Klimawende Aktivistische Investoren fordern „grüne Wende“ von Exxon

Der Öl-Riese steht nach historischen Verlusten in der Coronakrise schlecht da.
New York Die Warnung kommt diesmal von der Wall Street. Der aktivistische Hedgefonds Engine No.1 wirft dem US-Erdölkonzern Exxon Mobil vor, mit dem Fokus auf fossile Brennstoffe wie Öl und Gas die eigene Zukunft aufs Spiel zu setzen. Laut einem Bericht der „Financial Times“ vom Montag beklagen die Investoren in einer 80-seitigen Präsentation „Wertevernichtung“ bei Exxon.
Anders als die europäischen Energiekonzerne hat Exxon Mobil seine Strategie in den vergangenen Jahren kaum verändert und konzentriert sich weiterhin auf konventionelle Energieträger. Doch seit dem Amtsantritt von Joe Biden steigt der Druck, stärker auf alternative Energien umzustellen. Analysten mahnen bereits seit Längerem einen Wandel an. Nun machen auch aktivistische Investoren Druck.
Die Forderungen kommen zu einer Zeit, in der die Position des Vorstands wegen der Corona-Pandemie ohnehin geschwächt ist. Exxon, noch vor zehn Jahren das Unternehmen mit dem weltweit höchsten Börsenwert, hat die Investoren zuletzt mit schwachen Gewinnen, hohen Ausgaben und hohen Schulden verärgert. Die vergangenen vier Quartale meldete der Konzern Verluste, schrieb insgesamt 20 Milliarden Dollar ab und verlor außerdem seinen Platz im wichtigen Dow-Jones-Index.
Hinter dem Hedgefonds Engine No.1 stehen der Tech-Investor Chris James und Charles Penner, der Anfang 2018 mit dem aktivistischen Investmentfonds Jana Partners gegen Apple mobil gemacht hatte, weil iPhones zu sehr abhängig machten. „Exxon Mobil hat keinen glaubwürdigen Plan, um seinen Wert im Energiewandel zu schützen“, schreiben die Engine-No.1-Investoren. Exxon weigere sich zu akzeptieren, dass die Nachfrage nach Erdöl sinken könne.
Die Aktivitäten im Bereich der CO2-Speicherung und der Bio-Brennstoffe seien eher Werbung als tatsächliche Anstrengungen, etwas zu ändern, kritisieren die aktivistischen Investoren in ihrer Präsentation. Sie werfen Exxon vor, die eigenen Zahlen zur Emissionsreduktion schönzurechnen und keinen Plan dafür zu haben, wie die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden können.
Immer mehr Pensionsfonds unterstützen die aktivistischen Investoren
Engine No.1 hat seinen Kampf gegen Exxon bereits im Dezember begonnen und will im Mai vier neue Mitglieder in den Aufsichtsrat bringen, die ihre Interessen vertreten. Der Ölkonzern hat die Kritik bisher stets zurückgewiesen. In einem Brief an die Aktionäre kritisierte der Vorstandsvorsitzende Darren Woods bereits im März die Vorwürfe als vage und undefiniert.
Er mahnte die Investoren, sich nicht von einem erst vor Kurzem gegründeten Hedgefonds in die Irre führen zu lassen. „Wir haben einen Plan, der Gewinne und Cashflow steigern und Dividenden zahlen und wachsen lassen wird, der zukünftiges Wachstum finanzieren und der dem Unternehmen eine bedeutende Rolle in der Energiewende geben wird. Engine No.1 hat das nicht“, schrieb Woods darin.
Engine No.1 hält Anteile im Wert von 50 Millionen Dollar an Exxon. Das ist angesichts eines Börsenwerts von mehr als 230 Milliarden Dollar zwar nicht viel. Aber die aktivistischen Investoren gewinnen immer mehr Unterstützer, die mit ihren Stimmen ebenfalls Druck ausüben können. Dazu gehören der große Pensionsfonds der kalifornischen Lehrer CalSTRS und der Fonds der englischen Kirche, die Church Commissioners for England.
Am Freitag hat zudem der Pensionsfonds des Bundesstaats New York – der drittgrößte der Vereinigten Staaten – bekannt gegeben, dass er ebenfalls die Kandidaten von Engine No.1 für den Exxon-Aufsichtsrat unterstützen werde. „Wir bleiben sehr besorgt über die Unfähigkeit von Exxon, die Klima-Risiken anzugehen, und ihre Weigerung, sich auf eine CO2-ärmere Zukunft einzustellen“, sagte der zuständige Aufseher Thomas DiNapoli.
Exxon hatte zuletzt versucht, mit einzelnen Ernennungen für Beruhigung zu sorgen. So gehört der auf soziale Themen spezialisierte aktivistische Investor Jeff Ubben seit Anfang März 2021 dem Vorstand an. Außerdem hat der Konzern Ende März zusammen mit den anderen Ölriesen Chevron und ConocoPhillips sowie weiteren US-Konzernen öffentlich Abgaben auf CO2-Emissionen befürwortet.
Doch das scheint nicht auszureichen, um die aktivistischen Investoren von Engine No.1 und ihre Unterstützer zufriedenzustellen. Sie wollen einen drastischen Wandel sehen. Ende Mai, wenn der Vorstand neu besetzt wird, wird sich zeigen, wer die Oberhand hat.
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