Branchenumfrage Neun Prozent Wachstum: Unternehmensberater wollen 2021 zurück zum Boom

Viele Kunden halten auch während der Pandemie an großen Projekten etwa zur digitalen Transformation oder zum Umbau der Organisation fest.
Düsseldorf Die deutschen Unternehmensberater sind trotz Lockdowns und unsicherer Konjunkturaussichten in Hochstimmung. Der in den vergangenen Tagen ermittelte Geschäftsklimaindex für die Branche ist steil nach oben gegangen und liegt schon wieder deutlich über den Werten vor der Coronakrise, teilte der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) am Mittwoch mit.
Sowohl die großen Beratungsgesellschaften als auch die kleineren Firmen berichten durchweg von einer aktuell starken Nachfrage und guten Aussichten. Der branchenweite Umsatz könnte in diesem Jahr um neun Prozent auf 37,7 Milliarden Euro zulegen, prognostizierte der BDU.
Damit würden die Consultingfirmen wieder zu der Boomphase zurückkehren, die sie in den zehn Jahren vor Corona ungebrochen erlebt hatten. 2020 hat die Pandemie diesen Trend unterbrochen: Der Branchenumsatz sank um drei Prozent auf 34,6 Milliarden Euro. Die Berater kamen damit allerdings wesentlich besser durch die Krise als noch vor einem Jahr befürchtet.
Das lag daran, dass viele Kunden auch während der Pandemie an großen Projekten etwa zur digitalen Transformation oder zum Umbau der Organisation festhielten. Manche verstärkten diese aufgrund Corona sogar noch. Die Beratungen konnten zudem schnell auf eine virtuelle Zusammenarbeit mit den Kunden umschalten.
Allerdings steckten nicht alle Dienstleister die Pandemie bisher gleichermaßen gut weg. Vor allem die Personalberater und Human-Resources-Anbieter, die Personalprojekte in Firmen begleiten, litten unter Stornierungen und fehlenden Neubuchungen. In Krisenbranchen wie der Luftfahrt und der Touristik, aber auch im Fahrzeugbau wurden zahlreiche Beraterprojekte gestoppt.
Das führte dazu, dass 2020 erstmals seit vielen Jahren nicht die Autoindustrie die größte Kundengruppe für die Beratungen war. Die Experten waren am besten von Versicherungskunden gebucht. Kunden aus dieser Branche konnten aufbauend auf einem recht stabilen Geschäft in der Pandemie ihre digitale Transformation vorantreiben.
Die Digitalisierung der Wirtschaft und damit verbundene Projekte zum Umbau und zur Straffung der Organisation werden in diesem Jahr die Treiber des Geschäfts bleiben, erwarten die Beratungen. Viele Firmen richten zudem ihren Vertrieb und das Marketing grundlegendend neu aus, weil sie von einem anhaltend veränderten Einkaufsverhalten ihrer Kunden ausgehen.
Prognose: Berater könnten von Sanierung profitieren
Zum neuen Boom im Consulting dürfte auch die Sanierung und Restrukturierung angeschlagener Firmen beitragen. Dieser Bereich hatte schon 2020 eine hohe Nachfrage verzeichnet. Dies wäre wohl noch stärker ausgefallen, wenn es in der Coronakrise keine staatliche Hilfe für operativ angeschlagene Firmen gegeben hätte.
In diesem und im kommenden Jahr könnte die Sanierung von Firmen erst richtig in Schwung kommen, weil staatliche Hilfen entfallen und die Unternehmen nicht mehr von der Pflicht zur Insolvenzanmeldung entbunden sind. Wann genau diese Schranke fällt, ist aktuell noch unklar. Möglicherweise wird die Bundesregierung die Sonderregelung noch über den April hinaus beibehalten – auch um eine Insolvenzwelle im Sommer vor der Bundestagswahl zu vermeiden.
Schon jetzt zeigt sich, dass die Verschuldung vieler Unternehmen in der Pandemiephase rapide gestiegen ist und angeschlagene Firmen Probleme mit der Finanzierung bekommen, wenn sie bei anziehender Nachfrage wieder neu starten. Das zeigt eine jüngst vorgestellte Studie der Boston Consulting Group (BCG).
BCG hat ebenso wie die Konkurrenten McKinsey und Kearney in den vergangenen Jahren kräftig in den Ausbau der Restrukturierungsexpertise investiert. Davon profitierten die klassischen Strategieberatungen 2020 ebenso wie die seit Langem in dem Geschäft beheimateten Anbieter wie Roland Berger. Konkrete Umsatzzahlen fürs Deutschlandgeschäft sind aber noch nicht bekannt oder werden von den Firmen nicht veröffentlicht.
Fast alle großen Beratungen verstärken zudem ihre Dienstleistungen für den Staat. Das Geschäft mit den Verwaltungen wächst ebenfalls seit vielen Jahren, entwickelt sich aber für die Berater zunehmend schwierig. So sieht sich etwa die Bundesregierung scharfer Kritik ausgesetzt, weil in den Ministerien dreistellige Millionenbeträge für Berater ausgegeben werden. Sie sollen nun konkrete Vorschläge für Einsparungen machen.
Die Consultants selbst gehen hingegen davon aus, dass das Auftragsvolumen der öffentlichen Hand noch deutlich zunehmen wird. 2020 gaben staatliche Stellen rund 3,4 Milliarden Euro für externe Berater aus, das entspricht rund zehn Prozent des Gesamtmarktes.
„Die Anforderungen an den Staat in Sachen Digitalisierung steigen, doch in den Verwaltungen gibt es viel zu wenig hochqualifiziertes Personal“, sagt BDU-Präsident Ralf Strehlau. Der Staat sei angewiesen auf den Transfer von digitalem Know-how aus der Privatwirtschaft in die Verwaltung.
Mehr: Regierungsausgaben für externe Berater 2020 um 46 Prozent gestiegen
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