Kommentar Das Smartphone-Zeitalter endet – es droht die völlige Daten-Ohnmacht

Das Smartphone, wie wir es kennen, ist als Technologie weitgehend fertig entwickelt und damit in einer ähnlichen Situation wie der Verbrennungsmotor.
Mit großer Begeisterung fieberten Jahr für Jahr Apple-Fans und große Teile der Digitalwirtschaft dem Termin entgegen, an dem Apple seine neuen iPhones vorstellte. Und sie wurden selten enttäuscht. Mit dem berührungsempfindlichen Display, dem App-Store, dem Fingerabdruck-Sensor, der Gesichtserkennung und anderen Innovationen setzte Apple Standards für die Branche und machte immer wieder auch neue Geschäftsmodelle möglich.
Am Dienstagabend deutscher Zeit war es wieder so weit. Apple hatte zur Produktpräsentation in sein futuristisches Hauptquartier nach Cupertino geladen. Und was gab es zu bestaunen? Ein Weitwinkel-Objektiv, einen besseren Akku und einen schnelleren Prozessor. Aufregend geht anders. Manche sehen in den flauen Produkt-News ein Innovationsproblem bei Apple.
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Doch das greift zu kurz. Das Smartphone, wie wir es kennen, ist als Technologie weitgehend fertig entwickelt und damit in einer ähnlichen Situation wie der Verbrennungsmotor. Kleine Verbesserungen und Effizienzgewinne wird es noch viele Jahre geben, vielleicht wird sich auch noch ein faltbares Smartphone durchsetzen. Aber das war es dann.
Das Smartphone-Zeitalter neigt sich dem Ende zu. Das zeigen auch die weltweiten Verkaufszahlen, die schon seit Monaten sinken. Zum ersten Mal seit sieben Jahren macht Apple mit dem iPhone weniger als 50 Prozent seines Umsatzes. Andere Geschäfte werden wichtiger: Software, Musik, Filme und die Apple Watch.
Auch bei Unternehmen wie Samsung, dem größten Smartphone-Hersteller, ist längst vom Ende dieser Ära die Rede. Dort glaubt man, dass viele Aufgaben, die Nutzer heute mit dem Smartphone erledigen, künftig von anderen vernetzten Geräten übernommen werden – von vernetzten Autos, smarten Lautsprechern oder intelligenten Uhren.
Diese Einschätzung ist richtig, das zeigen auch die schnell wachsenden Verkaufszahlen solcher Devices. Es beginnt die Ära des Internets der Dinge. Das ist das Zeitalter, in dem Hersteller immer mehr Geräte vernetzen und in dem Nutzer seltener Displays brauchen, um mit digitalen Diensten zu interagieren. Denn viele Geräte lassen sich mehr oder weniger einfach mit Sprache steuern.
Apple wandelt sich zum Serviceunternehmen
Das Internet löst sich damit von der Hardware, und ins Zentrum rücken virtuelle Assistenten. Mal sprechen die Assistenten über einen vernetzten Lautsprecher mit den Nutzern, mal über smarte Uhren und ein anderes Mal über den Bordcomputer im Auto.
Es ist aber auch die Zeit, in der Tech-Konzerne so viele Daten über ihre Nutzer sammeln werden wie nie zuvor. Am Wandel von Apple zum Serviceunternehmen zeigt sich dies. Wer eine intelligente Uhr trägt, lässt Unternehmen wie Apple rund um die Uhr Vitalzeichen wie den Puls aufzeichnen. Wer eine vernetzte Box mit Mikrofonen und Kameras im Schlafzimmer stehen hat... Sie ahnen es. Und da haben wir noch nicht einmal über vernetzte Matratzen gesprochen.
All diese sensiblen Informationen schlummern auf den Servern von Google, Amazon, Facebook und Apple. Die Daten verschwinden in für Nutzer schwer durchschaubaren Silos, und damit wird der Kunde wird zum Gefangenen: Zwischen iPhone und Android-Smartphones zu wechseln war schon schwer genug.
Aber es ist nahezu unmöglich, mit den gesamten Daten eines Haushalts etwa von Google Home zu Amazons Alexa umzuziehen. Ganz zu schweigen davon, dass längst kein Nutzer mehr nachvollziehen kann, was die Tech-Konzerne alles mit ihren Daten anstellen.
Das ist nicht nur ein Thema für Datenschützer, sondern vor allem für Regulierer und letztlich auch die Bundesregierung. Die Tech-Konzerne müssen – mindestens – dazu gezwungen werden, es Nutzern wesentlich leichter zu machen, bei einem Anbieterwechsel ihre Daten mitzunehmen.
Unabhängige Plattformen wären eine Lösung
Die Technologien dafür müssten sie gemeinsam entwickeln. Bislang gibt es bei den Silicon-Valley-Riesen allerdings wenig Interesse an einer solchen Zusammenarbeit. Jedes Unternehmen versucht für sich, so viele Daten zu sammeln wie nur irgend möglich.
