Sabine Bendiek Wie die ehemalige Microsoft-Deutschland-Chefin SAP auf Trab bringen will

Die Managerin ist bei SAP Personalchefin und Chief Operating Officer in Personalunion – eine mächtige Position.
Düsseldorf Ihre Rolle ist immer noch erklärungsbedürftig. Also veröffentlichte Sabine Bendiek vor einigen Wochen einen Artikel im Karrierenetzwerk LinkedIn, wo sie neben Geschäftspartnern auch viele Kollegen erreicht.
Die Managerin, bei SAP seit Jahresbeginn Personalchefin, hat im Juli zusätzlich die Position des Chief Operating Officer (COO) übernommen. Damit ist sie für die Menschen wie für die Prozesse verantwortlich.
Diese Kombination sei ungewöhnlich, aber für die Transformation des Konzerns nötig, argumentierte die 55-jährige Betriebswirtin. Die beiden Ressorts gehörten zusammen wie Pfeffer und Salz, schrieb sie unter dem Bild zweier stilisierter Streuer.
Bendiek soll dazu beitragen, dass der Softwarehersteller zur „Cloud-Company“ wird. Das erfordert mehr Tempo bei der Entwicklung, mehr Nähe zu den Kunden, mehr Vernetzung mit Partnern, kurz: ein anderes Arbeiten.
An der Veränderung der Unternehmenskultur haben sich bei SAP indes schon mehrere Personalverantwortliche abgearbeitet. Nun ist ausgerechnet eine Managerin dafür verantwortlich, die sehr erfahren ist, aber noch nie ein Personalressort geleitet hat. Ihre Arbeit wird daher genau beäugt – kein Wunder, dass der Erklärungsbedarf hoch ist.
„Cloud first“ bei Microsoft umgesetzt
Für die Aufgabe bei SAP empfahl sich Sabine Bendiek als Chefin von Microsoft Deutschland. Beim amerikanischen IT-Giganten gilt seit einigen Jahren die Devise „Cloud first“ – die Managerin richtete die Landesgesellschaft in Deutschland erfolgreich darauf aus.
Das ist nun auch bei SAP gefragt. Der Softwarehersteller investiert zwar seit Jahren in das Cloud-Computing. Im Kerngeschäft mit Systemen für die Steuerung von zentralen Geschäftsprozessen wie Lagerhaltung, Produktion und Finanzen hat die Umstellung aber spät begonnen. SAP habe „länger an den Konzeptionen gearbeitet“, sagt Bendiek.
Nun herrscht jedoch Eile: In der Coronakrise ist die Nachfrage deutlich gestiegen, gleichzeitig sehen Konkurrenten wie Oracle und Workday in der Umstellung eine Chance, dem Marktführer seine Position streitig zu machen. SAP investiert deswegen kräftig, mittlerweile mit ersten Erfolgen.
Zu Bendieks Aufgaben gehört es, die richtigen Leute mit den richtigen Fähigkeiten an den richtigen Ort zu bekommen. Das ist nicht trivial: SAP sei als internationaler Konzern mit langer Historie und vielfältigen Produkten eine „hochkomplexe Umgebung“, analysiert sie. „Es gibt gefühlt immer eine Million Sachen, die getan werden müssen – daher müssen wir Klarheit schaffen, wie wir die wichtigen Dinge tun.“
Um das zu erreichen, hat Bendiek beispielsweise die neue Einheit „People Success Services“ geschaffen, um zum Beispiel „strategische Personalprioritäten für unsere Führungskräfte voranzutreiben“ und somit Nachfolgeregelungen besser zu steuern.
Mehr Agilität für die Ingenieurkultur
Ebenso wichtig wie die Organisation ist indes die Kultur. Die Zusammenarbeit bei SAP ist zwar gut, wie sich in der Coronakrise gezeigt hat. Allerdings sei über die Jahre die Agilität verloren gegangen, in einigen Bereichen herrsche Mikromanagement, so ist intern zu hören. Einige Insider monieren zudem, dass bei Beförderungen die Führungskompetenz der Kandidaten nicht ausreichend berücksichtigt werde.
Bendiek, die als direkt und durchsetzungsstark gilt, kündigt Veränderungen an. „SAP hat eine ‚Engineering-Culture‘ in den Genen“, weiß sie. „Wir stellen sicher, dass wir alles komplett durchdenken. Diese Kultur hat viele Vorteile – nun müssen wir dies mit Schnelligkeit und Agilität zusammenbringen. Das ist ein wichtiger Punkt, an dem wir weiter arbeiten.“
Der Führung komme dabei eine zentrale Rolle zu: „Das Wichtigste ist eine lernende Kultur.“ Deswegen gelte es, die richtigen Signale zu senden – etwa dass Fehler für die Weiterentwicklung wichtig seien. In diesem Zuge will Bendiek die Eigenverantwortung fördern: „Wir möchten keine Kultur, in der man sich immer und für alles Rückendeckung holen muss.“
In ihrem öffentlichen Beitrag auf LinkedIn blieb Bendiek allgemein. Auch intern wartet man noch auf Details: Wie genau die Managerin die Kultur nachhaltig verändern will, ist vielen SAPlern noch unklar. Dafür reichen Mission-Statements und Workshops nicht aus.
Noch wenig Impulse als Personalchefin
Die Zurückhaltung dürfte mit Bendieks Aufgabenverständnis zu tun haben. Die Managerin habe sich bislang auf die Aufgabe als COO konzentriert – bei SAP eine Schlüsselposition – und als Personalchefin wenig Impulse gegeben, berichten mehrere Mitarbeitervertreter.
Zudem wird Sabine Bendiek Aufgaben delegieren, wie sie es von anderen Führungskräften erwartet. Für das Thema „Future of Work“ hat sie beispielsweise einen Stab geschaffen, den der Personalspezialist Christian Schmeichel leiten wird.
Klar ist: Während bei LinkedIn begeisterte Kommentare überwiegen, gibt es intern Gesprächsbedarf. Konkret gilt das etwa für den „Pledge to Flex“, der Mitarbeitern dauerhaft ein flexibles Arbeitsmodell zusichert. Die Ausgestaltung steht jedoch noch aus. „Es sind sicher noch viele Gespräche über ‚Pledge to Flex‘ zu führen“, sagt Klaus Merx, Vorsitzender des Betriebsrats der SAP SE. „Der Betriebsrat hat ein Mitspracherecht.“
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