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Spanische Grippe Die größte Vernichtungswelle der Geschichte

Sie war schnell, ansteckend und tödlich: Die Spanische Grippe wütete vor 100 Jahren so schlimm wie keine andere Pandemie, sie tötete mehr Menschen als der Weltkrieg. Wie gut sind wir heute vor derartigen Seuchen gefeit?
04.01.2018 - 08:49 Uhr Kommentieren
Patienten, die an der Spanischen Grippe erkrankt sind, liegen in Betten eines Notfallkrankenhauses im Camp Funston der Militärbasis Fort Riley im US-Bundesstaat Kansas. (Aufnahme von 1918). Quelle: dpa
Spanische Grippe

Patienten, die an der Spanischen Grippe erkrankt sind, liegen in Betten eines Notfallkrankenhauses im Camp Funston der Militärbasis Fort Riley im US-Bundesstaat Kansas. (Aufnahme von 1918).

(Foto: dpa)

Berlin Bis sie die Erde umrundet hatte, dauerte es nur wenige Monate – und sie war tödlicher als der Weltkrieg, der noch wütete, als sie vor 100 Jahren erstmals ausbrach: Die Spanische Grippe entwickelte sich in drei Wellen von 1918 bis 1920 zur schlimmsten Grippe-Pandemie der Geschichte. 27 bis 50 Millionen Menschen fielen ihr zum Opfer – manche Quellen gehen sogar von bis zu 100 Millionen Toten aus.

Anders als bei anderen derartigen Katastrophen sucht man Denkmäler und Relikte jener Zeit nahezu vergeblich, selbst Fotos sind eher rar. Einer Art kollektivem Vergessen sei die vielleicht größte Vernichtungswelle der Menschheitsgeschichte anheimgefallen, heißt es in dem Buch „1918 – Die Welt im Fieber“ der Wissenschaftsjournalistin Laura Spinney, das Ende Januar erscheint. Erst in jüngerer Vergangenheit sei die Spanische Grippe vermehrt ins Bewusstsein der Menschen gerückt, auch weil sie zum Stoff von Büchern, Filmen und Serien wie „Downtown Abbey“ wurde.

Die gefährlichsten Viren der Welt
Dengue – weltweit gefährlich
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Bis zu 600 Millionen Menschen erkranken jedes Jahr am Denguefieber. Bei den meisten von ihnen löst das Virus eine Krankheit mit grippeähnlichen Symptomen aus, die nach etwa einer Woche wieder verschwinden. Bei einem kleinen Teil der Infizierten jedoch gibt es Komplikationen: Entweder entwickelt sich ein gefährliches hämorrhagisches Fieber mit Blutungen oder das so genannte Dengue Shock Syndrome mit gefährlich niedrigem Blutdruck.

Obwohl pro Jahr nur einige tausend Menschen an Denguefieber sterben, gilt es wegen der hohen Zahl der Infizierten, der globalen Verbreitung und dem wirtschaftlichen Schaden in den betroffenen Ländern als eine der gefährlichsten Viruserkrankungen der Welt.

(Foto: AP)
Zika – die große Unbekannte
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Jahrzehntelang galt das von Moskitos übertragene Zikavirus als weitgehend harmlos. Doch als in einigen Regionen Brasiliens immer mehr Kinder mit einer schweren Fehlbildung des Gehirns geboren wurden, begannen Fachleute auf das Gefahrenpotenzial des Virus aufmerksam zu werden.

Heute wissen wir, wie ungewöhnlich Zika tatsächlich ist: Das Virus kann – anders als andere durch Moskitos übertragene Erreger – von Mensch zu Mensch weitergegeben werden. Außerdem dringt es in normalerweise besonders geschützte Gewebetypen vor wie neuronale Stammzellen, Plazenta und Keimdrüsen. Da Veränderungen in solchen Geweben auch langfristig ernste Folgen haben kann, lässt sich derzeit noch gar nicht genau abschätzen, wie gefährlich das Zikavirus tatsächlich ist.

(Foto: AFP)
Tollwut – fast immer tödlich
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Tollwut tötet 50.000 bis 60.000 Menschen pro Jahr. Besonders tückisch: Sobald die ersten Symptome auftreten, ist der tödliche Verlauf der Krankheit praktisch unabwendbar. Das Tollwutvirus wird durch den Biss oder Kratzer eines kranken Tiers übertragen und befällt das zentrale Nervensystem. Typisch für die Krankheit sind Aufregung, Verwirrung, extreme Furcht und die so genannte Hydrophobie, bei der das Opfer nicht trinken oder schlucken kann.

In der Spätphase der Infektion lösen selbst kleine Reize rasende Wutanfälle des Patienten aus, bei denen er über Schlagen, Beißen und Kratzen den Erreger übertragen kann. Am Ende fallen infizierte Menschen ins Koma und sterben. Schutz bietet nur eine Impfung spätestens innerhalb der ersten 24 Stunden nach einer möglichen Infektion. (Foto: dpa)

Ebola – Warnschuss in Westafrika
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Mit der großen Ebola-Epidemie in Westafrika hat sich der Erreger auch in der öffentlichen Wahrnehmung in die erste Liga der Killerviren katapultiert. Blieben die Ausbrüche zuvor begrenzt auf vergleichsweise wenige Menschen in abgelegenen Gebieten, infizierten sich während der großen Epidemie mindestens 30.000 Menschen, von denen nach offiziellen Angaben 11.300 starben.

