Vakzin Biontech will armen Ländern beim Impfstoff-Preis entgegenkommen

Der Impfstoffhersteller will vorerst auf den Patentschutz verzichten.
Düsseldorf Der Impfstoffhersteller Biontech hält eine Patentfreigabe für nicht zielführend, will armen Ländern aber beim Preis entgegenkommen. „Wir werden weiterhin Länder mit niedrigem oder unterem mittlerem Einkommen mit unserem Impfstoff zu einem nicht gewinnorientierten Preis versorgen“, teilte das Unternehmen am Samstag in Mainz mit.
Man sei überzeugt, dass der kontinuierliche Ausbau der Produktionskapazitäten dazu beitragen werde, die Pandemie zu beenden. „Um dies zu erreichen, müssen Regierungen, Hersteller sowie internationale und nationale Organisationen gemeinsam die Versorgung von Ländern mit niedrigem und niedrigem mittlerem Einkommen aus den bereits bestehenden Produktionsstätten unterstützen und helfen, neue zertifizierte Standorte zu identifizieren.“
Patente seien „nicht der begrenzende Faktor für die Produktion oder Versorgung mit unserem Impfstoff“, sagte eine Sprecherin. Die Herstellung von Impfstoffen sei ein komplexer Prozess. Wenn die Anforderungen nicht erfüllt seien, könnten Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs leiden.
Eine Meldung, wonach Biontech vorübergehend auf den Patentschutz für den Corona-Impfstoff verzichte, sei nicht zutreffend. Zuvor hatte es Berichte gegeben, laut denen Biontech den Patentschutz vorerst nicht mehr durchsetzen wolle. Das Versprechen hatte der amerikanische Impfstoffhersteller Moderna bereits vor einigen Monaten gegeben.
Um den Patentschutz war eine politische Debatte entbrannt. Die Weltgesundheitsorganisation spricht sich dafür aus, ihn generell auszusetzen, um die Bevölkerung ärmerer Länder günstig mit Impfstoff versorgen zu können. Die US-Regierung hat sich dieser Forderung angeschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich dagegen ausgesprochen, auch die EU sieht darin „kein Wundermittel“.
Macron: Problem sind die Produktion und Exportbeschränkungen
Das Thema Patentschutz beschäftigte die EU-Mitgliedstaaten auch auf ihrem Treffen im portugiesischen Porto. EU-Ratschef Charles Michel erklärte, die Europäische Union sehe im US-Vorstoß zur Freigabe von Patenten keine „Wunderlösung“ zur Versorgung der Welt mit Corona-Impfstoff. Zugleich warb er für die rasche Aufhebung von Exportschranken. Dennoch sei die EU gesprächsbereit, sobald ein konkreter Vorschlag aus den USA vorliege.
Die 27 EU-Staaten hatten am Freitagabend über den überraschenden Vorstoß von US-Präsident Joe Biden beraten. Würden Patente aufgehoben, könnten Hersteller weltweit ohne Lizenzgebühren die Corona-Impfstoffe produzieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich nach Angaben aus EU-Kreisen klar gegen die Patentfreigabe gewandt – unter anderem, weil Fachwissen über neuartige mRNA-Impfstoffe – wie zum Beispiel von Biontech/Pfizer – an China abfließen könnte.
Die EU ist nach eigenen Angaben derzeit die einzige demokratische Region, die in großem Maßstab Corona-Impfstoff exportiert. Mehr als 200 Millionen Dosen seien aus der EU ausgeführt worden – in etwa die Liefermenge innerhalb der Union. Die USA behalten dort produzierten Impfstoff hingegen vorrangig selbst. Biden hatte Ende April bekräftigt, dass zunächst jeder Amerikaner Zugang haben solle.
Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte, es gebe derzeit keine einzige Fabrik auf der Welt, die wegen fehlender Patente keine Dosen für arme Länder produzieren könnte. Problem seien die Produktion und die Exportbeschränkungen. Diese sollten aufgehoben und Fabriken ausgebaut werden. Patentrechte sollten nur dann ausgesetzt werden, wenn diese die Versorgung der ärmsten Länder einschränken.
Dutzende Länder fordern seit Monaten die Freigabe von Patentrechten. Bidens Unterstützung dafür gilt als Überraschung. Kritiker wenden ein, die neuartigen Impfstoffe seien so komplex, dass Dritte sie nicht ohne Unterstützung der Entwickler herstellen könnten. Haupthemmnis seien fehlende Produktionsstätten, Kenntnisse und Rohstoffnachschub.
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