Ein Sprachforscher will mit neuer Software die Versicherungsbranche vereinfachen
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Köpfe der künstlichen Intelligenz (2)Linguist Ramin Assadollahi ist der Maschinenversteher
Der Computerlinguist entwickelte einst eine Software, die die Handynutzung revolutionierte. Nun will er die Versicherungsbranche einfacher machen.
Der Computerlinguist musste viele Jahre lang über seine Erfindung schweigen.
(Foto: ExB Labs )
Düsseldorf Er musste sich oft beherrschen. Millionen Menschen nutzten zwar seine Erfindung, aber Ramin Assadollahi durfte keinem davon erzählen.
Der Computerlinguist hatte 2000 eine Software entwickelt, die Handynutzern das Leben deutlich erleichterte: Sie machte beim Tippen von SMS oder Notizen Vorschläge, welches Wort als Nächstes kommen könnte. Nokia, 2010 noch Marktführer, kaufte die Technologie samt der Patente – und verlangte Verschwiegenheit. „Für einen Gründer ist das schon schlimm“, sagt er heute.
Es hat sich gelohnt. Nicht nur wegen des Erlöses, über den der Sprachforscher immer noch nicht spricht. Der Deal zeigte ihm, wie begehrt sein Wissen schon damals war. Heute ist er mit seinem Unternehmen ExB Labs ein begehrter Partner für die Autoindustrie, zunehmend auch für Versicherungen: Wie damals für Nokia könnte das Sprachverständnis für sie zu einer Schlüsseltechnologie werden.
Wenn Assadollahi Laien erklärt, was seine Firma entwickelt, spricht er von Verstehmaschinen. Diese können beispielsweise den Austausch zwischen Mensch und Maschine ermöglichen. Zum Beispiel so: Der Fahrer fragt, warum eine Warnlampe leuchtet, das Auto gibt im Nu die Antwort über die Lautsprecher. Oder: Die Klimaanlage stellt sich automatisch auf die Vorlieben der Personen ein, die gerade eingestiegen sind.
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Für den Computerversteher ist das die logische Entwicklung, wenn Autos immer autonomer werden. „Das Fahrzeug wird stark dadurch definiert, wie es sich anfühlt“, sagt er. „Es kommt nicht nur aufs Fahrverhalten an, sondern ob es sich anfühlt wie ein Butler, Dienstleister oder Partner.“ Dafür muss es den Kontext verstehen, mehr noch als ein Nokia-Handy, das das nächste Wort vorschlägt.
Dabei soll es nicht bleiben. So zeigt die Versicherungswirtschaft großes Interesse: Die Unternehmen müssen jedes Jahr Millionen Dokumente verarbeiten, von Kündigungen bis zu Schadensmeldungen. „In den Prozessen steckt noch viel Handarbeit, dadurch entstehen große Verzögerungen“, weiß Assadollahi. So übertragen Mitarbeiter immer noch wichtige Informationen aus Briefen in Formulare. Diese umständliche Arbeit ist eine Chance für seine Firma. Mit einer Finanzierungsrunde will er das Geschäft ausbauen.
Technologie für Sprachverarbeitung entwickeln große amerikanische IT-Konzerne auch, namentlich Amazon, IBM und Microsoft. Dennoch – oder gerade deswegen – hat ExB Labs einen Vorteil: „Die Kunden sind froh, dass es eine Firma in derselben Zeitzone gibt, die dieselbe Sprache spricht und dieselbe Ingenieursdenke zeigt“, sagt Assadollahi. Zu seinen Partnern zählen Audi und Bosch. Die Konkurrenz mit ihren großen Marketingbudgets helfe zudem, ein Bewusstsein für künstliche Intelligenz zu schaffen.
Köpfe der künstlichen Intelligenz
Wenn Ihr Onlinehändler Produkte vorschlägt, die Sie gar nicht gesucht haben, oder Ihr Computer plötzlich weiß, wer auf Ihren Urlaubsfotos zu sehen ist – dann ist in der Regel künstliche Intelligenz (KI) im Spiel. Die Technologie, die massenhaft Daten auswerten und aus den Ergebnissen lernen kann, gilt als Zukunftsthema schlechthin. Allzu oft geht der Blick bei Innovationen in dem Feld zuerst in die USA.
Doch auch in Deutschland arbeiten Forscher und Unternehmer an lernenden Algorithmen, die das Potenzial haben, die Wirtschaft oder gar das Leben Abertausender Menschen zu verändern. Diese digitalen Pioniere stellt das Handelsblatt in der Serie „Köpfe der künstlichen Intelligenz“ vor.
Seine Firma hat ihren Sitz in Leipzig, fernab der Start-up-Hauptstadt Berlin und industrieller Zentren wie München. Assadollahi muss daher einiges tun, um die Spezialisten anzulocken – ExB Labs bietet beispielsweise Firmenwohnungen und hilft ausländischen Neulingen mit Visum und Sprache. Unter den 50 Mitarbeitern stammen viele aus dem Ausland. „Man darf nicht nur auf Deutschland gucken“, weiß der Unternehmer.
Assadollahi setzt darauf, dass die Arbeit attraktiv ist. „Unsere Mitarbeiter genießen, dass sie nah an der Forschung sind, und die Forscher genießen, dass ihre Forschung in Produkte kommt.“ Und vielleicht entsteht ja wieder ein Produkt, das Millionen Menschen nutzen.
Künstliche Intelligenz zählt zu den zentralen Zukunftsthemen: In einer Serie stellen wir die Vordenker dieser technologischen Revolution vor.
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