Damit blieb die Sterblichkeit unter der Marke von 90 Prozent, die zuvor als wahrscheinlich galt. Zusätzlich scheint der Erreger bei etwa einem Viertel aller Infizierten sogar nur eine leichte Erkrankung auszulösen. Andererseits kennt man jetzt die oft schwer wiegenden Langzeitfolgen – etwa, dass sich der Erreger auch nach dem Ende der akuten Krankheit noch längere Zeit in Nerven, Hoden oder Auge verstecken kann.

(Foto: Reuters)
Gelbfieber – auf dem Sprung in die Städte
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Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts gehörte Gelbfieber zu den gefürchtetsten Krankheiten der Welt. Der erste Versuch, einen Kanal in Panama zu bauen, scheiterte an der Epidemie, die im Jahr 1889 Tausende von Arbeitern hinwegraffte. Erst als später Mücken als Überträger der Krankheit identifiziert waren, konnte man die Verbreitung des Virus effektiv eindämmen und den Kanal fertigstellen.

Gelbfieber ist weitaus gefährlicher als die ähnlichen Erreger Dengue und Zika. Zwar werden 85 von 100 Infizierten nur leicht krank, die restlichen 15 Prozent jedoch bekommen Gelbsucht, die der Krankheit ihren Namen gab, und etwa die Hälfte von ihnen stirbt. Eine Heilung gibt es nicht, jedoch einen wirksamen Impfstoff. Trotzdem befürchten Fachleute, dass sich die Krankheit in den Millionenstädten Afrikas festsetzen wird, wo sie nur mit großer Mühe effektiv zu bekämpfen wäre. (Foto: dpa)

Masern – die unterschätzte Seuche
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Der Begriff Kinderkrankheit verleiht den Masern eine eher harmlose Aura. Allerdings sollte man das Virus nicht unterschätzen: Laut dem Institute for Health Metrics and Evaluation starben im Jahr 2013 weltweit etwa 100.000 Menschen an Masern, in den 1980er Jahren waren es sogar noch etwa zweieinhalb Millionen Maserntote. Ursache ist die extrem hohe Ansteckungsrate: In einer ungeschützten Bevölkerung würde jeder Infizierte im Durchschnitt 15 bis 18 weitere Menschen anstecken.

Gefährlich sind die Masern vor allem, weil sie bei etwa einem Viertel der Infizierten nicht dem klassischen Muster folgen: Besonders bei immungeschwächte Personen ist der Anteil schwerer Komplikationen sehr hoch. Die Sterblichkeit an Masern ist in den Industrieländern mit unter einem Prozent sehr niedrig, in weniger geschützten Gesellschaften mit unzureichender medizinischer Versorgung kann sie auf 10 bis 30 Prozent steigen.

(Foto: dpa)
Rotavirus – für Kinder oft tödlich
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In vielen Ländern mit schlecht ausgerüstetem Gesundheitssystem ist Durchfall die wichtigste Todesursache bei Kindern unter fünf Jahren – und Rotaviren verursachen weltweit die meisten Durchfälle. Etwa eine halbe Million Kinder sterben jedes Jahr an den Viren, die durch fäkal-orale Übertragung verbreitet werden.

Dabei ist die Krankheit im Prinzip sehr einfach unter Kontrolle zu bekommen: Zwei Impfstoffe schützen vor dem Erreger. Auch die akute Infektion ist ähnlich wie Cholera mit einfacher Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr gut zu behandeln. Dass diese Krankheit immer noch tötet, liegt allein daran, dass man fahrlässig mit ihr umgeht. (Foto: dpa)

Zuvor war die tödliche Krankheit nicht viel mehr als eine Fußnote des Ersten Weltkriegs. Dabei sollen allein im Deutschen Reich einer Studie zufolge rund 426.000 Menschen der Grippe zum Opfer gefallen sein – das entspricht einer mittleren Großstadt.

„Bei unserem heutigen Gesundheitssystem wäre das praktisch nicht vorstellbar“, sagt die Grippe-Expertin Silke Buda vom Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin. Gleichwohl: Indien und Südafrika etwa erwischte es seinerzeit sehr viel heftiger als Deutschland. Und längst nicht aus allen Ländern gibt es überhaupt Daten.

Alles begann recht harmlos

Aussagen mit letzter Sicherheit sind daher schwierig. Der Berliner Historiker und Oberarzt der Charité, Wilfried Witte, hat über die Spanische Grippe geforscht. Es habe damals alles relativ harmlos begonnen, sagt der Experte. Während der ersten Ansteckungswelle im Frühjahr 1918 erkrankten zwar sehr viele Menschen, aber relativ wenige starben.

Im Herbst nahm jedoch eine weitere, tödliche Welle ihren Lauf. Gerade dort, wo Menschen geballt aufeinandertrafen, wie in Rekruten- und Kriegsgefangenenlagern, hätten sich auf einen Schlag zahlreiche Menschen angesteckt.

„Die meisten sind an einem akuten Lungenversagen gestorben. Das ging rapide schnell vonstatten“, sagt Witte. Therapien wie invasive Beatmung standen Ärzten noch nicht zur Verfügung. Wenn überhaupt hätten Kranke in der Regel Mittel zur Kreislaufstärkung bekommen. „So etwas hat natürlich nicht geholfen“, so Witte.

Selbst der spanische König soll an dem damals noch unbekannten Erreger erkrankt sein. Das ist ein Grund, weshalb die Pandemie als „Spanischen Grippe“ in die Geschichte einging. Dass sie nicht von dort ihren Ausgang nahm, ist aber relativ sicher.

Blaue Haut, schneller Tod
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