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Cum-Ex-Skandal „Enormer Vertrauensverlust und Imageschaden für die gesamte Beratungspraxis“

Steuerprofessor Christoph Spengel übt harsche Kritik an Anwälten, die Cum-Ex-Geschäfte mit ihren Gutachten stützten. Experten hätten eindeutig abraten müssen.
05.01.2020 - 16:04 Uhr 3 Kommentare
„Mit ihren Gutachten haben die Kanzleien dem Berufsstand sowie den Universitäten, die angehende Steuerberater ausbilden, einen Bärendienst erwiesen.“ Quelle: Felix Zeiffer
Christoph Spengel

„Mit ihren Gutachten haben die Kanzleien dem Berufsstand sowie den Universitäten, die angehende Steuerberater ausbilden, einen Bärendienst erwiesen.“

(Foto: Felix Zeiffer)

Düsseldorf Christoph Spengel ist Professor für Betriebliche Steuerlehre an der Universität Mannheim. Seit Jahren beschäftigt er sich mit Aktientransaktionen, mit denen Banken und Investoren allein darauf abzielten, sich Kapitalertragsteuern „erstatten“ zu lassen, die nicht abgeführt worden sind. Eine entscheidende Rolle bei diesen sogenannten Cum-Ex-Geschäften spielten laut Spengel Anwaltskanzleien, die sich von den Akteuren einspannen ließen. Die Folgen für die Beraterbranche seien verheerend.

Herr Spengel, wie beurteilen Sie die Rolle von Kanzleien, die in ihren Gutachten Cum-Ex-Geschäfte abgesegnet haben?
Die Rolle von Kanzleien, die in ihren Gutachten Cum-Ex-Geschäfte abgesegnet haben, ist aus mehreren Gründen eine sehr unrühmliche gewesen. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der einschlägigen Steuergesetze war es zu keinem Zeitpunkt möglich und damit zulässig, für eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer mehr als eine Steuerbescheinigung zu erlangen. Das erste finanzgerichtliche Urteil zu Cum-Ex-Geschäften wurde zwar erst im Jahr 2012 gefällt, weshalb man bis dato von einer unklaren Rechtslage ausgehen konnte, die allerdings niemals ein Absegnen dieser Geschäfte gerechtfertigt hätte.

Warum nicht?
In Kenntnis der Zusammenhänge war es von Anfang an schlichtweg absurd, solche Transaktionen abzusegnen. Vor dem Hintergrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts handelte es sich bei Cum-Ex-Geschäften stets um Hochrisikogeschäfte mit unquantifizierbaren Folgeschäden, von denen sachverständige Steuerexperten hätten eindeutig abraten müssen. Mit ihren Gutachten haben die Kanzleien dem Berufsstand sowie den Universitäten, die angehende Steuerberater ausbilden, einen Bärendienst erwiesen. Das Ausmaß des dadurch verursachten Vertrauensverlusts ist für mich längst noch nicht absehbar.

Wie wichtig waren solche Gutachten für die Geschäfte?
Solche Gutachten waren für Cum-Ex-Geschäfte sehr bedeutsam. Damit konnten sich doch die an diesen Geschäften Beteiligten gegenüber Investoren, der Finanzverwaltung oder Strafverfolgungsbehörden exkulpieren und vermeintlich auf der sicheren Seite wähnen.

Was bedeutet es, wenn nun Anwälte selbst zu Beschuldigten und sogar zu Angeklagten werden?
Für die betroffenen Anwälte und ihre Kanzleien sind die Beschuldigungen oder gar Anklagen ein Drama. Jenseits einer persönlichen Betroffenheit geht hiermit ein enormer Vertrauensverlust und Imageschaden für die gesamte einschlägige Beratungspraxis einher. Außerdem sind die finanziellen Konsequenzen für die betroffenen Kanzleien mit Blick auf die erst anlaufenden Verfahren derzeit überhaupt nicht absehbar.

Welche Auswirkungen hat der Cum-Ex-Komplex für solche Beratungen in der Zukunft?
Hier muss sich etwas Fundamentales in der Governance der Beratungsbranche ändern. Verstoßen etwa Praktiken gegen den Gesetzeswortlaut, hat man dies unmissverständlich in der Executive Summary zum Ausdruck zu bringen. Noch ratsamer erscheint es mir aber zu sein, hinsichtlich Praktiken, die man nicht versteht, überhaupt keine Expertisen mehr anzufertigen. Man muss endlich bereit sein, rechtzeitig Stopp zu sagen. Hierfür sind präzise Leitlinien zu entwickeln und einzuhalten.

Gab es aus Ihrer Sicht schon mal einen spannenderen Fall im Wirtschaftsstrafrecht, insbesondere mit steuerrechtlichem Hintergrund?
Nein, das hat es noch nicht gegeben, und das, was bisher ans Tageslicht gekommen ist, ist einfach nur erschütternd. Es handelt sich um gesellschaftliches und politisches Kollektivversagen, viel Porzellan ist zerstört worden.

Herr Spengel, vielen Dank für das Interview.

Mehr: Ihr Steuerchef saß wegen des Cum-Ex-Skandals in U-Haft, von Kunden drohen Schadensersatzklagen: Freshfields stehen schwere Zeiten bevor.

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3 Kommentare zu "Cum-Ex-Skandal: „Enormer Vertrauensverlust und Imageschaden für die gesamte Beratungspraxis“"

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  • „Enormer Vertrauensverlust und Imageschaden für die gesamte Beratungspraxis“

    Wieso? Die Kunden wurden doch gut beraten und konnten so Milliarden abschöpfen. Natürlich durch Betrug. Aber Komplizenschaft zum Betrug am Steuerzahler ist ja schließlich die Kernkompetenz dieser Berater-Branche.









  • CUM-EX steht für die Ausbeutung der Gesellschaft durch die Elite und Intelligenz und ist daher millionenfach schlimmer als irgendwelche Verfehlungen, die z.B. immer wieder Hartz IV Beziehern unterstellt wird. Der Fisch stinkt vom Kopf. Die Ausbeutung von oben muss endlich gestoppt werden! Dieses Verhalten zusammen mit den fragwürdigen Machenschaften der Big Four muss endlich beendet werden.

  • CUM EX steht für die gnadenlose Ausbeutung des Staates und der Demokratie durch die Elite und Intelligenz und ist daher millionenfach Schlimmer als irgendwelche immer wieder angeprangerten "Verfehlungen" von Hartz IV Empfängern. Der Fisch stinkt vom Kopf und deswegen muss es noch vielmehr Wutbürger geben! Die Ausbeutung von oben muss endlich gestoppt werden.

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