Bilfinger: Vorstand will Verkaufserlös im Unternehmen lassen
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BilfingerVorstand will Verkaufserlös im Unternehmen lassen
Bilfinger verkauft seine Bau- und Immobiliensparte für 1,2 Milliarden Euro an EQT. Das Geld soll mindestens drei Jahre im Unternehmen bleiben. Dann könnte es aber einen Sonderbonus für die Mitarbeiter geben.
03.06.2016 - 17:03 Uhr
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Bilfinger
Das Mannheimer Unternehmen verkauft seine zentrale Dienstleistungssparte.
Frankfurt Der Erlös aus dem Verkauf der Bau- und Immobiliensparte von Bilfinger soll nach einer schriftlichen Erklärung des Konzern-Vorstandes mindestens drei Jahre im Unternehmen bleiben. Sollten nach der Umsetzung aller Maßnahmen zur nachhaltigen Zukunftssicherung von Bilfinger noch Mittel vorhanden sein, könne es eine Sonderausschüttung an die Aktionäre und einen Sonderbonus für die Mitarbeiter geben, ging aus der Reuters am Freitag vorliegenden Erklärung an die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat hervor. Darüber hatte zuvor auch der „Spiegel“ berichtet.
Eine Sonderausschüttung, mit der der Großaktionär Cevian den Verlust aus seinem Investment bei Bilfinger vermindern könnte, stünde damit vorerst nicht an.
Der schwedische Finanzinvestor EQT übernimmt die Bau- und Immobiliensparte für 1,2 Milliarden Euro. Davon werden rund 300 Millionen Euro erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig. Bilfinger-Finanzvorstand Axel Salzmann hatte am Donnerstag erklärt, ein wesentlicher Teil der Mittel solle zur Neuausrichtung des verbleibenden Geschäfts, den Industriedienstleistungen eingesetzt werden. Die „Industrial“ genannte Sparte konstruiert und wartet Anlagen im Energiesektor und in der Industrie.
Die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat hatte sich lange gegen den Verkauf gesträubt. Doch habe das Kontrollgremium am Donnerstag hinter dem Beschluss gestanden, hatte Aufsichtsratschef Eckhard Cordes erklärt. Der mögliche Sonderbonus an die Mitarbeiter wird in dem Papier des Vorstandes als „Brückner-Bonus“ bezeichnet, also nach dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden und stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Stephan Brückner benannt. In Arbeitnehmerkreisen kritisierte ein Insider, die Vorstandserklärung sei rechtlich nicht verbindlich. „Das ist eine Beruhigungspille, die das Papier nicht wert ist, auf dem sie steht.“ In Unternehmenskreisen hieß es, mit der Erklärung wolle man deutlich machen, dass man gemeinsam an der erfolgreichen Neuausrichtung des Konzerns arbeite.
Der seit zwei Jahren kriselnde Mannheimer Traditionskonzern ist schon länger auf Schrumpfkurs. Mit dem Verkauf des Bau- und Immobiliengeschäfts, in dem das MDax-Unternehmen mit 20.000 Beschäftigten im vergangenen Jahr 2,5 Milliarden Euro Umsatz erzielte, wird Bilfinger nahezu halbiert und ist endgültig kein Baukonzern mehr.
Im verbleibenden Geschäftsfeld Industriedienstleistungen arbeiten rund 30.000 Mitarbeiter, der Umsatz betrug 2015 gut 3,6 Milliarden Euro. Die Sparte leidet unter dem niedrigen Ölpreis und Investitionszurückhaltung in der Energie- sowie der Chemiebranche. Die operative Rendite lag daher mit 3,5 Prozent im vergangenen Jahr gut einen Prozentpunkt unter der des Bau- und Immobilienservicegeschäftes.
Das sind Europas größte Baukonzerne
Koninklijke Bam Groep (Niederlande) – 6,98 Milliarden Euro Umsatz
Das Unternehmen aus dem niederländischen Bunnik bei Utrecht ist europaweit tätig und hat rund 19.500 Mitarbeiter.
Ferrovial (Spanien) – 10,76 Milliarden Euro Umsatz
Das Unternehmen aus Madrid baut und betreibt auch Autobahnen und Flughäfen. Der Konzern errichtete unter anderem das Guggenheim-Museum in Bilbao.
Balfour Beatty (Großbritannien) - 10,6 Milliarden Euro Umsatz
Bereits seit 1909 sind die traditionsreichen Briten im Baugeschäft tätig und gehören zu den Platzhirschen in Europa. Die Londoner beschäftigen europaweit rund 30.000 Mitarbeiter.
Strabag (Österreich) – 12,4 Milliarden Euro Umsatz
Aus Wien in die Welt: Die Österreicher haben vor allem in Osteuropa expandiert. Seit 2014 konnte der Konzern den zuvor stark abgerutschten Umsatz stabilisieren.
Eiffage (Frankreich) – 14,31 Milliarden Euro Umsatz
Neben einigen TGV-Trassen gehört auch die Erweiterung des EU-Parlaments zu den großen Projekten des Konzerns. In Deutschland sind rund 3000 Eiffage-Mitarbeiter beschäftigt.
Skanska (Schweden) - 15,35 Milliarden Euro Umsatz
Kaum eine Straße, ein Kraftwerk oder Bürogebäude in Schweden ist ohne Beteiligung des skandinavischen Bauriesen entstanden. Auch international sind die Schweden aus Solna mittlerweile breit aufgestellt.
Bouygues (Frankreich) - 31,77 Milliarden Euro Umsatz
Neben Immobilien und dem Straßenbau ist der Pariser Konzern Großaktionär des französischen Fernsehsenders TF1. 2016 musste das Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr leichte Umsatzeinbußen hinnehmen.
ACS (Spanien) - 31,98 Milliarden Euro Umsatz
Die Spanier haben in den vergangenen Jahren ein rasantes Wachstum hingelegt. Zum Konzern gehört auch das deutsche Unternehmen Hochtief.
Vinci (Frankreich) – 38,07 Milliarden Euro Umsatz
Der größte Baukonzern Europas ist auch der größte Baukonzern der Welt und in der Kleinstadt Rueil-Malmaison nahe Paris beheimatet. Dem Konzern gehört unter anderem die Hälfte aller französischen Autobahnen. 2016 verzeichnete das Unternehmen ein Umsatzminus von 1,1 Prozent.
Quelle: Deloitte
An der Börse herrschte am Freitag Ernüchterung über den Verkauf, dessen unerwartet hohen Preis die Anleger am Donnerstag noch mit kräftigen Aktienkäufen honoriert hatten. Die Aktien stürzten als größter Verlierer im Nebenwerteindex MDax um fast zehn Prozent auf 35,54 Euro ab nach einem Anstieg von gut acht Prozent tags zuvor. „Investoren beklagen, dass die Filetstücke abgegeben werden und sehen für den restlichen Konzern keine schlüssige Strategie mehr“, sagte ein Händler.
Im vierten Quartal werde der Vorstand dem Aufsichtsrat eine Strategie für jede einzelne der vier Divisionen der Industriedienstleistungen sowie für das zum Verkauf stehende Kraftwerksgeschäft vorstellen, hieß es in der Erklärung weiter. Ein weiterer Personalabbau über schon angekündigte Streichungen hinaus sei bei Industriedienstleistungen derzeit nicht geplant. Betriebsbedingte Kündigungen sollen bei der Restrukturierung vermieden werden. Der Konzernsitz werde in Mannheim bleiben.