ESG-Risiken Unterschätzte Klimarisiken: Norwegischer Staatsfonds könnte künftig Klima-Stresstests verlangen

Auch Unternehmen, die Öl fördern, hätten die Chance auf eine Entwicklung hin zu einem klimafreundlichen Geschäftsmodell, so die Studie.
Düsseldorf Fast 1,4 Billionen Dollar verwaltet der norwegische Staatsfonds. Geld, das so diversifiziert investiert ist, dass es auch gegen Klimarisiken relativ gut abgesichert ist – allerdings nur für den Fall eines moderaten Klimawandels, so eine Studie einer Expertengruppe im Auftrag des norwegischen Finanzministeriums.
Die Auswirkungen des Klimawandels seien aber in den meisten Sektoren, mit Ausnahme der Ölindustrie, bisher kaum verstanden worden, sagte der leitende Autor der Studie, Martin Skancke, der Nachrichtenagentur Bloomberg.
Es gebe gute Gründe anzunehmen, dass einige Märkte in der Unsicherheit Risiken eher unterschätzen würden. So preise die Immobilienwirtschaft nicht angemessen ein, dass bestimmte Regionen unbewohnbar werden könnten. Die Versicherungsindustrie unterschätze Schäden, die durch extreme Wetterereignisse entstehen können. Und Banken wiederum würden Klimarisiken mehrerer Sektoren in ihren Kreditbüchern bündeln.
Die Autoren empfehlen dem Fonds daher zusätzliche Maßnahmen. Das Ziel soll nicht nur sein, die Risiken zu reduzieren: Norwegen soll mit dem Fonds die Ambition haben, beim Umgang mit Klimarisiken weltweit führend zu sein.
Die Norge Bank, die den Fonds verwaltet, soll zukünftig von Unternehmen, in die sie investiert hat, Stresstests gegen Klimarisiken verlangen. Bei solchen Tests müssten Unternehmen ihre Geschäftsmodelle unter hypothetischen klimapolitischen Maßnahmen prüfen. Darunter müsse auch ein Szenario sein, das die Ziele des Pariser Klimaabkommens einhalte. In dem Abkommen haben 195 Staaten und die Europäische Union sich dazu verpflichtet, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen.
Als Investor aktiv sein
Die Norge Bank soll zudem als Investor aktiv auftreten. Einfluss auf die Geschäftsmodelle zu nehmen sei ein Schlüsselinstrument, um mit Klimarisiken umzugehen. Man dürfe Risiken dabei nicht zu sehr auf gesamte Branchen projizieren, sondern müsse einzelne Unternehmen in den Blick nehmen. So sei die Ölindustrie sicherlich eine Branche mit hohen Klimarisiken, doch „es ist durchaus möglich, dass ein bestimmtes Unternehmen sich wandelt und bei erneuerbaren Energien führend wird“, sagte Skancke.
Sollten Unternehmen nicht in der Lage sein, sich überzeugend neu zu strukturieren, müsse die Bank sich aus der Investition zurückziehen. Unternehmen, die mit hohem Risiko drastischen ökologischen Schaden verursachen oder einen zu hohen Ausstoß von Kohlenstoffdioxid hätten, sollten aus dem Fonds ausgeschlossen werden. Das soll aber die letzte Option sein. Man wolle grundsätzlich den breiten Ansatz des Fonds erhalten und den Einfluss auf die Unternehmen nutzen.
Der Umgang mit Klimarisiken müsse auch im Regelwerk des Fonds niedergeschrieben werden. Dazu sei eine Änderung des Mandats notwendig. In den Investitionen seien in der Vergangenheit zwar bereits viele Klimarisiken berücksichtigt worden, das habe aber am persönlichen Einsatz von Mitarbeitern gelegen.
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