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Airline-Pleite Brexit könnte Geldregen für Air-Berlin-Gläubiger bringen

Die Fluggesellschaft hatte beim Zusammenbruch 2017 kaum Geld in der Kasse. Nun soll eine Tochter der Deutschen Börse für die Forderungen aufkommen.
11.10.2021 - 11:29 Uhr Kommentieren
Die Insolvenzmasse der ehemaligen Airline beträgt lediglich 10,7 Millionen Euro. Quelle: AP
Flugzeuge von Air Berlin im April 2014

Die Insolvenzmasse der ehemaligen Airline beträgt lediglich 10,7 Millionen Euro.

(Foto: AP)

Köln Würde man die Insolvenztabelle von Air Berlin ausdrucken, bräuchte man 3000 Seiten Papier. Allein 1,3 Millionen Passagiere bezahlten 850 Millionen Euro für Flüge, die sie nie antreten konnten. Insolvenzverwalter Lucas Flöther hält bislang Forderungen in Höhe von 497,8 Millionen Euro an die Fluggesellschaft für berechtigt, es könnten noch Milliarden dazukommen.

Das Problem: Die sogenannte Insolvenzmasse gibt Flöther mit 10,7 Millionen Euro an – 97,8 Prozent weniger als die anerkannten Forderungen. Dabei muss es jedoch nicht bleiben: Eine juristische Spätfolge des Brexits lässt die Gläubiger der 2017 untergegangenen Fluggesellschaft nun hoffen.

Weil die in Großbritannien registrierte Air Berlin nach dem Austritt des Landes aus der Europäischen Union automatisch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts wurde, muss womöglich ihr Eigentümer für alle Insolvenzschäden haften. Dies könnte Clearstream sein, eine Tochter der Deutschen Börse.

Insolvenzverwalter Flöther hat deshalb Klage beim Landgericht Frankfurt eingereicht. Der Streitwert beträgt 497,8 Millionen Euro, exakt die Summe der bisher anerkannten Forderungen in der Insolvenztabelle von Air Berlin. Setzt sich Flöther durch, würden die Gläubiger zu 100 Prozent befriedigt. Ein Ende, das sich niemand vorzustellen wagte.

Flöther, der zur ersten Riege der Insolvenzverwalter in Deutschland zählt, gibt sich selbstbewusst: „Wir haben uns die rechtliche Lage genau angeschaut. Nach dem Brexit ist Clearstream nach unserer Rechtsauffassung als Aktionärin zur persönlich haftenden Gesellschafterin von Air Berlin geworden, und als solche muss sie haften.“

Die Beklagte weist die Forderungen zurück. „Clearstream hatte bereits vorsorglich die Folgen des Brexits für die Rechtsverhältnisse der Air Berlin unter Einbeziehung externen Rechtsrats eingehend geprüft und hält jegliche Ansprüche in diesem Zusammenhang für unbegründet“, sagt eine Unternehmenssprecherin. An dieser Einschätzung habe auch die zwischenzeitlich vorliegende Klagebegründung nichts geändert.

„Clearstream wird alle notwendigen und geeigneten Maßnahmen ergreifen, um sich gegen diese Klage zu verteidigen“, so die Sprecherin. Das Unternehmen hat bis Ende des Jahres Zeit, dem Gericht seine Argumente zu präsentieren.

Streitwert könnte sich vervielfachen

Fakt ist: Obwohl Air Berlin als deutsche Fluglinie auftrat, war sie als Public Limited Company (PLC) in Großbritannien zugelassen – also als Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Nach dem Brexit änderte sich das. Wegen des Verwaltungssitzes in Deutschland wandelte sich die insolvente Fluggesellschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Bei einer solchen könnten im Falle einer Insolvenz die Eigentümer für die Schäden geradestehen müssen.

Der Insolvenzverwalter beruft sich in seiner Klage auf einen Vertrag zwischen Air Berlin und Clearstream aus dem Jahr 2006. Die Deutsche-Börse-Tochter ist demnach in Großbritannien als Inhaberin aller Stammaktien von Air Berlin eingetragen, da sie diese für die Aktionäre verwahrt.

Maßgeblich für die Haftung von Clearstream sei, dass „die Schuldnerin nach Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union nach Ablauf der Übergangsfrist am 31. Dezember 2020 in Deutschland nicht mehr als GmbH nach deutschem Recht anerkannt wird“, argumentiert Flöther in der Klageschrift, die das Handelsblatt einsehen konnte.

Die aktuelle Klagesumme von 497,8 Millionen Euro ist dabei womöglich nur ein Anfang. Flöther hat diese Summe anerkannt, die gestellten Forderungen der Gläubiger sind aber weit höher: mehr als 8,5 Milliarden Euro. Zwar sind nicht alle Anmeldungen begründet, doch schließlich könnte es um einige Milliarden Euro gehen. Der aktuelle Streitwert in der Clearstream-Klage erhöht sich jedenfalls in dem Maße, in dem weitere Forderungen anerkannt werden.

Flöther schätzt die Dauer des Insolvenzverfahrens von Air Berlin noch auf mindestens fünf Jahre. Jeden weiteren Cent, den er in dieser Zeit als Forderung der Gläubiger anerkennt, will er von Clearstream einfordern.

Mehr: Wie Air-Berlin-Insolvenzverwalter Forderungen gegenüber Etihad versilbern will

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