Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Baukonzern vor Zerschlagung Bye-bye, Bilfinger

Bilfinger geht in eine ungewisse Zukunft, der Bau- und Dienstleistungskonzern steht vor der Zerschlagung. Eine Verkettung von Fehlern im Management und bei der Aufsicht hat zu dem Debakel geführt. Eine Analyse.
18.01.2016 - 16:00 Uhr Kommentieren
Ein Investor hat bei dem Baukonzern das Sagen. Quelle: dpa
Bilfinger-Zentrale in Mannheim

Ein Investor hat bei dem Baukonzern das Sagen.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Auch wenn Bilfinger das noch so gebetsmühlenartig dementieren lässt, der einst so große und stolze Bau- und Dienstleistungskonzern steht vor einer ausgesprochen ungewissen Zukunft. Wenn der Mehrheitseigner Cevian die Sparte für Gebäudedienstleistungen jetzt zum Verkauf stellt, dann trennt sich der Konzern von seinem renditestärksten Geschäftszweig und mindert die Überlebenschancen der übrig bleibenden Unternehmensteile, der schwächelnden Industriesparte und der hochdefizitären Kraftwerkssparte. Der nach der Pleite von Holzmann letzte große und unabhängige deutsche Konzern der Bauindustrie wäre nahezu bedeutungslos.

Es ist eine Mischung aus Kontroll- und Managementversagen, mit der Bilfinger das Schicksal herausgefordert hat. Alles beginnt mit dem Plan des langjährigen Konzernchefs Herbert Bodner, der den Baukonzern in einen Dienstleistungskonzern umwandeln wollte. Er hatte dafür triftige Gründe. Erstens ist das Baugeschäft sehr zyklisch und wirft obendrein meist nur geringe Margen ab. Zweitens hatte sich Bilfinger auf vielen Baustellen großen Ärger eingehandelt. Bilfinger und Projektmanagement – das waren und sind zwei Welten. Keine schlechte Entscheidung also, dieses Feld zu räumen.

Martin Tofern
Der Autor

Martin Tofern ist Redakteur in Düsseldorf.

.

Die Fehlerkette

Das tat Bodner, verkaufte Stück für Stück das Baugeschäft und investierte den Erlös in Hunderte Dienstleister aus den Bereichen Klima- und Gebäudetechnik. Analysten spendeten ihm viel Beifall, die Börsen waren vorsichtiger. Zu Recht, wie sich später zeigen sollte. Denn Akquirieren ist eine Sache, die Zukäufe richtig zu integrieren, eine andere. Bodner vernachlässigte Letzteres – Fehler Nummer eins.

Also sollte es Hessens ehemaliger Ministerpräsident Roland Koch richten – Fehler Nummer zwei. Denn die Berufung Kochs folgte weniger sachlichen Kriterien. Es war Klüngelei im Spiel, getrieben vom damaligen und mittlerweile verstorbenen Aufsichtsratschef Bernhard Walter. Koch kam nicht zuletzt über die Seilschaften des ehemaligen Chefs der Dresdner Bank zu Bilfinger, eine Entscheidung, die sich bald rächte. Koch ging mit der ihm eigenen brachialen Konsequenz daran, den Konzern auf modern zu trimmen, und nahm den vielen zugekauften Firmen ihre Eigenständigkeit, indem er sie eng an die Konzernzentrale band.

Gleichzeitig setzte er den Ausverkauf des Baugeschäfts fort. Die Bilfinger-Ingenieure, die über Jahrzehnte einen so hervorragenden Ruf genossen hatten, waren heimatlos. Viele wanderten ab. Damit nicht genug: Die Baukompetenz hatte Bilfinger geholfen, bei den baunahen Dienstleitungen eine gewisse Prämie durchzusetzen. Ohne diese Kompetenz rückte Bilfinger mehr und mehr in den Wettbewerb mit reinrassigen Dienstleistern, wie etwa einer Wisag, zulasten der Marge. Das ist Fehler Nummer drei.

Fehler Nummer vier: Koch unterschätzte die Folgen der Energiewende. Das ist unverständlich, schließlich hätte es dem ehemaligen Mitglied der CDU-Führungsebene nicht an den nötigen Informationen fehlen sollen, dass die Reise in Richtung erneuerbare Energien gehen würde. Die Bilfinger-Sparte Power war aber auf konventionelle Kraftwerke ausgerichtet. Das Geschäft brach ein.

Fehler Nummer fünf: Der Aufsichtsrat von Bilfinger versagte bei seiner obersten Pflicht kläglich: der Kontrolle des Bilfinger-Managements. Also konnte auch keine Kurskorrektur erfolgen. Ursache war vor allem, dass Walter nicht von seinem Amt lassen wollte, obwohl er immer gebrechlicher wurde. Stattdessen ließen die Aufsichtsräte Koch weitgehend unkontrolliert gewähren. Die Folge waren fünf Gewinnwarnungen und Kochs Abgang.

Ein Finanzinvestor hat jetzt das Sagen

Die Frage stellt sich, ob nach dieser fatalen Fehlerkette Bilfinger in seiner jetzigen Form überhaupt noch Bestand haben kann. Klar ist, dass ein Überleben ohne radikale Einschnitte keine Erfolgsaussichten hätte. Ob diese Einschnitte allerdings zwingend in einer Zerschlagung münden müssen, ist zumindest fragwürdig. Doch bei Bilfinger hat jetzt mit Cevian ein Finanzinvestor das Sagen. Einerseits hat dieser Ankeraktionär dem Konzern in schwierigen Zeiten eine gewisse Stabilität verschafft. Andererseits will Cevian bald eine Rendite auf seinen Einsatz sehen oder diesen zumindest wieder zurückbekommen. Und der Investor sieht offensichtlich in der Zerschlagung die einzige Möglichkeit, das zu erreichen.

Das mag man beklagen. Aber eine Zerschlagung bedeutet nicht automatisch den Verlust aller Arbeitsplätze. Im Gegenteil: Nach einem Verkauf und unter einem neuen Eigner können die Chancen auf einen Joberhalt durchaus größer sein. Was bleibt, ist die nicht neue, aber gleichwohl harte Erkenntnis, dass ein auf Wettbewerb aufbauendes Wirtschaftssystem zu viele Fehler einfach nicht verzeiht.

Startseite
Mehr zu: Baukonzern vor Zerschlagung - Bye-bye, Bilfinger
0 Kommentare zu "Baukonzern vor Zerschlagung: Bye-bye, Bilfinger"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%