Coworking-Unternehmen Warum vom Wirgefühl bei WeWork nichts mehr übrig ist

WeWork entstand 2010 fast aus Zufall.
Düsseldorf Eine Bürovermietung? Für Adam Neumann war WeWork immer schon viel mehr als das. Es sei ein Unternehmen für das „Wir gegen ich“. Allein in den Prospekten für den jetzt abgesagten Börsengang ist 150-mal das Wort „Gemeinschaft“ zu lesen.
Zum Jahresanfang benannte der Mitbegründer von WeWork das Unternehmen in „We Company“ um. „Als Bürgermeister, Führer, Vorstandschefs ist es unsere Verantwortung, den Lauf der Zukunft zu bestimmen“, sagte Neumann 2018. „Und der Trend der Zukunft ist ,wir statt ich‘.“
Allerdings ist nicht mehr viel vom Wirgefühl zu hören. Mit dem gefloppten Börsengang kamen einige Dinge zutage, die sich vor allem um das Ich des Gründers drehen. So sollte Neumann Sonderaktien erhalten, die ihm die Stimmenmehrheit sichern. Im Unternehmen regierte er fast allein durch. Jetzt ist er gefeuert – und erhält zum Abschied 1,7 Milliarden Dollar.
Für besondere Leistung kann das Geld nicht gewesen sein. Die Verluste beliefen sich im vergangenen Jahr auf ganze 1,9 Milliarden Dollar, im ersten Halbjahr 2019 auf mehr als 900 Millionen Dollar. Die Bewertung für WeWork fiel von 47 auf jetzt acht Milliarden Dollar.
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Der tiefe Fall ist vor allem durch die zuvor großzügigen Investments von Softbank zu erklären. Der Chef des japanischen Investmentfonds, Masayoshi Son, ließ sich auf immer höhere Bewertungen in den Finanzierungsrunden ein. Neumann konnte Son um den Finger wickeln mit dem Wirgefühl.
Denn nicht für eine Bürovermietung mit hippen Möbeln zahlte Softbank so viel Geld, sondern für ein Lebensgefühl einer neuen Generation, die kollaboriert und teilt, digital denkt und es trotzdem gerne kuschlig hat. Neumann verkaufte WeWork als „physisches soziales Netzwerk“, als eine Plattform für das Teilen von Arbeitsfläche, als eine Kulturbewegung des Wirgefühls.
Als Bürgermeister, Führer, Vorstandschefs ist es unsere Verantwortung, den Lauf der Zukunft zu bestimmen. Adam Neumann (Das sagte der WeWork-Gründer 2018)
Heute wollen Son und Softbank nichts mehr von Neumann wissen. Der Investmentfonds drängte ihn aus dem Unternehmen – und musste dafür einiges springen lassen. Wie bei vielen anderen hochbewerteten Start-ups hat Neumann mehr Stimmrechte als Anteile. Seine Aktien waren 20-mal so mächtig wie die der anderen Teilhaber.
Die Mitarbeiter von WeWork sind wütend. Ihre Aktienoptionen können sie aufgrund der stark gefallenen Bewertung nicht einlösen. 4000 Angestellte sollen laut Medienberichten gehen, knapp ein Drittel der Belegschaft. Marcelo Claure, der neue Verwaltungsratschef von WeWork, hält mit seiner Einschätzung nicht hinter dem Berg: „Das sind harte Zeiten für das Unternehmen, in denen es neu aufgestellt wird“, schrieb Claure in einer E-Mail an die Mitarbeiter.
Claure ist Geschäftsführer von Softbank und arbeitete als Verwaltungsratschef von Sprint maßgeblich an der Fusion mit der US-Telekom-Tochter T-Mobile. Sein Urteil über Neumann fällt vernichtend aus: WeWork würde es an „Fokus im Kerngeschäft“ fehlen.
WeWork entstand 2010 fast aus Zufall. Die Gründer Neumann und Miguel McKelvey hatten sich zuvor mit anderen Start-ups eine blutige Nase geholt. Neumann versuchte, Babykleidung mit eingenähten Schutzschonern zu verkaufen, McKelvey hatte in Tokio ein Portal für Englischkurse aufgebaut.
Die beiden lernten sich in New York durch einen Arbeitskollegen von McKelvey kennen und waren mit ihrem Arbeitsraum in Brooklyn nicht zufrieden, den sie sich mit Architekten oder Hutmachern teilten: „Die Internetverbindung war langsam, die Klimaanlage schlecht“, sagte McKelvey.
Am schlimmsten aber fand er die Isolation der Mieter, man sprach nicht miteinander. „Wir wollten all diese Leute einander vorstellen, um sie durch ihre Verbindungen und potenzielle Zusammenarbeit stärker zu machen.“ Der erste Name Green Desk änderte sich schnell in WeWork.
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