen sich auf eine Veröffentlichung in der medizinischen Fachzeitung „The Lancet“, die über eine klinische Studie mit dem HIV-Mittel bei Patienten, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, berichtet.
Abbvie bestätigte dem Handelsblatt die Anfrage der chinesischen Behörden nach dem Mittel. Der Pharmakonzern wolle das Medikament als Spende zu Verfügung stellen, um einen Beitrag zur Bewältigung der Krise zu leisten, heißt es.
Neben der Einnahme von Kaletra empfehlen die chinesischen Behörden zudem Interferon-Alpha, das ebenfalls eine antivirale Wirkung hat. Beide Mittel sind allerdings unter ärztlicher Aufsicht einzunehmen, da sie Nebenwirkungen haben.
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