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Deutsche Wirtschaft Tourismus keine Alleinlösung für strukturschwache Regionen

Das Geschäft mit dem Deutschlandurlaub läuft – aber nicht alle Regionen profitieren gleichermaßen. Kann Tourismus eine Heilformel für wirtschaftsschwache Regionen sein? Eine Expertin ist skeptisch.
30.08.2016 - 10:43 Uhr
Immer mehr Deutsche wollen im Heimatland ihren Urlaub genießen. Die deutschen Küsten sind dabei eine stark frequentierte Anlaufstelle. Quelle: dpa
Ostsee

Immer mehr Deutsche wollen im Heimatland ihren Urlaub genießen. Die deutschen Küsten sind dabei eine stark frequentierte Anlaufstelle.

(Foto: dpa)

Berlin Tourismus kann Geld in manche Regionen bringen, nach Ansicht des Deutschen Tourismusverbands aber wegbrechende Wirtschaftszweige nur schwer ersetzen. „Das funktioniert nicht. Tourismus kann sowas nicht alleine auffangen“, sagte DTV-Sprecherin Sarah Mempel in Berlin der Deutschen Presse-Agentur. Das betreffe etwa Regionen, in denen Industrie verschwunden sei oder die Landwirtschaft nicht mehr so gut laufe wie früher. „Tourismus hat immer eine stabilisierende Wirkung, kann aber nicht der Heilsbringer sein.“

Insgesamt steuert der Tourismus in Deutschland nach Schätzung des Verbands auf einen Jahresrekord zu. Der DTV rechnet in diesem Jahr mit einem Plus von vier Prozent bei den Übernachtungen – das entspreche einem Zuwachs von 17,4 Millionen auf insgesamt 453,7 Millionen Übernachtungen, sagte Mempel. Von den vielen Urlaubern profitieren vor allem die Küstenregionen an Nord- und Ostsee und Gebiete in Süddeutschland.

„Deutschland war schon immer das beliebteste Reiseland der Deutschen“, sagte die Verbandssprecherin. Etwa 30 Prozent der Urlaubsreisen der Deutschen führten ins Inland. Der Deutschland-Boom, der heute vor dem Hintergrund der Terrorangst diskutiert werde, sei also nicht neu.

Wo Tourismus in Deutschland funktioniert
Küste, oh Küste
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Deutschlands Küsten an Ost- und Nordsee laufen traditionell gut. In Schleswig-Holstein legte die Ostseeregion im ersten Halbjahr um 6,5 Prozent auf 4,97 Millionen Übernachtungen zu. Das Urlaubsziel Nordsee schaffte ein Plus von 3,8 Prozent auf 3,7 Millionen. Auch Mecklenburg-Vorpommern – sonst eher eines der wirtschaftlich schwächeren Bundesländer – profitiert vom boomenden Tourismus. Im gesamten Jahr wird mit 30,5 Millionen Übernachtungen ein Rekord erwartet.

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Küste, oh Küste
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Innerhalb des Landes gibt es aber Unterschiede: Während die Küste enorm gefragt ist, gab es im ersten Halbjahr im Binnenland leichte Rückgänge – obwohl es etwa mit der Mecklenburgischen Seenplatte und vielen Schlössern und Herrenhäusern attraktive Reiseziele gibt. Mecklenburg-Vorpommern habe im Binnenland noch Nachholbedarf beim Marketing, teilweise auch beim Angebot, etwa beim Radwegenetz, stellt der Landestourismusverband fest.

(Foto: Imago)
Ein Blick in den Osten
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Eingelegte Gurke, Kahnfahrt und Heimatfeste der sorbischen und wendischen Minderheit – damit wirbt der Spreewald seit Jahren. Das Unesco-Biosphärenreservat zählt mit seinem kleinteiligen Wassernetz zu den beliebtesten Zielen in Brandenburg. Und es kommen immer mehr Touristen – aus dem In- und dem Ausland. Die Zahl der Übernachtungen stieg im ersten Halbjahr 2016 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 11 Prozent, wie der Tourismusverband Spreewald mitteilt. Viele Berliner machen einen Abstecher in die Region, auch ein Pluspunkt.

