Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke
Zum The Spark - der deutsche Digitalpreis Special von Handelsblatt Online

Experten zum Klimawandel Viele G20-Staaten beim Klimaschutz weiter als Deutschland – 1,5-Grad-Ziel dennoch schwer erreichbar

Die Maßnahmen zum Klimaschutz sind national wie international unzureichend, zeigt der neue „Climate Transparency-Report“. Der Handlungsbedarf für die kommende Regierung ist enorm.
14.10.2021 - 06:07 Uhr Kommentieren
Auch weil ein klares Bekenntnis zum Kohleausstieg bis 2030 fehlt, scheint das 1,5-Grad-Ziel zunehmend unerreichbar.
Braunkohletagebau Garzweiler

Auch weil ein klares Bekenntnis zum Kohleausstieg bis 2030 fehlt, scheint das 1,5-Grad-Ziel zunehmend unerreichbar.

Berlin Bisher dringt wenig aus den Sondierungsgesprächen von SPD, Grünen und FDP nach draußen. Klar ist jedoch, dass die künftige Energie- und Klimapolitik einer der größten Streitpunkte der derzeitigen Sondierungspartner ist. Auch international rückt der Schutz des Klimas ganz oben auf die Tagesordnung.

Denn gut zwei Wochen vor dem G20-Gipfel in Rom und der Weltklimakonferenz in Glasgow zeigt der „Climate Transparency-Report“ den Rückstand der weltweit größten Industrie- und Schwellenländer beim Schutz des Klimas. Der an diesem Donnerstag veröffentlichte Report prognostiziert für 2021 einen Anstieg der klimaschädlichen CO2-Emissionen in den G20-Ländern um vier Prozent im Vergleich zum Pandemiejahr 2020. In Ländern wie China, Indien, Indonesien und Argentinien werden sogar höhere Emissionen als 2019 erwartet. Nur ein Bruchteil der Corona-Wiederaufbauhilfen wurde dem Report zufolge in nachhaltige Bereiche investiert.

Climate Transparency ist eine internationale Partnerschaft zwischen mittlerweile 16 Forschungseinrichtungen und Nichtregierungsorganisationen aus 14 G20-Ländern. Seit 2015 gibt die Initiative einmal jährlich einen Überblick über den Klimaschutz in den G20-Ländern und ihre Fortschritte auf dem Weg zur Klimaneutralität.

In der G20 sind 19 Staaten plus die EU vertreten. Sie stehen für 75 Prozent der weltweiten klimaschädlichen Treibhausgasemissionen. Ihr Kurs beim Klimaschutz ist also von allergrößter Bedeutung.

Die Untersuchung von Climate Transparency gilt als eine der umfassendsten Analysen aller klimaschutzrelevanten Daten der G20. Aus Deutschland sind Germanwatch, Humboldt-Viadrina Governance Plattform, Climate Analytics und New Climate Institute beteiligt.

„Der sogenannte Rebound-Effekt – das Wieder-Hochschnellen der Emissionen nach einem deutlichen Rückgang in der Coronakrise – fällt sehr groß aus“, sagt Jan Burck von Germanwatch, einer der Autoren des Reports. „Wenn die G20-Staaten jetzt nicht sehr zügig gegensteuern und Maßnahmen umsetzen, die deutliche Emissionsminderungen noch vor 2030 erreichen, droht das 1,5-Grad-Limit unerreichbar zu werden.“

Kein Land auf 1,5-Grad-Kurs

Vor bald sechs Jahren, im Dezember 2015, hatte sich die Staatengemeinschaft auf das Pariser Klimaabkommen geeinigt. Es sieht vor, die globale Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius, besser auf 1,5 Grad im vorindustriellen Vergleich zu begrenzen und bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu werden. Die bisherigen Klimaziele der G20 würden jedoch zu einer Erderwärmung um 2,4 Grad führen, warnt die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch.

Positiv sei, dass immerhin 14 G20-Staaten, die für insgesamt gut 60 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sind, sich bisher explizit zum Ziel der Klimaneutralität bekannt hätten, heißt es in dem Report. Von Australien, Indien, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien und der Türkei steht ein solches Bekenntnis aus. Der Ehrgeiz wachse, aber insgesamt seien die G20-Länder nicht auf 1,5-Grad-Kurs, heißt es weiter.