Besser noch wäre es, wenn die Daten in Zukunft auf unabhängigen Plattformen liegen würden, von denen aus Nutzer den Daten-Konzernen individuell Zugriff geben können. Sie könnten ihnen damit für bestimmte Zeit und über spezielle Funktionen erlauben, ihre Einkaufshistorie oder ihren Aufenthaltsort freizugeben. Brauchen die Konzerne mehr Daten, müssten sie bei den Nutzern gezielt fragen.
Die Initiative für solche Lösungen müsste allerdings von nationalen Wettbewerbsbehörden oder der Bundesregierung kommen, oder noch besser: der EU-Kommission. Die Tech-Konzerne selbst sind nicht geneigt, den Nutzern die Kontrolle über ihre Daten zu geben. Spätestens dann würde ja jeder verstehen, was die Unternehmen wirklich alles mit ihren Daten anstellen.
Es wird höchste Zeit, dass die Tech-Konzerne zu einem anderen Umgang mit den Daten der Nutzer gezwungen werden. Wenn das nicht gelingt, droht die völlige Daten-Ohnmacht. Denn schon in wenigen Jahren wird sonst ein großer Teil unserer sensibelsten Informationen in den verschlossenen Silos der Tech-Konzerne verschwunden sein. Und damit die Datensouveränität der Nutzer.
Mehr: Die neuen iPhones sind technisch ausgereift, aber teuer und wenig überraschend. Das Servicegeschäft wird für Apple so immer wichtiger.
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Eine sehr gewagte und äußerst kurzsichtige These. Die Ära des Smartphones, denke ich, hat noch nicht einmal richtig begonnen. Der Name wird sich wahrscheinlich ändern. Von Smartphone zu etwas anderem. Der Kern, seine tiefer gehende Bedeutung, stellt sich jedoch dar durch die Möglichkeit der Ergänzung und Erweiterung unserer Organe und unserer hergebrachten Sinne. Hier hat das zukünftige Gerät seine entscheidende Aufgabe eines Interfaces zwischen dem von Natur aus isoliertem Individuum und seiner zivilisatorischen Umgebung. Es übernimmt zu Einen die Arbeit der lokalen, zerebralen Aufstockung der individualen Persönlichkeitsstruktur. (Apples Bionik Chip A13). Es übernimmt die Arbeit der Ergänzung und der Erweiterung der traditionellen biologischen Sinnesorgane (Infrarotfotografie). Das Gerät ist auch das Interface zwischen Gehirn und Welt (Neuralinks Neural Lace). Das Entscheidenste aber ist seine Aufgabe als Bindeglied zwischen lokaler individueller Person und ihrem künftigem QuantenKI basierten Atavar in der Cloud.
Wie passend dazu Qualityland von Marc Uwe Kling (nein, keine Werbung, habs nur die Tage angehört und es passt leider frappierend). Wenn man den Artikel durchließt, das bekannte in der Entwicklung extrapoliert und gegebene Wahrscheinlichkeiten berücksichtigt kommt man unweigerlich auf immer das gleiche Scenario, das hier angedeutet wird und in dem Roman als erschreckende Realsatire ausgearbeitet ist. Neben dem Homor, beschreibt er stichhaltig die Nebenwirkungen der Netz- und IT-Entwiklung.
1. Unabhängige Datenspeicher gibt es doch wie Sand am Meer. Auf Wunsch auch verschlüsselt.
2. Gegen die Datensammelwut kann man sich doch mit Techniken wie z.B. VPN leicht schützen. Dafür sind auch keine Spezialkenntnisse erforderlich. Wenn man trotzdem Hilfe braucht, sind auf den Websites der Computerzeitschriften Anleitungen ohne Ende.
3. Die Ära der Smartphones geht nicht zu Ende. Statt der Neuanschaffungen kommt jetzt die Phase der Ersatzbeschaffungen.
Und der Anteil der Personen, die bereit sind, über 300€ für ein Smartphone auszugeben wird geringer.
4. Das es für das IoT die große Neuanschaffungswelle geben wird bezweifele ich.
Zitat: "Ganz zu schweigen davon, dass längst kein Nutzer mehr nachvollziehen kann, was die Tech-Konzerne alles mit ihren Daten anstellen. Das ist nicht nur ein Thema für Datenschützer, sondern vor allem für Regulierer und letztlich auch die Bundesregierung. "
Das sehe ich anders. Es ist auch und gerade eine Aufgabe für jeden einzelnen Nutzer, zu entscheiden, was wirklich sinnvoll ist, und jede genutzte Funktion gegen etwaige Datenschutz-Bedenken abzuwägen. Wir alle waren wie die Kinder, die ein neues Spielzeug bekamen, und haben jede noch so sinnlose Entwicklung als neuen Hype gefeiert. Wenn es aber immer häufiger zu eklatantem Missbrauch unserer Daten kommt (siehe auch: 400 Millionen Telefonnummern von Nutzern der Facebook-Suchfunktion im Internet) dann muss sich jede Einzelne fragen, wie weit er (oder sie) die Eigenverantwortung abgeben will.