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Ein Blick in den Osten
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Anders sieht es dagegen noch in Südbrandenburgs Grenzgebiet zu Polen aus: Die Region kann vom derzeitigen Boom nicht wirklich profitieren. Und das, obwohl der Spreewald als beliebtes Ausflugsziel gar nicht so weit weg ist. Woran liegt das? Der Tourismusverband Niederlausitz nennt als einen Grund, dass es an einem großflächigen und länderübergreifenden Marketingkonzept für die Lausitz fehle. Ansätze seien aber da: Seit Jahresanfang gebe es eine neue Rad-Wanderkarte, an der mehrere Tourismusverbände aus Brandenburg und Sachsen zusammengearbeitet hätten.

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Das Ruhrgebiet – Kultur als Anschub
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Dass das Ruhrgebiet mehr ist als Kohle und Stahl, hat sich spätestens im Kulturhauptstadtjahr 2010 rumgesprochen: Kunst auf alten Abraumhalden, Theater in stillgelegten Industriehallen, malerische Altstädte, moderne Hafenlogistik. Seit 2001 wartet der größte Ballungsraum Deutschlands außerdem mit einer Welterbestätte auf: Zeche und Kokerei Zollverein. Jährlich besuchen 1,5 Millionen Menschen das weitläufige Industriedenkmal.

(Foto: dpa)
Das Ruhrgebiet – Kultur als Anschub
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Vor allem für Kurzreisen ist die Region beliebt, im Schnitt bleiben Gäste zwei Tage. Im ersten Halbjahr zählten Statistiker mehr als 3,1 Millionen Übernachtungen, 3,3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

(Foto: dpa)
Sachsen-Anhalt hofft auf Nachhall
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Aber nicht in allen Regionen funktioniert es, dass man sich nach einem Event wie dem Kulturjahr bei Touristen dauerhaft etabliert: In der Altmark in Sachsen-Anhalt jedenfalls hoffen Touristiker, dass der Effekt der Bundesgartenschau nachwirkt. „Klar war 2015 mit der Schau ein Ausnahmejahr“, gibt die Geschäftsführerin des Tourismusverbands Altmark, Mandy Hodum, zu. Sie seien mit dem Jahr bisher aber zufrieden. Die strukturschwache Region gehörte dank der Buga in Sachsen-Anhalt und Brandenburg 2015 mit einem Übernachtungsplus von 20 Prozent zum Spitzenreiter beim Gästezuwachs in Sachsen-Anhalt. Was davon bleiben wird? Mal sehen.

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Tatsächlich legt das Geschäft mit Touristen und Geschäftsreisenden seit Jahren zu. Laut Statistischem Bundesamt stieg die Zahl der Übernachtungen auch im ersten Halbjahr im Jahresvergleich um drei Prozent. Es kamen mehr in- und mehr ausländische Gäste. Bei Urlaubern beliebt: Deutschlands Küsten und südliche Gegenden wie Oberbayern, der Bayerische Wald oder der Bodensee, sagte die DTV-Sprecherin. Das blieben die beliebtesten Urlaubsreiseziele. Es gebe aber auch Regionen, die versuchten, mehr Gäste ins Hinterland zu lotsen.

Es sei aber ein großer Aufwand, sich als Tourismusregion aufzustellen und zu etablieren. „Es reicht nicht, wenn man eine schöne Landschaft hat und dazu mal einen netten Prospekt druckt“, sagte die Sprecherin. „Das alleine lockt natürlich noch niemanden in die Gegend.“ Man brauche ein Konzept – und etwa die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung, regionalen Partnern, Verkehrsträgern und auch über Gebietsgrenzen hinweg. „Das ist nicht ganz unkompliziert.“ Manche Regionen hätten es auch verpasst, sich zu modernisieren.

Auch der Tourismusexperte des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Timm Fuchs, sieht Unterschiede: „Wie es touristisch läuft, hängt immer auch davon ab, ob es lokal und regional eine Strategie gibt, um sich zu vermarkten. Es gibt natürlich kein Allheilmittel.“ Sie stellten zunehmend fest, wie wichtig die Digitalisierung sei. Unterkünfte könne man heute einfach online buchen, aber es gebe Regionen, die auch Freizeitaktivitäten auf einer Internetseite bündelten. Dann wisse der Urlauber, was ihn erwarte, er könne aus der Ferne auch schon Aktivitäten buchen. „Da sind manche sehr weit, andere noch nicht so“, sagte Fuchs.

  • dpa
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