Die Emissionen im Verkehrssektor sind in Deutschland seit 2015 gestiegen. Quelle: dpa
Stadtautobahn Berlin

Die Emissionen im Verkehrssektor sind in Deutschland seit 2015 gestiegen.

(Foto: dpa)

Auch Deutschland sei weit entfernt von einer Vorreiterrolle innerhalb der G20, kritisiert Germanwatch. Viele andere G20-Staaten hätten in den vergangenen Jahren größere Schritte gemacht als Deutschland, etwa Großbritannien, „selbst wenn auch hier nicht alles perfekt ist“, so Burck. 

Dabei fällt aber unter anderem negativ auf, dass Deutschland bislang auf ein klares Enddatum für fossile Verbrennungsmotoren bei Neuwagen verzichtet hat und der endgültige Kohleausstieg bislang erst für 2038 vorgesehen ist. Die Emissionen im Verkehrssektor sind hierzulande im Zeitraum 2015 bis 2020 gestiegen, trotz pandemiebedingtem Lockdown. 

Für Deutschland vermerkt der Report positiv, dass knapp 50 Prozent der deutschen Corona-Konjunkturhilfen als „grün“ bezeichnet werden könnten. Das heißt, diese Ausgaben tragen dazu bei, Emissionen zu senken. Nur Kanada mit rund 75 Prozent schneidet besser ab.

Verbrauch von Kohle und Gas steigt

Weltweit steigt der Anteil von Solar- und Windenergie an der Energieversorgung, stellt der Bericht fest. Jedoch nimmt aber auch der Verbrauch von Kohle und Gas wieder zu. 

Der Aufschwung der Weltwirtschaft lässt die Nachfrage nach Kohle, Öl und Gas in diesem Jahr deutlich nach oben schnellen, so heißt es auch im Mittwoch vorgestellten neuen World Energy Outlook. „Die enorm ermutigende Dynamik der Welt im Bereich erneuerbarer Energien stößt auf die hartnäckige Vorherrschaft fossiler Brennstoffe in unseren Energiesystemen“, warnte Fatih Birol, Chef der Internationalen Energieagentur (IEA).

Im „Climate Transparency-Report“ wird davon ausgegangen, dass erneuerbare Energien bis Ende 2021 knapp 30 Prozent des Stromverbrauchs in den G20-Staaten abdecken. Der Kohleverbrauch erhöht sich allerdings um geschätzt fünf Prozent, wobei sich diese Steigerung auf China, die USA und Indien konzentriert.

Der Verbrauch von Erdgas hat sich in den G20-Ländern bereits zwischen 2015 und 2020 um zwölf Prozent erhöht und wird den Prognosen zufolge 2021 auf einem ähnlichen Niveau bleiben. China, Südkorea, Indien, Kanada, die USA und die EU stehen hinter dem Anstieg, da Länder, die die Verstromung von Kohle reduzieren, oft auf Erdgas umsteigen.

In Deutschland etwa – stellte gerade die neue Leitstudie der Deutschen Energie-Agentur (Dena) fest – bräuchte es zusätzlich Gaskraftwerke mit einer Kapazität von 15 Gigawatt, um den Wegfall gesicherter Leistung bei der Kohle auszugleichen.

Nicht der richtige Weg, findet Climate Transparency. Die G20-Mitglieder müssten Investitionen in erneuerbare Energien Vorrang einräumen – auch um „stranded assets“ zu vermeiden. Darunter versteht man Vermögenswerte, die aufgrund der bevorstehenden Transformation der Wirtschaft in eine klimaneutrale Zukunft vor Ende ihrer geplanten wirtschaftlichen Nutzungsdauer an Wert verlieren.

Christoph Bals, politischer Geschäftsführer von Germanwatch, fordert ein Klimaschutzsofortprogramm der nächsten Bundesregierung. „Vor allem im Verkehrs-, Gebäude-, Industrie- und Agrarbereich sind ambitionierte Schritte nötig, aber auch der Kohleausstieg muss auf 2030 vorgezogen werden“, so Bals. 

Mehr: „Klimaneutralität lässt sich nicht herbeifördern“ – Experten fordern radikales Umsteuern in der Klimapolitik

Startseite
0 Kommentare zu "Experten zum Klimawandel: Viele G20-Staaten beim Klimaschutz weiter als Deutschland – 1,5-Grad-Ziel dennoch schwer erreichbar"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%