Lieferdienst Delivery Hero verdoppelt seinen Verlust trotz starken Wachstums

Der Essenslieferdienst macht aktuell deutliche Verluste.
Hamburg Es ist ein faszinierendes Angebot: Die Lieferung von Supermarkt-Artikeln innerhalb von nur zehn Minuten nach Bestellung per App. Doch das Angebot ist auch teuer - und das nicht nur, weil die Kunden eine Liefergebühr zahlen. Die Lieferdienste selbst verzeichnen gewaltige Anlaufverluste.
Viele Anbieter sind Start-ups – in Deutschland etwa Gorillas und Flink. Ihre Geschäftszahlen sind daher nicht öffentlich. Einzige Anhaltspunkte sind die Finanzierungsrunden: Gorillas etwa sammelte in den ersten zwei Jahren 335 Millionen Euro Risikokapital ein und soll hektisch auf der Suche nach weiteren Investoren sein.
Genauere Einblicke in das Geschäft mit den pfeilschnellen Fahrradkurieren gibt hingegen der Dax-Konzern Delivery Hero. Konzernchef Niklas Östberg hält das Schnellliefergeschäft für das große Wachstumsfeld der Zukunft und ist damit zuletzt auch in Berlin gestartet.
Allerdings ist es noch der große Verlustbringer im Konzern. Das zeigen die Halbjahreszahlen, die das Unternehmen am Donnerstag veröffentlichte: Demnach hat der Gesamtkonzern seinen Verlust im ersten Halbjahr mehr als verdoppelt. Der Nettoverlust lag bei 918 Millionen Euro.
Im Vorjahreszeitrum waren es 448 Millionen Euro. Die rasante Zunahme liegt ganz überwiegend am jungen Geschäftsfeld mit den Supermarkt-Artikeln. Der operative Verlust (Ebitda) in dem betreffenden Segment „Integrated Verticals“ vervierfachte sich auf 106 Millionen Euro. Das angestammte Geschäfts mit Lieferungen aus Restaurants blieb beim Ebitda dagegen weitgehend stabil
Marketingausgaben und Verwaltungsausgaben belasten die Bilanz
Das Gesamtergebnis belasteten auch steigende Marketingausgaben in Asien, höhere Verwaltungsausgaben und ein negatives Finanzergebnis, da einige Finanzinstrumente des Unternehmens an Wert verloren. Zudem stieg die Steuerbelastung.
Schon Mitte August hatte Delivery Hero Umsatzzahlen gemeldet. Damals hob das Unternehmen die Prognose an und erwartet nun für das laufende Jahr Umsätze von 6,4 bis 6,7 Milliarden Euro (zuvor 6,1 bis 6,6 Milliarden Euro) – nach 2,8 Milliarden Euro 2020.
Östberg hatte die Anleger bereits schon auf eine höhere Verlustmarge vorbereitet. Dennoch drehte die Aktie im Tagesverlauf deutlich ins Minus.
Die Analysten folgen aber bislang Östbergs These, es sei weiterhin an der Zeit ins Wachstum zu investieren. Silvia Cuneo von der Deutschen Bank etwa hält es für sinnvoll, Größenvorteile zu nutzen um im Preiswettbewerb mitzuhalten und neue Kunden zu gewinnen. Das rasante Wachstum des Konzerns mache die Aktie weiterhin interessant. „Investitionen ins Wachstum bleiben ein Kernthema im wettbewerbsträchtigen Lebensmittelliefermarkt“, meinte sie.
Auch Östberg selbst stellt die Attraktivität der Branche an der Börse heraus. In einer Serie von Nachrichten auf Twitter erklärte er in den vergangenen Tagen, die Aktien im Delivery-Hero-Portfolio seien deutlich gestiegen. Der Konzern hält Anteile unter anderen an den Lieferdiensten Deliveroo, Just Eat Takeaway, Glovo, Rappi und Zomato im Marktwert von gut 2,3 Milliarden Euro. Der Konzern selbst wettet also auch an der Börse auf den Erfolg des Geschäftsmodells Lieferung.
In Kürze könnte Östberg sein Engagement im Schnelllieferbereich per Zukauf ausweiten: Delivery Hero könne sich mit zunächst 200 Millionen Euro an der anstehenden nächsten Finanzierungsrunde bei Gorillas beteiligen und später um 200 bis 400 Millionen Euro aufstocken, berichtet das „Manager Magazin“ unter Berufung auf Insider. Delivery Hero wollte die Meldung auf Anfrage nicht kommentieren.
Das Geld dafür hätte Östberg jedenfalls: Delivery Hero hat aktuell zwei Milliarden Euro Barmittel in der Bilanz – nach 2,6 Milliarden Euro vor einem Jahr.
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